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8. Jul 2025

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Wirtschaft

Intelligent, grün, effizient: KI, Speicher und erneuerbare Energien revolutionieren Gebäude und Rechenzentren

Journalist: Katja Deutsch

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Foto: Wahyu Kurniawan/unsplash

Payam Hazin, Maschinenbauingenieur und Experte für nachhaltige Energielösungen, und Hadi Teherani, visionärer Star-Architekt, sind Vorreiter für ganzheitliche Gebäudekonzepte, die Architektur, Energieeffizienz und innovative Technologien zu nachhaltigen, zukunftsfähigen Lebens- und Arbeitsräumen verbinden.

Herr Hazin, Herr Teherani, könnte man Rechenzentren künftig direkt mit Solarenergie betreiben? Zum Beispiel durch eine Kombination aus PV-Anlagen, Speichersystemen und intelligenter Laststeuerung?

Die Integration von Photovoltaikanlagen (PV), modernen Batteriespeichersystemen und intelligenter Laststeuerung sind ein zukunftsweisender Ansatz mit nachhaltiger Lösung. Im Jahr 2024 hatten wir etwa 457 Stunden mit negativen Strompreisen – das entspricht rund fünf Prozent aller Stunden –, ein klares Zeichen für Überkapazitäten erneuerbarer Energien. Diese überschüssige Energie könnte durch KI-gestützte Systeme clever genutzt werden, um Rechenzentren effizient mit grünem Strom zu versorgen. Die Kombination schafft eine Win-Win-Situation: Netzbetreiber und Betreiber erneuerbarer Anlagen profitieren wirtschaftlich, während die Umwelt entlastet wird. Mit fortschrittlicher Steuerungstechnologie lassen sich Schwankungen ausgleichen, was die Stabilität und Wirtschaftlichkeit solcher Systeme weiter steigert.

Wie können Solaranlagen auch bei den immer heißer werdenden Temperaturen effizient und langlebig funktionieren?

Die steigenden Temperaturen fordern uns heraus, aber mit den richtigen Anpassungen bleibt die Effizienz erhalten. Unter den Standard-Testbedingungen (STC) – 25 °C, 1.000 W/m² Einstrahlung und Luftmasse 1,5 – laufen Solarmodule optimal. Bei Hitze sinkt die Leistung jedoch, weshalb wir hitzetolerante Zelltechnologien wie HJT oder TOPCon einsetzen sollten. Dazu kommen robuste Modulmaterialien, etwa Glas-Glas-Konstruktionen mit reflektierenden Rückseiten, die die Wärme reflektieren. Passive oder aktive Kühlungssysteme, unterstützt durch Maximum-Power-Point-Tracker (MPPT) und Optimierer, sorgen für konstante Leistung. Mit zusätzlich guter Belüftung durch geschickte Montage und hitzebeständige Materialien, die dem Alterungsprozess trotzen, sichern wir Effizienz und Langlebigkeit.

In heißen Klimazonen passt der Kühlbedarf tagsüber perfekt zur PV-Stromproduktion, was den Einsatz von Wärmepumpen sinnvoll macht.

Ist es aus Ihrer Sicht realistisch, Wärmepumpensysteme auch in heißen Klimazonen mit PV-Strom zu betreiben?

In heißen Klimazonen passt der Kühlbedarf tagsüber perfekt zur PV-Stromproduktion, was den Einsatz von Wärmepumpen sinnvoll macht. Nachts fehlt jedoch Sonnenstrom, und hohe Temperaturen belasten die Effizienz. Batteriespeicher, thermische Speicher, smarte Steuerung und gute Dämmung können diese Lücke schließen und eine nachhaltige Klimatisierung auch nachts sichern.

Welche Art von Wärmepumpen sind für Mehrfamilienhäuser in deutschen Städten geeignet?

Hierfür bieten sich zentrale Luft-Wasser- und Sole-Wasser-Wärmepumpen an – je nach Gebäudekontext. Luft-Wasser-Systeme punkten mit Platzersparnis, einfacher Installation und erschwinglichen Kosten, zeigen aber im Winter leichte Effizienzverluste. Sole-Wasser-Wärmepumpen hingegen überzeugen mit höherer Effizienz und Langlebigkeit, erfordern jedoch Erdbohrungen und eine höhere Anfangsinvestition. In gut gedämmten Häusern, wie sie in modernen Stadtquartieren zunehmend Standard sind, funktionieren beide Varianten hervorragend. Mit der Integration von PV-Strom, Batteriespeichern oder Hybridlösungen lassen sich Betriebskosten senken und die Nachhaltigkeit steigern – ein idealer Kompromiss für urbane Mehrfamilienhäuser.

Mit der Integration von PV-Strom, Batteriespeichern oder Hybridlösungen lassen sich Betriebskosten senken und die Nachhaltigkeit steigern – ein idealer Kompromiss für urbane Mehrfamilienhäuser.

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.