29. Sep 2022
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Wirtschaft
Journalist: Armin Fuhrer
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Foto: aymane jdidi/Pixabay
Finanzämtern behandeln Freiflächen-PV-Anlagen unter dem Aspekt der Erbschaftssteuer für Landwirte nachteilig. Daran gibt es Kritik.
Im Frühsommer gab es für Landwirte, die einen Teil ihrer landwirtschaftlichen Fläche für Agri-PV-Anlagen nutzen, eine gute Nachricht, denn Bund und Länder haben diese Landwirte steuerlich bessergestellt. Die doppelt genutzten Flächen sollen zukünftig wie landwirtschaftliches Betriebsvermögen behandelt werden und verlieren somit nicht mehr wie bisher ihre schenkungs- und erbschaftssteuerlichen Vorteile, wenn sie weitervererbt werden. Damit wurde nicht nur Rechtssicherheit für die betroffenen Landwirte geschaffen, sondern auch ein wichtiger Schritt zur Förderung der Energiewende gemacht.
Doch viele Landwirte gehen weiterhin leer aus, beziehungsweise laufen Gefahr, finanzielle Verluste zu erleiden, wenn es ans Vererben oder Schenken an die nächste Generation geht. Der Grund: PV-Freiflächenanlagen, also solche Flächen, auf denen PV-Anlagen errichtet wurden, ohne dass sie zugleich landwirtschaftlich genutzt werden, sind von dieser Verbesserung ausgeschlossen. Denn die Solarflächen gelten weiterhin rechtlich nicht als land- und forstwirtschaftliches Vermögen, sondern als Grundvermögen und werden daher deutlich höher erbschaftsbesteuert.
Mit Blick auf den Ausbau der Solarenergie ist die Regelung ebenfalls fatal. Denn sie sorgt dafür, dass im Fall einer Hofübergabe die Verpachtung der Freifläche für eine Solaranlage ziemlich teuer für den Nachfolger oder die Nachfolgerin werden kann – mit der Folge, dass viele Landwirte entweder hohen Steuerzahlen entgegensehen oder ihre Fläche lieber gar nicht erst verpachten. Während die Bundesregierung also den Ausbau der Erneuerbaren Energien einerseits mit viel Geld fördert, behindert sie ihn an anderer Stelle durch steuerrechtliche Bestimmungen.
Doch an dieser Handhabung gibt es Kritik von Experten. „Die teilweise von den Finanzämtern vorgenommene Einordnung der Flächen für PV-Anlagen in erbschaftssteuerlich nachteiliger Hinsicht scheint fragwürdig und angreifbar“, findet Ingolf Sonntag vom Landesverband für Erneuerbare Energien Sachsen e.V.
Hervorzuheben sei in diesem Zusammenhang insbesondere die sogenannte Kiesgruben-Entscheidung des Bundesfinanzhofes aus dem Jahr 2020 (Az. II R 28/18). „Sie sah beispielsweise durch die vergleichbare gewerbliche jahrzehntelange Nutzung einer Landwirtschaftsfläche mit einer Kiesgrube die Einordnung als landwirtschaftliche Fläche nicht als beeinträchtigt, wenn die Wiederherstellung als Landwirtschaftsfläche vorgesehen ist“, so Sonntag. Es wäre schwer nachvollziehbar, wenn die weniger beeinträchtigende Nutzung mit einer PV-Anlage anders behandelt würde als eine Kiesgrube. Die Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung auf den konkreten Fall muss aber schon bei Vertragsschluss sichergestellt werden, da bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Dennoch sähen das Finanzämter teilweise anders und ein Rechtsstreit vor dem Finanzgericht könne sich hinziehen. Sonntag sieht aber auch für unwillige beziehungsweise uneinsichtige Finanzämter Lösungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel die Beteiligung des Landwirtes an der Betreibergesellschaft der PV-Anlage.