7. Dez 2020
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Business
Journalist: Frank Thelen
Auch wenn wir es lange nicht wahr-haben wollten: Corona wird uns noch länger begleiten. Zwar hatte sich unsere Wirtschaft nach der ersten Welle im Sommer kurzzeitig wieder erholt, doch der zweite Lockdown im November hat viele Unternehmen erneut vor große Herausforderungen gestellt. Auch die Start-up-Welt hat mit den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zu kämpfen. Dabei sind innovative Start-ups unsere größte Hoffnung auf eine wirtschaftlich starke Zukunft.
Man sieht es aktuell an der Autoindustrie: VW, BMW und Daimler wurden 2020 allesamt von Tesla überholt. Ich befürchte, dass das gleiche Schicksal noch einige andere große Player treffen wird, da wir uns in einer sehr schnelllebigen Zeit befinden und viele Großkonzerne nicht schnell genug auf die Veränderungen in ihrer Industrie reagieren können. Angetrieben werden diese Veränderungen oftmals von disruptiven Start-ups, die sich die Vorteile der neuen Technologien zunutze machen, zukunftsorientiert und mutig handeln und so zu den neuen Big Playern am Markt heranwachsen. Bislang kamen diese Big Player mit Google, Amazon, Apple, Tesla, Tencent, Alibaba und Baidu allesamt aus den USA oder China. Entstanden sind Unternehmen, die zum Teil einzeln mehr wert sind als alle DAX30 Unternehmen zusammen. Wenn Deutschland in Zukunft nicht wirtschaftlich irrelevant werden will, ist es entscheidend, dass auch hier mit der nächsten Welle an technologischen Innovationen wie KI, 5G, 3D-Druck und Co mindestens ein Weltmarktführer entsteht. Des-halb investiere ich mit Freigeist Capital in europäische Tech-Start-ups. Und deshalb plädiere ich immer wieder dafür, dass Deutschland seinen Fokus auf die Förderung von Innovationen und neue Technologien lenkt.
Aktuell werden Milliarden in den Erhalt von Unternehmen wie Lufthansa und Co gesteckt. Und ja, diese Unternehmen sind wichtig und es hängen viele Existenzen daran. Aber wieso fällt es uns so schwer, an anderer Stelle in unsere Zukunft zu investieren? Wir sollten aufhören, nur noch reaktiv und defensiv zu handeln und endlich wieder aktiv mitgestalten. Versprechen wie der Digitalpakt sind zwar ein guter Anfang, doch bislang ist das Geld aus diesen Töpfen nirgendwo angekommen, weil die Vergabe viel zu kompliziert geregelt ist. Unsere Regierung ist zu träge und unser System zu kompliziert für diese Ära des Wandels und der Veränderung. Auch in Hinblick auf die Pandemie haben wir nicht schnell genug reagiert. Wir hätten den Sommer nutzen sollen, um uns eine langfristige und faktenbasierte Strategie zur Eingrenzung der Infektionen zu überlegen. Stattdessen mussten wir im November erneut den Panik-Knopf drücken und die Wirtschaft runterfahren.
Wir alle durchleben gerade eine so noch nie dagewesene Situation. Wir alle stehen vor großen Herausforderungen und kritischen Entscheidungen. Doch es wird Zeit, dass wir uns eine langfristige Strategie überlegen, um möglichst unversehrt durch diese Pandemie zu kommen. Es wird Zeit, mutige Entscheidungen zu treffen, unsere Unternehmen zu digitalisieren, Innovation zu fördern und wieder zum Vorreiter für technischen Fortschritt zu werden. Wir haben das Potenzial, das Know-how, die Talente. Was und fehlt, ist die richtige Einstellung und der Mut, groß zu denken.