16. Mär 2023
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Lifestyle
Journalist: Julia Butz
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Foto: Presse
„Erfahrungen weitergeben, Werte vermitteln und Vorbild sein“, Profigolfer Martin Kaymer, die einstige Nummer 1 der Golf-Welt, im Interview.
Martin Kaymer ist seit 2015 Profigolfer und gehört zu den Top-Golfern der Welt. Als erster Deutscher führte er nach Bernhard Langer eine Zeit lang die Golfweltrangliste an. Für seine Entscheidung, an der von Saudi-Arabien finanzierten LIV Golf Invitational Series teilzunehmen, erntete er viel Kritik und wurde neben anderen Spielern für die Teilnahme an der PGA- und der DP-World Tour (ehemals European) Tour gesperrt. 2022 wurde er erstmals Vater.
Herr Kaymer, Sie haben einmal gesagt: „Ich hatte eine tolle Karriere als Einzelsportler. Jetzt kommt eine zweite Karriere, die mit der Familie und als Team.“ Wie geht es Ihnen damit, ca. ein Jahr nach der Geburt Ihres Sohnes?
Jetzt als Familie zu den Trainings und Touren zu fahren ist wunderschön. Mein Sohn ist ab und an bei den Turnieren mit dabei, er ist das Reisen auch schon ein wenig gewohnt. Meine Frau ist auch Sportlerin und zeigt entsprechend viel Verständnis für die Trainings und Reisen. Dafür bin ich sehr dankbar.
Welches Turnier steht denn als Nächstes an?
Ich hatte eigentlich gehofft, beim Turnier in Mexiko dabei sein zu können, aber nach der Handgelenks-OP bin ich nun noch in Reha. Da ist also noch ein wenig Geduld gefragt. Aber ich hoffe sehr, in Arizona* dabei zu sein. Diese Zeit versuche ich aber gut zu nutzen, um rundum fit zu werden – und auch mal wieder ein bisschen was drauf zu packen (lacht).
Sie haben 2022 die erste LIV-Tour gespielt.
Ja, ich habe dort alle Turniere gespielt, konnte nur leider wegen meiner Handgelenksverletzung nicht am Finale teilnehmen.
Wie waren Ihre Erfahrungen dort?
Als ich mich für die LIV-Tour entschieden hatte, wusste ich noch nicht wirklich, was mich erwartet. Aber jetzt, nach rund einem Jahr muss ich sagen, es macht echt Spaß. Besonders gefällt mir, dass es nicht nur Einzelwertungen gibt. Ich bin als Einzelspieler und als Kapitän eines Teams mit dabei. Und genau diesen Teamgedanken habe ich beim Golfsport lange vermisst.
Ist der Slogan „Golf, but Louder“ dort wirklich Programm?
Auf jeden Fall und das im positiven Sinne: Auf der Range wird Musik gespielt, insgesamt herrscht eine tolle, lockere Stimmung. Am Abend gibt es Livekonzerte mit Größen wie Lady Gaga. Man legt bei LIV einfach Wert auf eine bestmögliche Gäste-Experience. Das zeigt sich auch bei der Spielorganisation: Alle Spieler starten gleichzeitig um 12.00 Uhr zum Shotgun, dem sog. Kanonenstart. Das bedeutet für alle mehr Tempo. Aber auch mehr Fairness – denn die Wetterbedingungen sind für alle gleich. Und die Zuschauer können alle Spieler parallel innerhalb desselben Zeitraums verfolgen. Auch der Dress-Code ist lockerer. Poloshirt und geschlossene Schuhe tragen wir nach wie vor, Hoodie und Shorts sind aber auch in Ordnung. Ich sehe es so, dass die LIV-Tour Vorreiter für eine zeitgemäße Form des Golfsports ist.
Konnten Sie denn die Kritik ein wenig nachvollziehen?
LIV-Tour-Spieler für andere Touren zu sperren, ist etwas, dass ich nicht nachvollziehen kann. Es geht doch um Zusammenarbeit, um das große Ganze. Und auch darum, Golf populärer und für jeden zugänglich zu machen. Deshalb ist es mir auch so wichtig, in Deutschland Präsenz zu zeigen. Leider hat es bei LIV noch nicht mit einem deutschen Austragungsort geklappt. Wenn wir das schaffen – und das noch in NRW – das wäre ein absoluter Traum. Jetzt warten aber alle noch mit Spannung auf das Gerichtsurteil**, ob unsere Sperrungen aufgehoben werden und wir diesen Sommer wieder bei der European Tour spielen dürfen.
Wie wichtig ist Ihnen Tradition?
Traditionen sind richtig und wichtig. Das bedeutet aber nicht, dass man nicht auch mit der Zeit gehen kann und sich neuen Strömungen und Bedürfnissen nicht öffnen darf. Golf ist für mich eine Gentleman Sportart. James Bond z. B. ist auch Gentleman – und dabei cool und nicht ewig gestrig. Ich sehe mich als Teil einer neuen Strömung und die möchte ich unterstützen – ganz im Sinne des Golfsports.
Unterstützung geben Sie auch über Ihre Stiftung.
Ja, wir sammeln über die Helianthus Stiftung Spendengelder, die wir in den unterschiedlichsten sozialen Projekten einsetzen, auch unabhängig vom Golfsport. Nah am Menschen zu sein, zu helfen und auch Teil dieses Erfolgs zu sein – wenn man diese drei Dinge verbinden kann, erzeugt das eine Wahnsinnsenergie. Energie, die anderen wiederum zugutekommt.
*LIV Golf Tucson, 17-19.3.23, The Gallery Golf Club (Arizona)
**war zum Redaktionsschluss für Ende Februar / Anfang März angekündigt