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14. Mai 2019

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Lifestyle

"Elitär und steif war gestern"

Journalist: Armin Fuhrer

Neue Zeiten, neue Trends: Ralf Finkenflügel, Direktor Guide Michelin Deutschland und Schweiz, über die Entwicklung der Sterne-Gastronomie.

Sterne-Restaurants gelten als gediegen, schick und vielleicht etwas steif. Trifft dieser Eindruck noch zu oder ändert sich hier etwas in Richtung mehr Lässigkeit?

Dieses Klischee ist immer noch weit verbreitet. Wir beobachten aber seit Jahren, dass der Trend tatsächlich zu mehr Lässigkeit geht. „Casual fine dining“ ist das Stichwort. Das heißt: gut essen in lockerer, ungezwungener Atmosphäre. Elitär und steif war gestern, darauf legt ein Großteil der Gäste, vor allem das jüngere Publikum, keinen Wert mehr. Viele Gastronomen haben das erkannt und ihre Konzepte entsprechend umgestellt.

Die Gastronomie ist einer ständigen Entwicklung und Veränderung ausgesetzt. Ein neuer Trend ist die Nose-to-Tail-Verwertung. Was versteht man genau darunter und warum breitet sich dieser Trend aus?

Das bedeutet, dass Tiere im Ganzen verarbeitet werden, also Muskelfleisch, Innereien, Knochen – alles. Auch ein Trend, der gleichermaßen immer mehr Befürworter unter den Gastronomen und Gästen findet. Mir hat ein Küchenchef gesagt, dass er nicht damit klarkomme, dass Tiere oft nur für bestimmte Teile gezüchtet werden. Er hielt das für respektlos und wolle das nicht weiter unterstützen. Ich finde, dass dies eine gute Entwicklung ist und man ebenso zum Beispiel aus einem Kalbschwanz ein tolles Gericht kreieren kann.         

Überhaupt spiegelt sich in der Gastronomie die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung wider. So legen viele Kunden heute immer mehr Wert auf Regionalität. Begrüßen Sie diese Entwicklung?

Da kann man sich schon die Frage stellen: Muss man wirklich ein Lamm um die halbe Welt fliegen, wenn es vor der Haustür ebenso gute Qualität gibt? Muss es wirklich Edelfisch aus überfischten Seegebieten sein, wenn es in heimischen Gewässern ebenso hervorragende Alternativen gibt? Aber regional um jeden Preis stößt aus meiner Sicht an Grenzen, wenn die regionalen Produkte eher zweitklassig sind. Da kann ich Gastronomen schon verstehen, die keine Kompromisse eingehen möchten und sich nach anderen Optionen umsehen.

Immer mehr Menschen ernähren sich vegetarisch oder vegan. Schlägt sich diese gesellschaftliche Entwicklung auch in der gehobenen Sterne-Gastronomie nieder?

Vegetarisches und veganes Essen ist auf jeden Fall ein Trend, den die Restaurants erkannt haben und berücksichtigen. Viele Menschen wollen gerne rein pflanzliche Gerichte ausprobieren, sei es aus Neugier, sei es aus dem Bewusstsein heraus, dass es nachhaltiger ist. Rein vegetarische beziehungsweise vegane Restaurants können sicher nur dort funktionieren, wo die Nachfrage ausreichend groß ist. Aber Restaurants, die sowohl Fleisch- und Fisch-Gerichte als auch vegetarisch-vegane Menüs auf gutem Niveau anbieten, finden wir immer häufiger. Und das ist auch gut so. Das ist auch in der Sterne-Gastronomie zu beobachten. Nicht nur dort eine tolle Bereicherung!

Stellt das Sterne-Köche vor neue Herausforderungen? Oder auch vor neue Möglichkeiten in Form neuer Kreationen?

Ich denke, dass die Nachfrage nach vegetarischer und veganer Küche sich noch weiter verstärken wird. Daher sehe ich das als neue Herausforderung. Die Küchenchefs werden sich sicherlich neue Kreationen einfallen lassen.

Gerade in Deutschland ist für immer mehr Menschen die Art der Ernährung auch ein Ausdruck ihrer Lebenseinstellung. Wird das auch zum Thema in der Sterne-Gastronomie?

Lebenseinstellung, Essen und Kultur bilden oft eine Einheit und bedingen einander. Und das ist sicherlich nicht nur auf Deutschland beschränkt. Wenn wir an das italienische „dolce vita“ oder das französische „savoir vivre“ denken, dann haben wir alle bestimmte Bilder vor Augen. Und vielleicht erinnern wir uns auch an das ein oder andere Gericht, welches wir mit einem solchen Lebensstil verbinden. Letztendlich reden wir von Emotionen, und die finden automatisch Eingang in die Sterne-Küche.

