Diesen Artikel teilen:

18. Dez 2019

|

Wirtschaft

Big Data oder Datensparsamkeit?

Journalist: Kirsten Schwieger

bevh-Präsident Gero Furchheim über die Bedeutung des E-Commerce für den Einzelhandel, digitale Trends und deutsche Wettbewerbsfähigkeit.

Foto: Gero Furchheim, bevh-Präsident (Fotocredit: Michael Gueth) 

65,10 Milliarden Euro hat der deutsche Onlinehandel 2018 umgesetzt. Nach Einschätzung des Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh), wird der E-Commerce-Umsatz in diesem Jahr die 70 Milliarden-Marke überspringen. Der Wachstumstreiber Onlinehandel hat inzwischen einen Anteil von fast 98 Prozent am Gesamtumsatz des Interaktiven Handels. „E-Commerce bleibt ein wesentlicher Faktor und Motor der Binnenkonjunktur, die derzeit unsere Volkswirtschaft stützt“, bekräftigt auch bevh-Präsident Gero Furchheim. 

Als Vorreiter für Innovation und Prozessoptimierung treibt der E-Commerce die Digitalisierung des Einzelhandels voran. Schon heute ermöglicht Künstliche Intelligenz (KI) durch die Vorhersage von Kunden-Kaufverhalten die Personalisierung der Customer Journey. Mit Big Data, Augmented und Virtual Reality, Machine Learning sowie Mobile und Voice-Commerce und nicht zuletzt 5G geben diverse technologische Innovationen dem Onlinehandel weiter Auftrieb. „Mit immer mehr Daten wird der Handel immer individuellere Einkaufserlebnisse an immer vielfältigeren Orten ermöglichen – Big Data wird damit Alltag“, prognostiziert Furchheim und ergänzt: „Der Handel, speziell E-Commerce, wird zudem immer stärker mobil und kontextbasiert stattfinden. Er wird über Sprachsysteme funktionieren, auditiv und visuell zum Beispiel in Kopfhörern oder Brillen Einzug halten und dadurch Omnichannel-Handel revolutionieren.“

Für Unternehmen bedeutet diese Entwicklung, dass sie ihre Produktdaten für neuartige Geräte und Plattformen vorbereiten und optimale Nutzerszenarien für ihre Kunden definieren müssen. Denn die Kunden mit den richtigen Inhalten zur richtigen Zeit anzusprechen, ist und bleibt wettbewerbsentscheidend – national wie international. „Handel überhaupt, speziell aber Onlinehandel, wird zunehmend geprägt von globalen digitalen Plattformen. Das betrifft Informationsprozesse wie Transaktionsprozesse. Die Teilnahme an solchen Plattformen erschließt den deutschen Unternehmen potentiell globale Märkte, bringt sie aber auch in den Wettbewerb mit Teilnehmern aus anderen Ländern, die anderen ökonomischen Rahmenbedingungen unterliegen“, betont Furchheim und spezifiziert: „Während in Amerika Unternehmen mit relativ wenig Regulierung ihre digitalen Angebote und Technologien weiterentwickeln können, ist in Asien der Staat der größte Treiber der Digitalisierung und maximalen Daten-Prozessierung. Dadurch haben sich diese globalen Pole einen großen Vorsprung herausgearbeitet. Deutschland sucht, und das ist historisch wohlbegründet, einen europäischen ‚dritten Weg‘, der Datenschutz, Datensparsamkeit und Datensouveränität priorisiert. Die Hürden für das Handeln werden aber oftmals hysterisch hochgelegt und stellen einen Wettbewerbsnachteil dar. Wir fordern die Politik auf, bei Themen wie der E-Privacy-Regulierung oder der Datenethik chancenorientiert und nicht angstbesessen zu handeln.“

Diese systemischen Nachteile können deutsche Händler laut bevh durch Exzellenz nur teilweise in digitalen Vertriebs- und Distributionsprozessen ausgleichen, beispielsweise durch den Aufbau digitaler Kompetenzen, maximaler Vernetzung und permanenter Prozessverbesserungen.

