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3. Apr 2021

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Gesellschaft

Smart City muss in demokratisch legitimierten Prozessen gestaltet werden

Journalist: Katja Deutsch

Staatsministerin Dorothee Bär sieht große Vorteile in der Digitalisierung unserer Städte. Städtische Funktionen könnten durch digitale Technologien besser, komfortabler, ökologischer und kostengünstiger bereitgestellt werden. 

Leben in einer Smart City – was bedeutet das eigentlich? Überall freies WLAN? Ganz so simpel ist es nicht. Smart City umfasst weit mehr als flächen-deckende Hotspots in Großstädten, zudem wird der Begriff und die damit verbundenen Konzepte national und international uneinheitlich verwendet. Häufiges Ziel ist, städtische Funktionen, Infrastrukturen und Dienstleistungen durch digitale Technologien besser, komfortabler, ökologischer und kostengünstiger bereitzustellen. „Leitbild ist also eine nachhaltige Entwicklung von Städten und Kommunen im Sinne der Agenda 2030“, sagt MdB Dorothee Bär, Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung. 

In Deutschland enthält die dazu entwickelte „Smart City Charta“ Empfehlungen, wie der digitale Wandel in den Kommunen zukunftsfähig gestaltet werden kann. Denn er betrifft die Lebensqualität von Millionen Menschen. 

Mit richtig eingesetzter Digitalisierung kann die Kommunikation einfacher und Verwaltungs- und Produktionsprozesse schneller, transparenter und effizienter gestaltet werden. „Ein sinnvolles Vernetzungsbeispiel ist sicherlich auch das Smart Grid“, sagt Dorothee Bär. Hierbei wird das Stromnetz mit elektrischen Fahrzeugen und vielfältigen Stromproduzenten verknüpft und so die Einbindung erneuerbarer Energiequellen verbessert. „Doch gerade bei digitalen technologischen Lösungen ist weniger die eigentliche Technologie, sondern deren Ausgestaltung ausschlaggebend, ob sie zu einem besseren Leben oder dem Gegenteil führt.“ Die Digitalisierung von Kommunen sei kein Selbstzweck, sie müsse aktiv gestaltet werden. 

Denn so wenig abgrenzbar der Begriff „Smart City“ ist, so sehr ist er auch umstritten. „Entstehen neue soziale Ungleichheiten oder Ausgrenzung? Wird der Zugang zu Bildung und Wissen aufgrund der technischen Möglichkeiten nur für manche verbessert, für andere aber verschlechtert? Entstehen neue Abhängigkeiten, Lock-in-Effekte, weil vielleicht zukünftig bestimmte öffentliche Aufgaben nur noch zu erfüllen sind, weil dafür der Zugriff auf große Datenmengen oder riesige Rechnerkapazitäten erforderlich ist, die wir vielleicht gar nicht mehr selber haben?“ 

Möglicherweise können auch neue ökonomische Ungleichheiten entstehen, wenn globale Internetkonzerne Umsatz machen – teilweise, ohne sich am Gemeinwesen zu beteiligen – während der Einzelhandel Tarif-Löhne und Miete bezahlt und sich an Infrastrukturkosten beteiligt. Dorothee Bär: „Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, Smart City in den Kommunen unter Einbezug aller Akteure der Stadtgesellschaft und in demokratisch legitimierten Prozessen zu gestalten.“

Eine leistungsfähige digitale Infrastruktur und umfassende digitale Kompetenzen werden mehr und mehr zur Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe, wie sie beispielsweise bei digitalen Beteiligungstools erforderlich sind. Auch in Bezug auf die Stadtverwaltung hat eine digital gut aufgestellte Stadt deutliche Vorteile. 

Die Staatsministerin verweist auf die deutlichen Fortschritte, die bereits im Gebäudesektor erzielt wurden. „Die Gesamtenergieeffizienz im Gebäudesektor ist zwischen 2008 und 1028 um über 25 Prozent gestiegen, während die Treibhausgasemissionen zwischen 1990 und 2019 um rund 42 Prozent gesenkt werden konnten. Gleichwohl sind weitere Anstrengungen nötig, um das Ziel eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestandes im Jahre 2050 zu erreichen.“ Denn im Sinne des nachhaltigen Bauens müssen alle CO2-Emissionen in den Blick genommen werden, die aus der Nachfrage der Bau- und Immobilienwirt-schaft resultieren. 

