29. Jan 2021
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Business
Aus einem Nato-Munitionsdepot in Ostwestfalen wird eine Rennstrecke und der Marketing-Fachausdruck White Label bekommt eine neue Bedeutung.
Als der Kalte Krieg zu Ende war, wurde ein Munitionsdepot der Britischen Rheinarmee im ostwestfälischen Teutoburger Wald funktionslos. Das Gelände inmitten der Natur lag 20 Jahre lang brach, vergessen, nutzlos. Bis sich eine Gruppe Motorsport-Begeisterter zusammentat und dem Bilster Berg im Landkreis Höxter nahe Paderborn eine völlig neue Funktion gab. Sie schufen eine Rennstrecke.
Als Architekt wurde Hermann Tilke gewonnen, der bereits viele der neueren Kurse der Formel 1 gestaltet hat. Mit der Unterstützung vom mehrfachen Rallye-Weltmeister Walter Röhrl entstand ein 4,2 Kilometer langer Rundkurs, der sich an den Berg anschmiegt und somit eine besondere Topografie aufweist. Gefälle von bis zu 26 Prozent, Steigungen von 21 Prozent, insgesamt 44 Kuppen und Wannen auf 19 Kurven machen den Bilster Berg zu einer Achterbahn für Automobile.
Die 180 Motorsport-Anhänger, denen die Anlage gehört, brachten für ihren Bau rund 34 Millionen Euro auf. Sie alle sind somit Besitzer einer Test- und Präsentationsstrecke, für die keinerlei öffentliche Mittel geflossen sind.
Zum Bilster Berg gehören neben der Strecke zwei weitläufige Fahrerlager, Boxenanlagen, eine bewässerbare Dynamikfläche, ein Offroad-Parcours für Autos sowie Tagungsräume, ein exklusives Clubhaus und ein Restaurant. All dies kann vom Kunden einzeln oder im Gesamtpaket angemietet werden. Die Architektur der Gebäude ist von einer klaren Modernität und bietet freie Sicht auf die Rennstrecke, die von allem nur wenige Meter entfernt ist. So erfährt jedes Event eine besondere Motorsportatmosphäre.
Nicht nur, aber vor allem die Automobilbranche präsentiert ihre Neuheiten am Bilster Berg, führt sie im Detail vor und kann ihren Gästen dabei eine besondere Show bieten. Das funktioniert besonders gut, weil die Besitzer der Anlage einem alten Fachausdruck aus der Marketing-Expertensprache eine zusätzliche, ganz neue Bedeutung gegeben haben.
White Labelling ist schon lange Zeit gängige Praxis im Produktionsgewerbe. Ein Unternehmen stellt sein Produkt ohne Markenkennzeichnung als White Label her und verkauft es an ein anderes Unternehmen, welches dieses wiederum unter eigenem Namen weiter vertreibt. Man kennt dies zum Beispiel aus dem Einzelhandel wie im Supermarkt, beim Discounter oder in Drogeriemärkten.
Das White-Label-Prinzip am Bilster Berg legt diese Darstellung etwas anders aus. Auf der gesamten Anlage gibt es keine fest belegten Werbeflächen, keine Tafeln, Tribünen oder Banden, die dauerhaft für Produkte oder Firmen werben. Stattdessen kann jeder Mieter und Veranstalter ganz nach seinen Vorstellungen arrangieren und die zur Verfügung stehenden Flächen und Räumlichkeiten während seines Events
für seine Marke nutzen und gestalten. Zusätzlich ist das Gelände nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Folglich kann jede Gästegruppe ganz für sich und unbeobachtet bleiben. Hans-Jürgen von Glasenapp erklärt: „Nichts und niemand lenkt von ihrer Veranstaltung und Marke ab.“ Von Glasenapp ist der Bilster-Berg-Geschäftsführer und Projektentwickler. „Der Bilster Berg bietet die Kulisse für eine völlig neue Erlebniswelt – sogar für Erlkönige.“ Also, wie man im Fachjargon sagt, für noch nicht veröffentlichte Fahrzeugmodelle, die geheim getestet werden, um unerwünschte Fotografien durch Dritte zu verhindern.
Jeder einzelne Mieter kann also seine ganz eigene Markenwelt für seine spezielle Zielgruppe zum Leben erwecken. Keine Werbung für andere Marken – somit auch nicht von Konkurrenten – oder Zuschauerverkehr können davon ablenken. Der Bilster Berg ist die einzige Rennstrecke in Europa, die solche Möglichkeiten bietet.
Namhafte Automobilhersteller und auch kleinere Manufakturen nutzten dieses in Europa einmalige Setting für Kunden- und Mitarbeiterevents, Foto- und Filmaufnahmen oder als Kulisse für Fahrzeugpräsentationen mit Journalisten und Bloggern.