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9. Jul 2025

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Wirtschaft

Standardisiert, aber nicht langweilig: Die Chancen seriellen Bauens – mit Dr. Mathias Schäfer

Journalist: Katja Deutsch

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Foto: Presse

Dr. Mathias Schäfer, Präsident des Bundesverbands Deutscher Fertigbau, lebt selbst seit zwölf Jahren begeistert in einem Haus aus serieller Bauweise. Modular produzierte Häuser haben viele Vorteile – doch um die Baubranche endlich anzukurbeln, reicht es nicht aus, mehr seriell zu bauen, auch die regulatorischen Vorgaben müssen geändert werden.

Dr. Schäfer, welche konkreten Vorteile bieten serielle und modulare Bauweisen im Vergleich zum klassischen Massivbau? Der große Vorteil des seriellen und modularen Bauens liegt in der Vorfertigung. Dabei wird ein Großteil der Arbeit von der Baustelle in Fabriken und Werkhallen verlagert, wo nach industriellen Standards geplant, produziert und qualitätsgesichert wird. Die geschützten, klimatisierten Hallen ermöglichen eine gleichbleibend hohe Qualität der Herstellung, unabhängig von Wetter und Jahreszeit, zudem können wir aufgrund der standardisierten Prozesse Kosten und Bauzeiten zuverlässig berechnen und eine hohe Preis- und Terminsicherheit bieten.

Wie viel Zeit und Kosten lassen sich denn tatsächlich durch systematisches Bauen einsparen? Prozentual lässt sich der Vorteil schwer beziffern, man müsste wirklich ein klassisches Bauangebot direkt mit einem seriellen vergleichen, auch in Bezug auf die Ausführungsqualität. Der große Kosten- und Zeitvorteil entsteht jedoch dadurch, dass nicht alle Arbeitskräfte zur Baustelle geschickt werden müssen. Gerade bei überregionalen oder bundesweiten Projekten spart die Bündelung der Arbeiten an zentralen Standorten erhebliche Reise- und Logistikkosten.

Welche Rolle spielen denn Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz bei dieser Bauweise? Als Präsident des Bundesverbands Deutscher Fertigbau kann ich nur betonen, dass Nachhaltigkeit von Anfang an zentral für uns war und ist. Durch industrielle Vorfertigung reduzieren wir spürbar Abfall und führen Restmaterialien direkt der Kreislaufwirtschaft zu. Gebäude entstehen mit minimalem Material- und Energieeinsatz. Zudem bündeln wir Maschinen an zentralen Standorten, was Transportwege reduziert. Kräne und Bagger werden nur für zwei bis drei Tagen auf der Baustelle benötigt. Das spart Zeit, Kosten und Emissionen.

In welchen Bereichen wird denn das serielle Bauen heute schon besonders oft angewendet? Traditionell kommt unsere Branche aus dem Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern, und hier erreichen wir aktuell einen Marktanteil von über 26 Prozent. Das ist ein historisches Allzeithoch: Jedes vierte Haus in diesem Segment wird heute bereits seriell vorgefertigt, montiert und fertiggestellt. Obwohl Bauen meist regional ist, versorgen rund 50 produzierende Unternehmen unserer Branche ganz Deutschland, ergänzt durch weitere Anbieter. Unsere Stärken liegen in der seriellen Fertigung, im Hybridbau mit Betontragwerken und in vorgefertigten Fassaden, kombiniert mit umfassender Baustellenlogistik – perfekt für den urbanen Wohnungsbau.

Was sind die größten Hürden? Serielles Bauen wird durch unterschiedliche Landesbauordnungen und kommunale Bebauungspläne gebremst – eine bundesweite Typengenehmigung fehlt. Das führt zu zeitaufwendigen Einzelgenehmigungen und hemmt Effizienz. Zudem erschweren traditionelle Vorschriften und das Vergaberecht für öffentliche Aufträge, die Planung und Ausführung getrennt ausschreiben, die ganzheitliche serielle Bauweise. So bleiben große Potenziale bei Kosten, Tempo und Nachhaltigkeit ungenutzt.

Wo könnte man da ansetzen? Schneller und günstiger bauen scheitert oft an starren Vorgaben. Die Politik muss die Vergabeordnung flexibilisieren, um Planung und Bau aus einer Hand zu ermöglichen. Außerdem braucht es eine stärkere Harmonisierung der Landesbauordnungen – Gebäude sind physikalisch gleich, egal wo sie stehen. Lokale Designanpassungen bleiben möglich. Zudem sollten Kommunen Prozesse vereinfachen und digitalisieren, um serielles Bauen bundesweit effizienter zu machen.

Wie sieht es denn mit der Gestaltungsfreiheit beim modularen, seriellen Bauen aus? Jeder Hersteller hat andere Schwerpunkte. Grundsätzlich bietet serielles Bauen aber eine enorme Gestaltungsfreiheit: Ob Putzfassade, Holzverschalung, Plattensystem, Steinapplikation oder Klinker, fast alles lässt sich auf vorgefertigte Bauelemente aufbringen, sodass Unterschiede zum klassischen Bau kaum zu erkennen sind. Unsere Mitgliedsunternehmen bieten vorgeplante Gebäudemodelle an, fertigen diese aber individuell nach den Wünschen der Bauherren. Größe, Geschosshöhe, Keller ja oder nein – all das ist flexibel. Aktuell liegt unser Schwerpunkt noch zu rund 80 - 85 Prozent im Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern für private Bauherren.