Die intelligente Nutzung von Elektrizität zählt ebenfalls zu den zentralen Punkten einer Smart City. Um die Stabilität des Stromnetzes zu gewährleisten, sind intelligente Messsysteme (Smart Meter) unerlässliche Werkzeuge. „Das EEG 21 sieht hierzu unterschiedliche und abgestufte technische Vorgaben zur Sicht- und Steuerbarkeit von Erneuerbaren Energien und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen über Smart Meter vor.“

Um die Emissionen im Verkehrssektor bis 2030 wie festgeschrieben um 42 Prozent senken zu können, ist die Elektrifizierung des Straßenverkehrs unerlässlich. Die Staatsministerin fordert entsprechende Rahmenbedingungen, um diese auch im ländlichen Raum zu gewährleisten. Vier Milliarden Euro Bundesmittel stehen zum flächendeckenden und nutzerfreundlichen Ausbau von Ladestationen zur Verfügung. Doch was ist mit dem öffentlichen Nahverkehr? „Um den Transformationsprozess der Busflotten zu fördern, die derzeit fast ausschließlich Dieselfahrzeugen einsetzen, stehen bis 2024 Fördermittel von rund 1,2 Milliarden Euro zur Beschaffung von Batterie- und Brennstoffzellen sowie Gasbussen zur Verfügung“, so die Staatsministerin.

Smart City bedeutet also weitaus mehr als WLAN. Es bedeutet ein nachhaltigeres, gesünderes, ruhigeres und angenehmeres Leben – für Millionen Menschen. 

30. Apr 2025

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Gesellschaft

Eine benutzerfreundliche Infrastruktur ist ein Muss für den Erfolg der Elektromobilität in Deutschland – mit Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM)

![Christian Heep Vize-Präsident BEM Bundesverband eMobilität -Online.JPG](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Christian_Heep_Vize_Praesident_BEM_Bundesverband_e_Mobilitaet_Online_14b581b45a.JPG) ``` Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM) ``` **Welche strategischen Bereiche stehen derzeit im Fokus des BEM?** Wir setzen auf die systemische Transformation des Mobilitätssektors. Dabei liegt unser Augenmerk auf dem flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur, der Verknüpfung mit erneuerbaren Energien, klaren regulatorischen Rahmenbedingungen und der Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland. **Wie gestaltet sich der Ausbau der Ladeinfrastruktur?** Ein leistungsfähiges Ladenetz ist entscheidend für die Akzeptanz der Elektromobilität. Wir fördern eine interoperable und benutzerfreundliche Infrastruktur, die intelligente Netzintegration, bidirektionales Laden und Speicherlösungen umfasst. Bestehende Tankstellen sollen als multifunktionale Energiehubs umgerüstet werden. **In welcher Verbindung stehen E-Mobilität und erneuerbare Energien?** Elektromobilität ist nur dann nachhaltig, wenn der Strom aus Wind und Sonne kommt. Daher muss eine direkte Verbindung zwischen Ladeinfrastruktur und erneuerbaren Energien geschaffen werden – unterstützt durch intelligente Netzsteuerung, lokale Erzeugung und Speicherlösungen. Regulatorische Anreize sollen Betreibende und Nutzende dazu motivieren, verstärkt Grünstrom zu verwenden. >Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. **Welche Rolle spielt die Verkehrswende im Klimaschutz?** Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. Neben der Elektrifizierung des Straßenverkehrs setzen wir auf multimodale Verkehrskonzepte und die effiziente Nutzung vorhandener Infrastruktur. **Wie trägt E-Mobilität zur Stärkung der deutschen Wirtschaft bei?** Der Übergang zur Elektromobilität bietet Deutschland die Chance, sich von fossilen Technologien zu lösen und in Zukunftsbranchen zu investieren. Wichtige Bereiche sind hier die Forschung, Entwicklung und Produktion von Batterien, Ladeinfrastruktur und digitalen Mobilitätsdiensten – essenziell, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. **Ist staatliche Förderung noch notwendig?** Ja, staatliche Förderungen bleiben essenziell, müssen aber zielgerichtet, degressiv und langfristig ausgerichtet sein. Sie sollen den Markthochlauf, den Infrastrukturausbau und die Forschung unterstützen – während gleichzeitig Subventionen für fossile Kraftstoffe reduziert werden müssen. >Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. **Wie sollten staatliche Fördermaßnahmen gestaltet sein?** Es braucht eine Förderpolitik, die die Transformation gesamtheitlich betrachtet: Infrastruktur, Fahrzeugflotten, Speichertechnologien und Netzintegration. Gleichzeitig müssen regulatorische Hemmnisse abgebaut werden, etwa bei Netzentgelten oder Abgaben auf Eigenstromnutzung. Neben regulatorischen Rahmenbedingungen und politischer Lenkungswirkung sind sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Förderungen notwendig. Jeder investierte Euro zahlt sich langfristig aus, indem er Innovationskraft, Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Klimaschutz sichert. **Wie bewertet der BEM die erhöhten Zölle auf chinesische Elektroautos?** Protektionismus ist kein zielführender Ansatz. Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. ## Factbox: **Christian Heep ist Vorstand beim BEM** und leitet Marketing, Medien, PR, Kommunikation, Politik, Messen und Events. Seine Leidenschaft für erneuerbare Energien und Elektromobilität inspiriert ihn zu innovativen Projekten für eine nachhaltige Mobilität.