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1. Apr 2025

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Wirtschaft

Cybersecurity wird zunehmend zu einer technischen, strategischen und regulatorischen Herausforderung – mit Christopher Schütze, Chief of Advisory und CISO bei Kuppinger Cole

Journalist: Katja Deutsch

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Foto: Tirza van Dijk/unsplash, Presse

Christopher Schütze, Chief of Advisory und CISO bei Kuppinger Cole, spricht über die immer professioneller werdenden Cyberattacken.

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Christopher Schütze, Chief of Advisory und CISO bei Kuppinger Cole

Herr Schütze, was sind aktuell die größten Cyberbedrohungen für Unternehmen?

Die Bedrohungen sind in den letzten Jahren deutlich raffinierter geworden. Angreifer setzen KI-gestützte Social Engineering-Angriffe für hochprofessionelle Attacken ein, zum Beispiel CEO-Fraud mit Deepfakes oder maßgeschneiderte Phishing-Kampagnen. Besonders kritisch sind auch Supply-Chain-Attacken, bei denen Unternehmen über Zahlungsdienstleister, Softwareanbieter oder Cloud-Anbieter kompromittiert werden – mit massiven Auswirkungen. Dazu kommt Ransomware-as-a-Service, bei denen mit wenigen Klicks attackiert werden kann: Infrastruktur mieten, Exploits im Darknet kaufen, los geht’s. Immer noch existieren auch fehlendes Sicherheitsbewusstsein, Shadow-IT, Komplexität durch Multi-Cloud und KI-gestützte Angriffe auf große Datenmengen. Security-Teams kämpfen mit der schieren Masse an Applikationen, Identitäten und Daten, die zu überwachen sind.

Weshalb sind Multi-Cloud-Strategien riskant?

Multi-Cloud ist zwar oft Standard, jedoch aufgrund der fehlenden Übersicht riskant, wenn beispielsweise AWS, Azure und GCP parallel genutzt werden. Fehlt der Überblick, folgt Chaos. Besonders problematisch sind fehlende Governance-Mechanismen: Ein Cloud-Admin kann mal eben eine neue Datenbank oder API freigeben. Ohne Cloud Security Posture Management (CSPM) weiß niemand über den Speicherort sensibler Daten und bestehende Zugriffsberechtigungen Bescheid. Ein weiteres Risiko: Nicht-menschliche Identitäten (NHIs). In Multi-Cloud-Umgebungen laufen viele Prozesse über Service-Accounts, API-Keys oder automatisierte Skripte, ohne Passwort- oder Schlüsselrotation, Zugriffskontrollen und Monitoring. Zugangsdaten für Schnittstellen sind hart in Skripten und Konfigurationsdateien codiert, Zugriffsrechte sind dauerhaft statt temporär.

NHIs sind einer der am meisten unterschätzten Angriffsvektoren.

Welche Rolle spielen nicht-menschliche Identitäten (NHI) bei Cyberattacken?

NHIs sind einer der am meisten unterschätzten Angriffsvektoren. Die Zahl der nicht-menschlichen Identitäten in Unternehmen ist heute oft zehnmal höher als die der menschlichen Nutzer – IoT-Geräte, APIs, Service-Accounts, Automatisierungstools – für die sich niemand verantwortlich fühlt. Erhält ein Angreifer in modernen DevOps- und CI/CD-Umgebungen durch Phishing oder gestohlene Darknet-Credentials Zugang, kann er den gesamten Deployment-Prozess manipulieren. Unternehmen müssen daher Machine Identity Management, Zero Trust für NHIs und automatisierte Security-Kontrollen einführen, um diese Risiken in den Griff zu bekommen.

NIS2, DORA und das KI-Gesetz zwingen bereits zum Handeln. Was müssen Unternehmen jetzt unbedingt vorantreiben?

