16. Dez 2025
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Gesellschaft
Journalist: Julia Butz
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Foto: Presse, Homa Appliances/unsplash
Die Digitalisierung wächst rasant und mit ihr der Bedarf an leistungsfähigen Rechenzentren.
Peter Pohlschröder, stellvertretender Vorsitzender der German Datacenter Association
Big-Data, Cloud-Services, Künstliche Intelligenz: Moderne Anwendungen erzeugen und benötigen gewaltige Datenmengen, die gespeichert, verarbeitet und in Echtzeit bereitgestellt werden müssen. Rechenzentren bilden dafür das technische Rückgrat. Ohne sie würden KI-Modelle keine Antworten liefern, Produktionsanlagen nicht vernetzt arbeiten und digitale Verwaltungsvorgänge ins Leere laufen. Je stärker Wirtschaft, Behörden und Privatleben digitalisiert werden, desto zentraler wird eine resiliente Rechenzentrumslandschaft. „Der mittelfristige Bedarf an Rechenleistung wird das heutige Angebot um ein Vielfaches übersteigen, dabei verändert KI die Anforderungen signifikant“, sagt Peter Pohlschröder, stellvertretender Vorsitzender der German Datacenter Association (GDA). Alltägliche private und Office-Anwendungen laufen heute meist in Rechenzentren großer Cloud-Anbieter und spezialisierter Dienstleister (Colocation). Diese Workloads sind überschaubar, weder standortgebunden noch auf Reaktionen in Millisekunden angewiesen. „Anders sieht es z. B. in der Industrie aus: Wenn Maschinen in Echtzeit kommunizieren, Produktionsprozesse datengetrieben optimiert werden oder KI-Systeme integriert laufen, müssen Daten direkt vor Ort und mit sehr niedriger Latenz verarbeitet werden – dafür braucht es Edge Datacenter als Teil der regionalen Rechenkapazitäten“, so Pohlschröder. Industrien werden immer stärker datengesteuert arbeiten müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Auch der öffentliche Sektor müsse noch erhebliche Schritte machen.
Trotz des großen Bedarfs läuft der Ausbau in Deutschland zunehmend schleppend: Rechenzentren benötigen viel Strom, doch die Stromnetze sind vielerorts ausgelastet und müssen zudem den Ausbau von Elektromobilität, Wärmepumpen und Batteriespeichern tragen – ein Wettlauf um Kapazitäten. „Der Netzausbau steht an vorderster Stelle“, betont Peter Pohlschröder, „und wir müssen am Strompreis arbeiten. Rechenzentren sind bisher nicht in den Industriestrompreis einbezogen, das hat massive Auswirkung auf die Wettbewerbsfähigkeit der Betreiber.“ Als Verband unterstützt die GDA auch die Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe. „Investitionen sollten vor Ort Wertschöpfung schaffen, nicht nur durch Komponenten- und Dienstleistungsimporte aus Irland und den USA. Wichtig ist aber auch, dass insbesondere bei den Kommunen mit Baurechtshoheit das überragende öffentliche Interesse von Rechenzentren für die gesamte Volkswirtschaft erkannt wird.“
Jede Kommune könnte davon profitieren, wenn sie Flächen wie brachliegende Industrieareale für den Bau von Rechenzentren bereitstellt. So entwickelte die Stadt Hanau bereits 2018 ein Digitalisierungskonzept und nahm dabei gezielt Problemflächen mit teilweise kontaminierten Böden in den Blick, die durch Datacenter nutzbar gemacht wurden. Weitere wertvolle Synergie ist die Nutzung der Abwärme aus Rechenzentren für die Gebäudeheizung und Warmwasserbereitung ganzer Quartiere. Auch Glasfaserausbau und die lokale Strominfrastruktur können auf einem Niveau mitgeplant werden, das eine Kommune allein kaum finanzieren könnte. Wer diesen Schritt geht, schafft nicht nur digitale Grundlagen, sondern stärkt die Stadtentwicklung gleich mit.
Die German Datacenter Association vereint alle Akteure in der Wertschöpfungskette digitaler Infrastrukturen in Deutschland. Die von der GDA initiierte Studie DATA CENTER IMPACT REPORT DEUTSCHLAND 2024 beleuchtet den Status quo und Einfluss deutscher Rechenzentren auf die digitale Transformation.