10. Mär 2021
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Business
Journalist: Theo Hoffmann
Der Online-Handel boomt. Doch gute Verkaufszahlen sind nur die eine Seite der Medaille, denn Kunden können mit Retouren ein Unter-nehmen gefährlich schwächen.
Für den Online-Kunden ist es doch herrlich komfortabel. Kaffeemaschine oder Schuhe im Netz bestellen, auspacken und bei Nichtgefallen gleich wieder in den Karton stopfen und zurückschicken – kostenfrei und mit Hilfe eines vom Lieferanten per Mail geschickten Rücksendetickets. Die Händler allerdings leiden darunter beträchtlich, denn Rücksendungen können ihre Gewinne empfindlich mindern. Retouren deshalb aber einzuschränken oder gar abzulehnen, geht auf keinen Fall, denn dann wechselt der Kunde sofort den Anbieter.
Der boomende Online-Handel macht einen Umsatz von knapp 60 Milliarden Euro pro Jahr und der Erfolg steigt kontinuierlich, erst recht zu Corona-Zeiten. Wie die Forschungsgruppe Retourenmanagement der Otto-Friedrich-Universität Bamberg einmal ermittelt hat, werden in Deutschland etwa 280 Millionen Pakete und rund 490 Millionen Artikel retourniert. 56 % aller europäischen On-line-Kunden gaben laut Marktdaten von Statista zu E-Commerce & Versandhandel (B2C) an, im Jahr 2020 schon einmal Rücksendungen getätigt haben. Deutschland ist im europäischen Vergleich allerdings Spitzenreiter im Rücksenden.
Für Unternehmen stellt sich da die Frage, wie man im Umgang mit dem Phänomen Kosten vermeidet, ohne die Kundenzufriedenheit zu verletzen. Dafür sollten in erster Linie Distributionssysteme optimiert und automatisiert werden, damit im E-Commerce die Bestell- und Retourenlogistik besser flutscht. Dadurch können Retoureneingänge schneller verbucht, beurteilt, die Waren neu verpackt und wieder in den Bestand eingelagert werden. Dabei zählt ein sicheres Ablauf- und Zeitmanagement, damit nicht Waren, die noch gar nicht alle Stufen der Lagerverwaltung und Dokumentation durchlaufen haben, schon wieder in den Verkauf geraten und womöglich nicht versandfähig sind. Die Digitalisierung in der Intralogistik mit Hilfe cloudbasierter Lösungen, Blockchain-Technologie und automatisierten Lagerführungssystemen, die Fehler beim Kommissionieren vermeiden, ist dabei unerlässlich. Sonst werden vor allem kleinere Händler von den Kosten erschlagen.
Die Digitalisierung der Retourenlogistik kann zu einer Produktivitätssteigerung von mindestens 20 % führen und die Bearbeitungszeiten erheblich verkürzen. Durch die Automatisierung können Kunden-, aber auch Warendaten viel sicherer identifiziert werden. Das hat zudem Auswirkungen auf verwandte Prozesse in der Buchhaltung und der Beobachtung von Warenbewegungen. Und last but not least lassen sich auch Betrugsversuche bei Warenrücksendungen leichter entdecken.
Die Digitalisierung im Retourenmanagement sollte dabei mit digitalen Software-tools verbunden werden, die schon vor dem Verkauf als quasi intuitiver Produktberater fungieren und dabei helfen, Fehlkäufe zu vermeiden. Schließlich hilft es auch bei großen Anbietern, wenn Retouren in bestimmten Filialen erst ein-mal gesammelt und blockweise abgeholt werden, um Transportkosten zu sparen. Ist eine Rücksendung dann geprüft und zurück im Lager, wird zudem empfohlen, die Logistik mit der Finanz-IT eines Unternehmens zu verzahnen, die sofort eine automatisierte Gutschrift erstellt. Der Kunde jedenfalls wird es honorieren und bei Online-Bewertungen später kaum mit Lob sparen.