3. Apr 2021
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Gesellschaft
Journalist: Armin Fuhrer
Die Baubranche ist in Sachen Nachhaltigkeit viel weiter als die Politik und weiter als viele Menschen glauben, findet Christoph Gröner, CEO der CG Elementum.
In der Immobilienbranche haben wir zur Automobilbranche den Vorteil, dass wir nicht in die falsche Richtung gefahren sind. Das bedeutet bezogen auf den Vergleich, dass wir eine lange Zeit brauchen werden, um vom Elektroauto zum Wasserstoffauto zu kommen. Diese Entwicklung wird es aber irgendwann geben müssen. Wir spüren als Bauunternehmen, das auch Tiefgaragen baut, schon jetzt, dass wir zukünftig eine viel größere Nachfrage nach E-Autos haben, als wir jemals Strom dafür produzieren können. Und wenn man sich zudem in Erinnerung ruft, dass für Batterien seltene Erden abgebaut werden müssen und CO2 verbraucht wird, müsste sich eigentlich jeder Politiker, der für E-Autos eintritt, heftig dafür schämen. Im Vergleich dazu steht die Baubranche besser da, auch wenn das selten in der Öffentlichkeit thematisiert wird.
Die Baubranche macht sehr viel für Nachhaltigkeit, aber das nimmt kaum jemand wahr und vor allem nicht die Politik. Ein Beispiel, das ich jüngst selbst erlebt habe: Mein Unternehmen baut in der Nähe von Köln ein Projekt mit rund 50.000 Quadratmetern. Wir arbeiten dort mit Geothermie, statten das Dach mit einer Photovoltaikanlage aus, bauen eine Luftwärmepumpe ein und vieles mehr. Als ich das Projekt den lokalen Politikern vorstellte, meinte der Vertreter der Grünen kritisch, er habe bislang noch nicht gehört, dass wir nachhaltig bauen. Ich musste ihn tatsächlich darauf hinweisen, dass wir die größte private Photovoltaikanlage auf einem Dach in Leipzig und die größte Geothermieanlage in ganz Nordrhein-Westfalen gebaut haben. Nur berichtet hat eben niemand darüber und der Mensch hatte sich vorher nicht informiert.
Es gibt überhaupt kein Interesse daran, mit Immobilienunternehmen zu sprechen, die innovativ und nachhaltig sind. Mein Unternehmen baut an vielen Orten nachhaltig, wir durchstreifen das Land mit dem Grünsten vom Grünen an Möglichkeiten für Gebäude und ganze Quartiere – aber das interessiert niemanden.
Nein, ich bin da ganz entspannt. Es kommt nicht darauf an, worüber berichtet wird oder was die Politiker sagen – sondern darauf, was man tut. Es gibt diese Politiker, die uns ständig kritisieren, aus Prinzip. Oft sind es gerade solche, die selbst nichts tun oder nur Unsinniges verbreiten.
Wir werden dafür kritisiert, dass wir mit Beton bauen und nicht mit Holz. Wenn man jedoch Holz aus Kanada importiert, um hier Gebäude zu bauen, verbraucht das viel mehr CO2 als das Bauen mit Beton. Durch die Vorfertigung von Beton-Fertigteilen kann man heute sehr viel Material, Ressourcen, Baukosten sowie Bauzeit einsparen und gleichzeitig die Effizienz steigern. Ich sehe gute Möglichkeiten, dass wir auf diesem Wege im Gestehungsprozess der Häuser gut die Hälfte des CO2 einsparen können.
In den nächsten zehn bis 20 Jahren noch nicht. Oder anders formuliert: Wir könnten das schaffen, aber es würde so teuer, dass sich dann kein Normalverdiener mehr leisten könnte, in diesen Häusern zu wohnen. Aber wir sind trotzdem schon recht weit gekommen, wir verbauen beispielsweise nur künstliche Mineralfaser, verklinkern die Fassaden nur noch mit Fliesen, die sich recyceln lassen und benutzen keine schädlichen Farben und Lacke. Das ist inzwischen weitgehend Standard beim Bau und das ist ein großer Fortschritt zu früher.
Es gibt die neue Möglichkeit, durch die Methan-Plasmalyse bei größeren Quartieren in drei bis zehn Jahren standardmäßig auf CO2-Null herunterfahren zu können. Das ist eine Vision, die wir verfolgen und an der wir arbeiten. Wenn wir das Gas als in Wasserstoff wandelbares Element zur Verfügung haben, muss kein einzige C-Atom mehr in die Luft gehen. Mein Team arbeitet bei diesem Projekt mit einem auf das Verfahren spezialisierten Unternehmen zusammen. Wir sind heute schon in der Lage, neue Gebäude so vorzubereiten, dass wir Richtung CO2-Null marschieren können, sobald die Methan-Plasmalyse zur Verfügung steht. Das treiben wir übrigens schon seit Jahren voran und dafür haben wir keine Greta gebraucht.
Richtig erkannt: Die Verstromung der Immobilienwirtschaft wird eine zunehmend große Bedeutung haben. Denn viele Prozesse wie Heizung, Lüftung oder Sanitär werden künftig auf der Basis von Strom ablaufen. Das bedeutet, dass wir zusätzlich zu dem Strom für die E-Autos noch viel mehr Strom benötigen. Leider wurde Strom in den vergangenen Jahrzehnten derart teuer gemacht, dass diese Verteuerung der Umsetzung ökologischer Ziele entgegensteht. Heute ist es so, dass beispielsweise das Einsparen von Öl und Gas durch Geothermie mehr Kosten für Strom verursacht, als wenn man weiterhin die fossilen Stoffe verwenden würde. Strom ist einfach zu teuer in Deutschland und dadurch werden nachhaltige Lösungen behindert. Bei uns herrscht leider bei einigen Parteien der Glaube vor, man müsse Strom möglichst teuer machen, dann werde alles gut. Nur ist diese Auffassung völlig falsch.
Die Methode des Building Information Modeling, kurz BIM, ist in vielerlei Hinsicht ein erheblicher Fortschritt. Das gilt gerade aus ökologischer Perspektive. Durch die Erstellung eines digitalen Zwillings des Bauprojekts können viele Fehler und unnötiger Verbrauch von Material vermieden werden. Ich denke, wer BIM nicht als Standard hat, muss in der Baubranche nicht mehr antreten.