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30. Dez 2024

Treibstoff für eine saubere Zukunft

Journalist: Thomas Soltau

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Foto: byluke miller / pexels

Wasserstoff wird als eine der entscheidenden Technologien für die Dekarbonisierung des Verkehrssektors gehandelt. Doch was steckt hinter dem Hype, wie funktioniert der Einsatz in Fahrzeugen und welche Herausforderungen müssen noch gemeistert werden? Ein Überblick über Potenziale, Grenzen und Zukunftsvisionen.

Bevor es um das große Potenzial von Wasserstoff geht, sollte man verstehen, wie Wasserstoffmobilität funktioniert. Wasserstofffahrzeuge nutzen die chemische Energie des Wasserstoffs – so entsteht Strom. In einer Brennstoffzelle reagiert Wasserstoff mit Sauerstoff, wobei elektrische Energie und Wasser als Abfallprodukt entstehen. Der Strom treibt einen Elektromotor an, ähnlich wie bei batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen. Der große Unterschied: Statt Strom zu speichern, erzeugen Brennstoffzellenfahrzeuge (FCEVs) diesen direkt an Bord. Die Vorteile liegen auf der Hand: Eine schnelle Betankung in nur fünf Minuten und Reichweiten von über 700 Kilometern machen sie besonders für den Schwerlastverkehr und Langstrecken attraktiv. Der Nachteil: Die Umwandlung von erneuerbarem Strom in Wasserstoff und dann zurück in elektrische Energie ist weniger effizient als das direkte Laden von Batterien.

Während batteriebetriebene Elektrofahrzeuge im Pkw-Segment immer mehr Marktanteile gewinnen, zeigt Wasserstoff seine Stärke in Bereichen mit hohen Reichweitenanforderungen oder bei schwerem Transport. Dort glänzt Wasserstoff. Im Schwerlastverkehr beweist der „GenH2 Truck“ von Mercedes-Benz, dass Wasserstoff ein großes Potenzial hat, um Langstrecken emissionsfrei zu bewältigen. Wasserstoffbusse, wie sie beispielsweise in Hamburg eingesetzt werden, helfen dabei, den städtischen CO₂-Ausstoß zu verringern. Im Zugverkehr zeigen Modelle wie der Coradia iLint von Alstom, dass nicht-elektrifizierte Strecken emissionsfrei betrieben werden können, ein entscheidender Vorteil für Regionen ohne Oberleitungsnetz. Auch in der Luftfahrt und Schifffahrt entwickelt sich Wasserstoff zu einer Schlüsseltechnologie. Airbus plant bis 2035 die Einführung wasserstoffbetriebener Flugzeuge, während Schiffe wie die „Hydroville“ und neuere Konzepte für Frachtschiffe emissionsfreie Alternativen bieten.

Wasserstoff ist eine wichtige Antwort im globalen Kampf gegen den Klimawandel. Der Verkehr ist für etwa 20 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich. Wasserstoff, besonders wenn er grün produziert wird, bietet die Möglichkeit, emissionsfreie Mobilität auf breiter Basis umzusetzen. Laut der International Energy Agency (IEA) könnte der Einsatz von Wasserstoff bis 2050 rund 6 Gigatonnen CO₂ pro Jahr einsparen. Die EU strebt bis 2050 Klimaneutralität an, mit Wasserstoff als wesentlichem Energieträger. Allein Deutschland investiert Milliarden in die Entwicklung einer landesweiten Wasserstoffinfrastruktur. Die Herausforderungen sind klar: Bis dahin wird es ein Marathon, kein Sprint.

Zwar sieht die Technologie bislang vielversprechend aus, steht aber vor hohen Hürden. Grüner Wasserstoff ist derzeit noch teuer, mit Herstellungskosten zwischen fünf bis sieben Euro pro Kilogramm. Damit er günstiger wird, muss die Produktion hochskaliert und der Anteil erneuerbarer Energien klar gesteigert werden. Als weiteres Problem gilt die Effizienz. Energieverluste bei der Umwandlung von Strom in Wasserstoff und zurück in Elektrizität betragen bis zu 70 Prozent. Für Anwendungen, bei denen Batterien praktikabler sind, bleibt die Effizienz ein Argument gegen Wasserstoff. Hinzu kommt der Ausbau der Infrastruktur. Derzeit gibt es in Deutschland gut 100 Wasserstofftankstellen, doch bis 2030 sollen es 1000 werden. Im globalen Maßstab ist der Ausbau noch schleppender. Zudem werden weltweit nur etwa zwei Prozent des Wasserstoffs aus erneuerbaren Energien gewonnen, während der Großteil aus fossilem Erdgas stammt. Eine Umstellung sollte so schnell wie möglich erfolgen, wenn Wasserstoff eine Option mit Zukunftsperspektive sein soll.

Trotz aller Hürden wächst die Dynamik. Laut einer Studie des Verbands der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik könnten bis 2030 weltweit über 10 Millionen Fahrzeuge mit Wasserstoff betrieben werden. Besonders attraktiv bleibt die Technologie in Kombination mit anderen Lösungen wie Biokraftstoffen oder synthetischen Kraftstoffen. In der Luftfahrt und Schifffahrt könnte Wasserstoff aufgrund seiner hohen Energiedichte sogar dominieren. China, Japan und Südkorea investieren Milliarden in Wasserstoffforschung und Infrastruktur. Die EU plant eine jährliche Produktion von zehn Millionen Tonnen grünem Wasserstoff bis 2030. Gleichzeitig schreiten technologische Innovationen voran, wie die Entwicklung neuer Elektrolyseverfahren, die effizienter und kostengünstiger arbeiten.

Wasserstoff wird nicht die einzige Lösung für eine klimaneutrale Mobilität sein – aber ein entscheidender Baustein. Denn in Bereichen, wo andere Technologien an ihre Grenzen stoßen, bietet er enormes Potenzial. Während batteriebetriebene Fahrzeuge im Stadtverkehr die Oberhand gewinnen könnten, wird Wasserstoff unverzichtbar für Langstrecken-, Schwerlast- und Spezialtransporte. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob die notwendigen Investitionen und politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um Wasserstoff zu einem Hauptpfeiler der Mobilitätswende zu machen – und damit für ein besseres Klima in der Zukunft zu sorgen.