23. Dez 2025

|

Gesellschaft

Warum es so wichtig ist, konsequent nachhaltig zu bauen – Ein Beitrag von Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand DGNB e.V.

Nachhaltiges Bauen bedeutet weit mehr als energieeffiziente Gebäude oder den Einsatz ökologischer Materialien. Es beschreibt einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem Gebäude über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg betrachtet werden: von der Planung über den Bau und die Nutzung bis hin zu Umbaumaßnahmen oder den Rückbau. Ziel ist es, Umweltbelastungen zu minimieren, Ressourcen zu schonen, Menschen gesunde und lebenswerte Räume zu bieten und gleichzeitig wirtschaftlich sinnvolle Lösungen zu schaffen. Stand heute ist der Bausektor nach wie vor für einen erheblichen Teil der globalen CO2-Emissionen, den Verbrauch natürlicher Ressourcen und den zunehmenden Verlust der Biodiversität verantwortlich. Gleichzeitig verbringen wir den Großteil unseres Lebens in geschlossenen Räumen, die unser Wohlbefinden stärken sollen, ohne dabei die Zukunft unseres Planeten zu gefährden. Zudem leben immer mehr Menschen in der Stadt. Der Bedarf an attraktiven und dazu noch klimaresilient gestalteten Freiräumen wächst. Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Wie ein Perspektivwechsel in diese Richtung gelingen kann, zeigen wir noch bis zum 28. Januar 2026 mit der ersten DGNB Ausstellung „What If: A Change of Perspective“ in der Berliner Architekturgalerie Aedes. Die Ausstellung fordert Besucherinnen und Besucher dazu auf, gewohnte Denkmuster zu hinterfragen und die Themenvielfalt des nachhaltigen Bauens neu und unvoreingenommen auf sich wirken zu lassen. >Nachhaltige Architektur bietet einen ganzheitlichen Ansatz, um die Klimakrise zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit zu fördern und langfristige wirtschaftliche Stabilität zu gewährleisten. Anhand gebauter Beispiele wird deutlich, dass viele Lösungen bereits existieren. So erfährt der Besuchende anschaulich, wie Gebäude klima- und ressourcenschonend geplant werden können, indem Materialien im Kreislauf geführt, Energie effizient genutzt oder sogar erzeugt wird und der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes berücksichtigt bleibt. Ebenso thematisiert werden Klimaanpassung und Resilienz: durch kluge Gestaltung, Begrünung und Freiräume können Gebäude und Städte besser mit Hitze, Starkregen oder Trockenperioden umgehen. Ein weiterer Fokus liegt auf dem Menschen. Nachhaltiges Bauen stellt das Wohlbefinden, die Gesundheit und das soziale Miteinander in den Mittelpunkt. Architektur kann Begegnung fördern, Identität stiften und bezahlbaren Wohnraum schaffen, ohne dabei die Umwelt aus dem Blick zu verlieren. Auch der verantwortungsvolle Umgang mit bestehenden Gebäuden spielt eine zentrale Rolle. Sanieren, Umnutzen und Weiterbauen im Bestand werden als Strategien gezeigt, um Flächen zu schützen und Ressourcen zu sparen. Nicht zuletzt wird klar, dass Nachhaltigkeit keine Kostenspirale sein muss. Ganzheitlich geplante Gebäude sind oft wirtschaftlicher, weil sie langfristig Betriebskosten senken, Risiken minimieren und ihren Wert erhalten oder steigern. Nachhaltiges Bauen ist kein abstraktes Expertenthema und schon gar keine Zukunftsvision, sondern eine konkrete Chance. Für lebenswerte Städte, für gesunde Räume und für eine gebaute Umwelt, die den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen ist. Als inhaltlich getriebener Non-Profit-Verein begreifen wir das nachhaltige Bauen seit unserer Gründung vor 18 Jahren als gesellschaftliche Aufgabe, nach der wir unser Handeln ausrichten. Mit der Ausstellung laden wir jeden einzelnen ein, genauer hinzusehen, weiterzudenken und selbst Teil des Wandels zu werden. Weitere Informationen gibt es unter www.dgnb.de/aedes