27. Apr 2020
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Business
Journalist: Katja Deutsch
Dr. Andreas Müller leitet den Be-reich „Communication und Network Technology“ innerhalb des Zentralbereichs Forschung und Vorausentwicklung der Robert Bosch GmbH in Renningen und koordiniert die unternehmensweiten 5G-Aktivitäten von Bosch im Kontext Industrie 4.0. Er erläutert, warum 5G weit mehr ist als eine schnöde Weiterentwicklung von 2G, 3G und 4G: „Erstmalig wurde ein Mobilfunkstandard entwickelt, der sich nicht nur auf die Vernetzung von Menschen konzentriert, sondern auf die Kommunikation zwischen Sensoren, Geräten, Maschinen und anderem im Internet der Dinge (Englisch: Internet of Things, IoT).“
5G ist ein Standard der Superlative, denn diese Funktechnologie ist mit Spitzendatenraten von 20 Gbit/s bis zu 20-mal schneller als 4G und kann Daten mit einer Latenz von einer Millisekunde nahezu verzögerungsfrei übertragen. „Dabei ist sie ist mit einer Zuverlässigkeit von bis zu 99,9999 Prozent fast so zuverlässig wie Datentransfer per Kabel. Mit 5G wird erstmalig auch ‚kritische Kommunikation‘ in Echtzeit per Funk möglich. Das bedeutet, es lassen sich mit 5G Anwendungen drahtlos realisieren, die zwingend zuverlässig und sicher funktionieren müssen“, so Dr. Müller.
Dies gilt für einen ferngesteuerten Kran genauso wie für eine Produktionsanlage. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand, denn mit 5G als zentralem Nervensystem einer Fabrik wird die Fertigung flexibler, mobiler und produktiver. Bisher in Produktionshallen stationär an jeder einzelnen Maschine angebrachte Bedienpanels lassen sich mit 5G in tragbare mobile Steuerungsgeräte verwandeln, mit denen sich Mitarbeiter flexibel und komfortabel auf alle vorhandenen Maschinen und Anlagen aufschalten können. Durch den zusätzlichen Einsatz von Augmented-Reality-Brillen bekommen die Mitarbeiter sekundenaktuelle Zustands- informationen der Produktionsanlagen. Zudem lassen sich mit 5G fahrerlose Transportsysteme problemlos vernetzen und in die Produktion integrieren.
Bosch erwartet enorme Vorteile vom Einsatz von 5G. Dr. Müller: „Bosch ist ein IoT-Unternehmen. Wir bieten Lösungen für die vernetzte Mobilität, das vernetzte Zuhause und die vernetzte Fabrik – alles Bereiche, in denen 5G zum Einsatz kommen wird und einen Mehrwert liefern kann.“ In fünf Jahren sollen weltweit mehr als 70 Milliarden vernetzte Geräte existieren – vom Industrieroboter über autonom fahrende Autos bis hin zu vernetzten Sensoren, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden.
Auf der Hannover Messe 2019 hat Bosch mit dem ActiveShuttle einen ersten Prototypen für ein 5G-fähiges fahrerloses Transportsystem vorgestellt, das bald eine Kombination aus 5G, Edge Computing und KI in sich vereinen wird, also im Ergebnis ein sehr intelligentes System hervorbringt. Den Beginn der 5G-basierten Arbeitsweise macht die von Bosch Rexroth brandneu entwickelte Steuerungstechnik ctrlX AUTOMATION. Sie ist von Anfang an auf 5G ausgerichtet und hebt die Grenzen zwischen Maschinensteuerung, IT und dem Internet der Dinge auf. Nicht nur Produkte macht Bosch 5G-fähig, das Unternehmen setzt auch auf den Aufbau von 5G-Netzen in den eigenen Fabriken. „Wir haben fest vor, 5G in allen Bosch-Werken nach und nach einzusetzen. Bereits heute gibt es an verschiedenen Standorten entsprechende 5G-Aktivitäten, teilweise auch schon unter Verwendung von privaten Campuslizenzen der Bundesnetzagentur.“
Bleibt die viel diskutierte Frage nach der Gefährlichkeit des Strahlenrisikos. „Wir nehmen die Bedenken diesbezüglich sehr ernst“, so Dr. Müller. „In umfassenden Studien, die beispielsweise vom Bundesamt für Strahlenschutz oder der Weltgesundheitsorganisation dazu durchgeführt worden sind, konnte bislang bei Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte, aber keine gesundheitsschädigende Wirkung nachgewiesen werden.“ Nichtsdestotrotz arbeite Bosch daran, die Strahlungsexposition so weit wie möglich zu minimieren. Der neue Mobilfunkstandard hat das Potenzial, die Arbeit der Mitarbeiter in Produktion und Logistik zu vereinfachen und zu verbessern. Und darum geht es.