14. Dez 2021
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Business
Journalist: Frank Tetzel
Operations Director Margaret Kulokhoma bei Maggie Holidays stoppt an der Tankstelle in Kitengali, ein paar Kilometer außerhalb Nairobis, der Hauptstadt Kenias. „Einmal voll bitte!“ Der Tankwart füllt den Tank des Autos, doch zum Bezahlen braucht Mrs. Kulokhoma nicht auszusteigen, wie überall in Kenia, zahlt die 45-jährige mit M-Pesa.
Alles, was sie benötigte, um am M-Pesa System teilzunehmen, war eine passende SIM-Karte und einen Ausweis. Sie bekam dann eine Nummer und ein Passwort zugewiesen. Von da ab konnte sie die Karte bei einem der M-Pesa-Agenten aufgeladen. Das können zum Beispiel Tankstellenbesitzer oder Kioskverkäufer sein. In Kenia gibt es M-Pesa-Agenten an fast jeder Straßenecke – 160.000 sind es geschätzterweise. Über 86 Prozent der erwachsenen Kenianer, also über 30 Millionen Accounts, sind in dieses System finanziell eingebunden. Das ist eine Auswirkung, die damals niemand vorhersehen konnte. Dort brauchen Margaret oder die Millionen anderer Kunden nur noch echtes Geld in virtuelles einzutauschen und schon haben sie ihr eigenes mobiles Konto.
Auch wenn die Verbreitung von Smartphones in Kenia weitverbreitet ist, benötigt man für die Nutzung dieses mobilen Zahlungssystems nicht einmal eine App, sodass auch ältere Smartphones den Service nutzen können. Mobile Geldkonten sind in den Schwellenländern nicht ohne Grund weit verbreitet.
Eine McKinsey-Studie schätzt, dass „zwei Milliarden Einzelpersonen und 200 Millionen kleine Unternehmen in den Schwellenländern heute keinen Zugang zu formellen Ersparnissen und Krediten haben.“ Die Folgen der Nichtbeteiligung an der formellen Wirtschaft sind enorm. In demselben Bericht heißt es: „[...] eine weit verbreitete Einführung und Nutzung digitaler Finanzmittel könnte das BIP aller Schwellenländer bis 2025 um sechs Prozent oder insgesamt 3,7 Billionen Dollar steigern. Dies entspricht der Erweiterung der Weltwirtschaft um eine Volkswirtschaft von der Größe Deutschlands.“
Als Tourismusunternehmerin besitzt Margaret ein eigenes Konto, aber viele ihrer Lieferanten bezahlt sie mobil. Doch auch ihre Versicherung oder die Arztrechnung begleicht sie mit Hilfe dieses Zahlungsmethode. Die Einführung von M-Pesa, reicht zurück ins Jahr 2008, also zu einer Zeit, als über Mobile Payment in Deutschland höchstens in elitären Zirkeln gefachsimpelt wurde. M-Pesa steht für Mobile – und aus dem Suaheli stammenden Begriff für Geld – Pesa.
Viele Wirtschaftsfachleute sahen im Mobiltelefon einen einfachen Weg breite Schichten an das Finanzwesen heranzuführen, vor allem auch die ländliche Bevölkerung, die bislang keinen Zugang zum Finanzsystem hatte. Mitte der 2000er Jahre waren Kenia und Uganda die ersten Länder, die mobile Zahlungen einführten.
Inzwischen wird der Markt in Subsahara für die sogenannten P2P-Zahlungen (Person to Person) nach einer Schätzung von Boston Consulting auf etwa 500 Milliarden Dollar jährlich geschätzt. Dies ermöglicht es vielen Menschen den Zugang zu vielen neuen Produkten und Dienstleistungen, darunter Energie oder Gesundheitsversorgung, hochwertige Bildungsangebote und sogar Fahrdienste wie Mitfahrgelegenheiten.