22. Jun 2021
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Lifestyle
Journalist: Chan Sidki-Lundius
Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbunds e.V., über den Corona-Haustierboom, tierfreundliche Gartengestaltung und eine neue Kampagne.
Wir befürchten, dass viele Menschen unüberlegt ein Tier erstanden haben, ob aus Langeweile, Einsamkeit oder als Beschäftigungsmaßnahme für die Kinder. Die Sorge ist groß, dass diese Tiere in Tierheimen landen, wenn erste Herausforderungen auftreten oder das „normale“ Leben nach der Pandemie zurückkehrt. Von der Gier nach Welpen profitieren alle, denen es ums Geld geht. So hat der illegale Welpenhandel stark zugenommen. Die Tierheime spüren die Folgen aktuell, wenn die Mitarbeitenden alles geben, um beschlagnahmte todkranke Welpen aufzupäppeln.
Wer ein Tier aus dem Tierheim adoptiert, leistet einen aktiven Beitrag zum Tierschutz. Die Mitarbeitenden unserer Tierheime achten darauf, dass Tier und zukünftiger Halter gut zusammenpassen. Es gibt allerdings kein Anrecht darauf, ein Tier aus dem Tierheim zu „retten“. Wenn es einfach nicht passt oder kein geeignetes Tier da ist, können Interessenten auch mal leer ausgehen. Für Tierschützer steht klar das Tier an erster Stelle und dass es in ein „Für-immer-Zuhause“ zieht.
Akkurat angelegte und aufgeräumte Gärten machen es Tieren schwer, Nahrung oder einen Unterschlupf zu finden. Ein bisschen „Unordnung“ ist daher sehr förderlich für Vögel, Insekten und Igel – und ein sinnvoller Beitrag für den Tier- und Artenschutz. Eine Blumen-wiese, ein Gartenteich, eine Trocken-mauer oder Kräuterspiralen beleben den Garten zusätzlich. Nistkästen für Vögel anzubringen ist vor allem dort sinnvoll, wo Naturhöhlen fehlen. Zudem sollten Tierfreunde die Finger von Mährobotern, Laubbläsern und Laubsaugern lassen. Diese können Igeln sehr gefährlich werden.
Der Tierschutz steht zwar als Staatsziel im Grundgesetz, die Realität sieht aber anders aus. Durch massive politische Versäumnisse in den vergangenen Jahren müssen viele Tiere noch immer leiden. In der Agrarindustrie z. B. fehlt es bis heute an konkreten gesetzlichen Haltungsvorgaben für manche Tiere wie adulte Rinder oder Puten. Für andere Tierarten, etwa Schweine, sind die Vorgaben viel zu lasch. Sie leben in beengten, nicht artgemäßen Stallsystemen. Schmerzhafte Amputationen wie das Abschneiden der Ringelschwänze werden routinemäßig bei Ferkeln vorgenommen, damit die Tiere sich in der Enge nicht aus Langeweile gegenseitig die Schwänze abfressen. Wie wir zukünftig mit diesen Tieren umgehen wollen, wird auch bei der Bundestagswahl entschieden. Unter www.2021-tierschutz-wählen.de geben wir Wähler*innen Orientierung und nehmen mit einem Tierschutzcheck unter die Lupe, welche Tierschutz-Vor-haben die Parteien in den letzten Jahren umgesetzt haben – und welche Versprechen nicht eingehalten wurden.