Der CISO sitzt in vielen Unternehmen jetzt direkt am Vorstandstisch – und das zu Recht. Denn bei unzureichenden Sicherheitsmaßnahmen haften Vorstände oft persönlich. Unternehmen haften nun auch für die ordentlichen Sicherheitsmaßnahmen ihrer Lieferanten. DORA fordert zudem eine höhere Frequenz von Penetration Testing und Red-Teaming. Unternehmen müssen kontinuierlich nach Schwachstellen suchen. Entscheidungen, die aufgrund von KI getroffen werden, müssen auditierbar und nachvollziehbar sein. Das bedeutet neue Compliance-Frameworks, Datenschutzrichtlinien und eine stärkere Governance über KI-gestützte Prozesse.
Unternehmen müssen Cyber-Resilienzstrategien entwickeln, über Notfallpläne verfügen und die geschäftlichen Auswirkungen (der Business Impact) von Sicherheitsvorfällen verstehen.

30. Apr 2025

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Wirtschaft

Bidirektionales Laden spart Milliarden , Elektroautos können viel mehr, als „nur“ leise und ohne Abgase zu fahren

Mit bidirektionaler Ladetechnologie (BiDi) können sie Strom speichern und ins Netz zurückspeisen. Eine aktuelle Studie von Transport & Environment (T&E) zeigt, dass dies für Europas Energieversorger und Autofahrer Einsparungen in Milliardenhöhe ermöglichen könnte. Die Einsparungen resultieren aus einer effizienteren Nutzung der Erzeugungskapazitäten und einem geringeren Kraftstoffverbrauch. Um das Potenzial dieser Technologie zu nutzen, sind jedoch geeignete regulatorische Rahmenbedingungen notwendig. Laut der T&E-Studie könnte das Einsparpotenzial für Energieversorger und Verbraucher in der EU bis zu 22 Milliarden Euro jährlich betragen, was etwa acht Prozent der Kosten für das EU-Energiesystem entspricht. Von 2030 bis 2040 könnte die BiDi-Technik EU-weit mehr als 100 Milliarden Euro einsparen, allein in Deutschland bis zu 8,4 Milliarden Euro jährlich. Ein Grund für die hohen Einsparungen ist die Möglichkeit, mehr Strom aus erneuerbaren Quellen, insbesondere Solarstrom, in das Energiesystem zu integrieren. Die Nutzung der Fahrzeugakkus könnte den Bedarf an teureren stationären Speichern in der EU um bis zu 92 Prozent senken und die installierte PV-Leistung um bis zu 40 Prozent steigern. Die Halter von Elektrofahrzeugen profitieren direkt vom bidirektionalen Laden, da sie mit geringeren Stromkosten rechnen können. Zudem dürfte die Lebensdauer der Fahrzeugakkus durch optimiertes Laden steigen. In Frankreich haben The Mobility House und Renault beispielsweise das erste Vehicle-to-Grid (V2G)-Angebot eingeführt. Besitzer eines V2G-fähigen Renault 5 können mit einer speziellen Wallbox kostenfrei laden und ihren Fahrzeugakku ins Energiesystem einspeisen. Dieses Angebot soll bald auch in Deutschland und dem Vereinigten Königreich verfügbar sein. Im deutschen Markt gibt es jedoch noch Herausforderungen, wie den langsamen Roll-out von Smart Metern und die Notwendigkeit, einen passenden rechtlichen Rahmen zu schaffen. Der zweite Europäische Gipfel für bidirektionales Laden hat klare Handlungsempfehlungen ausgesprochen, die nun umgesetzt werden müssen. Dazu gehört die Abschaffung der Doppelbelastung von zwischengespeichertem Strom durch Netzentgelte und die Sicherstellung, dass „grüner“ Strom seine Förderansprüche auch bei Zwischenspeicherung im Akku behält. Die Messe „The smarter E Europe“ 2025 wird dem Thema eine eigene Sonderschau widmen, um Chancen und Herausforderungen für die Mobilitäts- und Energiebranche aufzuzeigen. Die Veranstaltung findet vom 7. bis 9. Mai 2025 in München statt und vereint vier Fachmessen: Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe. Die Sonderschau auf „The smarter E Europe“ wird dabei Produkte und Lösungen für das bidirektionale Laden präsentieren und Raum für Austausch und Networking bieten. ## Factbox The smarter E Europe vereint als Europas größte Messeallianz für die Energiewirtschaft vier Fachmessen (Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe) und findet vom 7. bis 9. Mai 2025 auf der Messe München statt. https://www.powertodrive.de/home