Was erwarten Sie in den nächsten fünf bis zehn Jahren in Ihrem Bereich? Im Geschosswohnungsbau, bei kommunalen Projekten und serieller Sanierung gibt es noch riesiges Wachstumspotenzial! Die neue Bauministerin fordert schnelleres, günstigeres Bauen – wichtig auch wegen Fachkräftemangel, der nur durch Vorfertigung, Automatisierung und Robotik zu bewältigen ist. Bauen muss produktiver, effizienter und nachhaltiger werden. Unser Verband setzt dabei auf Holzbau, um CO₂ zu sparen.

Leben Sie selbst auch in einem Haus mit serieller Bauweise? Ich lebe selbstverständlich in einem seriell gebauten Haus. Wir haben vor zwölf Jahren gebaut und da kann ich sagen, ich würde es heute noch ganz genau so bauen!

Fun Facts

Dr. Mathias Schäfer ist gern in der Natur und im eigenen Garten und verbringt am liebsten Zeit mit seiner Familie. Und weil Fokussierung und Tempo nicht nur beim Bauen wichtig ist, übt Mathias Schäfer als Hobby eine der schnellsten Sportarten überhaupt aus: Tischtennis.

23. Dez 2025

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Gesellschaft

Warum es so wichtig ist, konsequent nachhaltig zu bauen – Ein Beitrag von Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand DGNB e.V.

Nachhaltiges Bauen bedeutet weit mehr als energieeffiziente Gebäude oder den Einsatz ökologischer Materialien. Es beschreibt einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem Gebäude über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg betrachtet werden: von der Planung über den Bau und die Nutzung bis hin zu Umbaumaßnahmen oder den Rückbau. Ziel ist es, Umweltbelastungen zu minimieren, Ressourcen zu schonen, Menschen gesunde und lebenswerte Räume zu bieten und gleichzeitig wirtschaftlich sinnvolle Lösungen zu schaffen. Stand heute ist der Bausektor nach wie vor für einen erheblichen Teil der globalen CO2-Emissionen, den Verbrauch natürlicher Ressourcen und den zunehmenden Verlust der Biodiversität verantwortlich. Gleichzeitig verbringen wir den Großteil unseres Lebens in geschlossenen Räumen, die unser Wohlbefinden stärken sollen, ohne dabei die Zukunft unseres Planeten zu gefährden. Zudem leben immer mehr Menschen in der Stadt. Der Bedarf an attraktiven und dazu noch klimaresilient gestalteten Freiräumen wächst. Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Wie ein Perspektivwechsel in diese Richtung gelingen kann, zeigen wir noch bis zum 28. Januar 2026 mit der ersten DGNB Ausstellung „What If: A Change of Perspective“ in der Berliner Architekturgalerie Aedes. Die Ausstellung fordert Besucherinnen und Besucher dazu auf, gewohnte Denkmuster zu hinterfragen und die Themenvielfalt des nachhaltigen Bauens neu und unvoreingenommen auf sich wirken zu lassen. >Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Anhand gebauter Beispiele wird deutlich, dass viele Lösungen bereits existieren. So erfährt der Besuchende anschaulich, wie Gebäude klima- und ressourcenschonend geplant werden können, indem Materialien im Kreislauf geführt, Energie effizient genutzt oder sogar erzeugt wird und der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes berücksichtigt bleibt. Ebenso thematisiert werden Klimaanpassung und Resilienz: durch kluge Gestaltung, Begrünung und Freiräume können Gebäude und Städte besser mit Hitze, Starkregen oder Trockenperioden umgehen. Ein weiterer Fokus liegt auf dem Menschen. Nachhaltiges Bauen stellt das Wohlbefinden, die Gesundheit und das soziale Miteinander in den Mittelpunkt. Architektur kann Begegnung fördern, Identität stiften und bezahlbaren Wohnraum schaffen, ohne dabei die Umwelt aus dem Blick zu verlieren. Auch der verantwortungsvolle Umgang mit bestehenden Gebäuden spielt eine zentrale Rolle. Sanieren, Umnutzen und Weiterbauen im Bestand werden als Strategien gezeigt, um Flächen zu schützen und Ressourcen zu sparen. Nicht zuletzt wird klar, dass Nachhaltigkeit keine Kostenspirale sein muss. Ganzheitlich geplante Gebäude sind oft wirtschaftlicher, weil sie langfristig Betriebskosten senken, Risiken minimieren und ihren Wert erhalten oder steigern. Nachhaltiges Bauen ist kein abstraktes Expertenthema und schon gar keine Zukunftsvision, sondern eine konkrete Chance. Für lebenswerte Städte, für gesunde Räume und für eine gebaute Umwelt, die den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen ist. Als inhaltlich getriebener Non-Profit-Verein begreifen wir das nachhaltige Bauen seit unserer Gründung vor 18 Jahren als gesellschaftliche Aufgabe, nach der wir unser Handeln ausrichten. Mit der Ausstellung laden wir jeden einzelnen ein, genauer hinzusehen, weiterzudenken und selbst Teil des Wandels zu werden. Weitere Informationen gibt es unter www.dgnb.de/aedes