29. Jun 2020
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Business
Journalist: Mario Ohoven
Die Corona-Krise stellt den deutschen Mittelstand vor gewaltige Herausforderungen. Ganze Branchen, wie die Gastronomie, das Tourismusgewerbe oder der Messebau sehen einer ungewissen Zukunft entgegen. International wichtige Lieferketten sind zusammengebrochen, dadurch fallen Aufträge seitens der Industrie weg. Gleichzeitig mangelt es an privater Nachfrage. Die Bürger halten in der Krise ihr Geld zusammen.
Das alles hat fatale Folgen für mittelständische Unternehmer und Selbstständige. Man muss kein Prophet sein, um eine massive Insolvenzwelle im zweiten Halbjahr zu prognostizieren. Zumal niemand weiß, wann sich die (welt)wirtschaftliche Lage insgesamt wieder bessert. Und: Wir müssen von Corona-Krisen im Plural sprechen. Neben der medizinischen Pandemie haben wir es mit einer Rezession und einer internationalen Staatsschulden- und Währungskrise zu tun.
Das Konjunkturpaket der Bundesregierung lindert die Folgen der Coronakrise, setzt allerdings zu stark auf den privaten Konsum als Konjunkturmotor. Umso mehr sind die Liquiditätshilfen für kleine und mittlere Unternehmen zu begrüßen. Dies gilt ebenso für die steuerlichen Erleichterungen für Investitionen, wie die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung und die Ausweitung des steuerlichen Verlustrücktrags.
Doch das kann nur der Anfang sein. Der Mittelstand schafft Arbeit, Einkommen und damit Wohlstand für unser Land. Die Millionen Klein- und Mittelbetriebe müssen rasch und nachhaltig entlastet werden, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben. Dafür braucht es eine politische Reformagenda: weniger Steuern und Abgaben, mehr Flexibilität, zum Beispiel bei der Arbeitszeit.
So gehört der Solidaritätszuschlag für alle abgeschafft, und zwar rückwirkend zum 1. Januar 2020. Dadurch erhielten die Betriebe schnell und unbürokratisch frische Liquidität. Was mit Sicherheit niemand braucht, sind zusätzliche Belastungen der Betriebe. Die Wiedereinführung der Vermögensteuer etwa mag auf den ersten Blick solidarisch scheinen, ist es aber nicht. Denn mehr Abgaben bedeutet weniger Investitionen, und das kostet Arbeitsplätze.
Aus falsch verstandener Solidarität stehen auch staatliche Hilfen für Konzerne in der Kritik. Ich halte nichts von einer Diskussion „Klein gegen Groß“. Von einer starken Automobilindustrie etwa profitieren sowohl die mittelständischen Zulieferer als auch ihre Mitarbeiter. Das gilt gleichermaßen für die Luftfahrt- oder die Reisebranche. Die Großunternehmen brauchen den Mittelstand und umgekehrt.
Auch und gerade in der Coronakrise haben viele Spitzenpolitiker das Gespräch mit unserem Verband gesucht. Ein Ergebnis war die Aufstockung der staatlichen Haftungsgarantie für KfW-Hilfskredite auf 100 Prozent. Das reicht aber nicht aus. Der Mittelstand muss künftig bei allen wichtigen wirtschaftspolitischen Entscheidungen angehört werden. Dafür werden wir uns mit aller Kraft einsetzen.
Jede Krise ist zugleich eine Chance – für den, der die richtige innere Einstellung hat. Bildlich gesprochen: Wer niemals hinfallen will, wird sein Leben lang auf dem Bauch kriechen. Daher gilt insbesondere in diesen Zeiten: Haben Sie keine Angst vor, sondern Freude auf die Herausforderungen! Dann besteht für Sie die große Chance, als Gewinner aus der Krise hervorzugehen.