Wir können zu diesem interessanten Interview kein Foto von Ihnen abdrucken. Warum nicht?

Die Antwort ist ganz einfach. Ich möchte weiterhin unerkannt Restaurants testen und so behandelt werden wie jeder andere Gast.

23. Okt 2025

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Lifestyle

Wie lassen sich Gaming und Streaming und Familie unter einen Hut bringen? – mit Maria Rapp (Rehleiin), Nordmann alias Tom

![Maria Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Maria_Online_f6d06845e6.jpg) ```Maria Rapp (Rehleiin), inspiriert seit 2024 ihre Community auf Twitch und TikTok mit einer einzigartigen Kombination aus entspanntem Durcheinander und trockenem Humor``` Mir ist es wichtig, dass meine Kinder Nähe und Verlässlichkeit spüren. Deshalb kommunizieren wir klar: Die Kinder wissen, wann ich streame, bei Events springt die Familie ein. Da die Kinder 50/50 bei beiden Eltern leben, plane ich in kinderfreien Wochen meine Streams und Social Media-Inhalte. In Kinderwochen hat der Alltag Vorrang, manchmal gehe ich abends spontan live. Meine Energie teile ich bewusst ein, um für die Kinder präsent zu sein. Mein Teilzeitjob ermöglicht mir Nachmittage mit ihnen, in kinderfreien Wochen arbeite ich Vollzeit. Ich lasse Puffer für Spontanes, Content vorproduzieren hilft enorm. Die Anfangszeit war schwierig, ans Aufhören dachte ich aber nie! Hilfe anzunehmen fällt mir noch schwer, aber ich arbeite daran (lacht). Seit Juli entlastet mich ein Management bei vielen Dingen. Und Yoga hilft mir, runterzukommen. Mein Tipp für alle, Familie und Streaming zu verbinden: Setzt klare Prioritäten, plant mit Puffern, damit Stress erst gar nicht entsteht, und kommuniziert offen mit Kindern und Community. Akzeptiert, dass Familienleben Einschränkungen mit sich bringt, das ist keine Schwäche, sondern Realität. Feste Absprachen helfen, und wenn die Kinder mich während eines Streams brauchen, sorgen meine Mods dafür, dass der Stream weiterläuft und können im Notfall sogar auf meine Hardware zugreifen (was glücklicherweise noch nie vorkam). Ein gutes Netzwerk aus Familie, Freunden oder Management, die den Rücken freihalten, ist einfach wichtig. Für mich zählen Konstanz und Ehrlichkeit mehr als Perfektion. ![Tom Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Tom_Online_65e2a5d872.jpg) ```Nordmann alias Tom begeistert als Streamer und Familienvater mit seiner Community-Nähe und kreativen Gaming-Inhalten``` Ich streame meist nachts, wenn zu Hause Ruhe einkehrt – so passt es am besten zum Familienalltag. Veranstaltungen plane ich frühzeitig, und dank der Unterstützung meiner Frau, Familie und Schwiegereltern lässt sich alles gut vereinbaren. Durch mein Homeoffice bin ich flexibel und erreichbar. Mein Management übernimmt Planung, Kommunikation und Verträge, wodurch ich mehr Struktur habe und mich voll auf Community, Streams und Content konzentrieren kann. Freizeit habe ich kaum, doch viele meiner Hobbys wie Boxen, Food-Vlogs oder Familienaktivitäten fließen eh direkt in meine Arbeit ein. Oft dachte ich: „Aufhören wäre jetzt einfacher.“ Eine Pause zeigte mir jedoch, wie sehr mir das Streaming als Ausgleich und durch den Austausch mit der Community fehlt. Der Anfang war tough: über 1.000 Stunden Stream im ersten Jahr bei nur wenigen Zuschauenden. Davon konnte ich meine Familie nicht ernähren. Es ist wie im Fußball: Entweder es kommt, oder nicht. Man muss da reinwachsen. Wichtig ist aber vor allem, dass es Spaß macht, man authentisch bleibt und es den Leuten gefällt. Kommunikation ist einfach das A und O, um Familie und Streaming zu vereinbaren. Pläne offen besprechen, klare Regeln vereinbaren und die gemeinsame Zeit bewusst pflegen. Rücksicht hat oberste Priorität! Die Familie darf nie leiden. Selbstständig zu sein ist generell nie einfach und als Streamer oder Influencer in der heutigen Zeit dauerhaft relevant zu bleiben oder überhaupt eine gewisse Reichweite aufzubauen, ist nochmal eine ganz eigene Herausforderung.