3. Apr 2021
|
Gesellschaft
Journalist: Armin Fuhrer
Erneuerbare Energien haben geringe Netzausfallzeiten. Die Kosten würden jedoch von der Politik künstlich hochgehalten, sagt BEE-Chefin Simone Peter.
Erneuerbare Energien, allen voran Solar- und Windenergie, zählen mittlerweile zu den global günstigsten Stromerzeugungstechnologien. Das ist eine Erfolgsgeschichte, die kein anderer Energieträger aufweisen kann. Im Gegenteil: Fossile und atomare Energien tragen einen Milliardenrucksack mit Umweltfolge- und Endlagerkosten mit sich herum. In Deutschland senkten die Erneuerbaren Energien allein zwischen 2012 und 2020 das mittlere Strompreisniveau um fast 30 Prozent. Diese Preisvorteile werden aber nur teilweise an die Endverbraucher weitergereicht. Zudem führen die Berechnungsformel der EEG-Umlage sowie weitreichende Industrieprivilegien dazu, dass die EEG-Umlage für Haushalte und Mittelstand seit 2010 überproportional gegenüber den Vergütungszahlungen an Anlagenbetreiber zunimmt.
Dadurch wird der positive Aspekt der Strompreissenkung fälschlicherweise als Verteuerung der Energiekosten durch Erneuerbare Energien wahrgenommen. Deshalb sind eine Reform der Abgaben und Umlagen und ein neues Strommarkt-design überfällig, die den Wert der erneuerbaren Energien anerkennen.
Wie die Bundesnetzagentur uns Jahr für Jahr aufzeigt, ist gerade auch mit hohen Anteilen Erneuerbarer Energien eine hohe Versorgungssicherheit garantiert. Im internationalen Vergleich weist Deutschland bei einem Anteil von mittlerweile knapp 47 Prozent Erneuerbarer Energien am durchschnittlichen jährlichen Bruttostrom-bedarf mit die niedrigsten Netzausfallzeiten auf. An manchen Tagen speisen Erneuerbare Energien über mehrere Stunden ohne Netzprobleme zu 75 Prozent und mehr ein.
Aber erneuerbaren Energien spielten dabei keine Rolle. Die Netzbetreiber sind mittlerweile auf Situationen eingerichtet, selbst größte Schwankungen im europäischen Stromnetz auszugleichen. Dies gilt es durch die weitere Flexibilisierung des Strommarkts weiter zu sichern: Durch den weiteren Ausbau aller Erneuerbarer Energien, von Speichern, intelligenter Vernetzung, Lastmanagement und Kopplung der Sektoren Strom, Wärme, Mobilität und Industrie.
Konventionelle Kraftwerke sind für einen Großteil der negativen Strompreisfenster verantwortlich, also für die Zeiten, in denen deutlich mehr Energie produziert als gebraucht wird. Das konterkariert den gesetzlich verankerten Einspeisevorrang für Erneuerbare Energien und behindert deren wirtschaftlichen Betrieb. Dabei verkaufen die konventionellen Kraftwerke ihren Strom bereits vorab auf dem Terminmarkt zu einem Festpreis. Das verhindert, dass so viel grüner Strom genutzt wird, wie technisch möglich wäre.
Eine Neugestaltung des Strommarkts auf Basis der erneuerbaren Energien ist überfällig, denn sie haben mittler-weile die Verantwortung übernommen. Also muss sich das System nach ihnen ausrichten. Der BEE hat hier bereits Vorschläge für eine kurzfristige Anpassung des Strommarktdesigns vorgelegt und arbeitet an einer Studie für eine langfristige Neugestaltung. Hier geht es um die Stabilisierung, Finanzierung und Flexibilisierung des Marktes.
Der Mittelstand ist das Herzstück der deutschen Wirtschaft und zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern ein Treiber der Energiewende. Die regionale Wertschöpfung durch Erneuerbare Energien hat hier in den letzten Jahrzehnten zu neuen Arbeitsplätzen, Innovation und neuen Exportmöglichkeiten geführt. Hie-ran gilt es anzuknüpfen, sei es über die Herstellung, Projektierung, Vertrieb und Wartung von Windenergie-, Solar- oder Biomasseanlagen sowie Geothermie- und Wasserkraftwerken, über die Produktion von Speichern und deren intelligente Verknüpfung oder die Produktion und den Betrieb von Elektrolyseuren zur Herstellung von Grünem Wasserstoff. Das Potenzial für Mittelstand und Industrie ist riesig, weshalb die Klimastrategie mit der Industrie- und Mittelstandsstrategie dringend zu verknüpfen ist.