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19. Jun 2024

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Wirtschaft

Grüne Energie flexibel speichern – mit Urban Windelen

Journalist: Julia Butz

Durch den starken Zubau von Erneuerbaren Energien wird auch das Thema Speicher immer wichtiger – und attraktiver.

BVES_Urban Windelen_online.jpg Urban Windelen, Bundesgeschäftsführer des Bundesverband Energiespeicher Systeme e. V. (BVES)

„Die Speicherbranche kann man aktuell als eine der erfolgreichsten Branchen bezeichnen“, sagt Urban Windelen, Bundesgeschäftsführer des Bundesverband Energiespeicher Systeme e. V. (BVES). In den drei Marktsegmenten Privathaushalte, Systeminfrastruktur sowie Industrie & Gewerbe erzielte die Speicherbranche 2023 mit einem Umsatz von ca. 16 Mrd. € ein Wachstum von 46 % zum Vorjahr. In Privathaushalten sollen zum Ende dieses Jahres rund 2 Mio. Speichersysteme installiert sein, jährlich kommen aktuell etwa 500.000 Systeme dazu. „Rund 13 % aller Einfamilienhäuser in Deutschland haben dann bereits eine PV-Anlage mit Speichersystem. Das sind beachtliche Zahlen, vor allem wenn man sich klarmacht, wie viel weniger Strom dadurch aus dem öffentlichen Netz gezogen wird und welche Systementlastung damit verbunden ist“, sagt Urban Windelen.

Auch das Marktsegment Systeminfrastruktur hat sich in den letzten zwei Jahren enorm entwickelt, insbesondere der Bereich Großbatterien legt weiter zu. Dabei geht der Trend von Stand-Alone-Batteriespeichern hin zur Installation sog. Co-Location-Speicher*. Damit kann eine EE-Anlage flexibel auf die Stromnachfrage und Preissignale reagieren, ohne den grünen Strom, wie heute noch üblich, ungenutzt wegzuwerfen.

Von Kurzfrist- bis zu Langfristspeichern sind die unterschiedlichsten Speichertechnologien verfügbar. Supercapacitors (SC), auch Ultrakondensatoren genannt, erbringen für sehr kurze Zeit sehr viel Power, andere, wie die Vielfalt an Batterietechnologien, können über längere Zeit Leistung oder kontinuierlich viel Strom liefern. Da der Ausbau der Erneuerbaren derart positiv verläuft, wird die zeitliche Verschiebung von Energie immer wichtiger. Auch die Bundesregierung will das Thema mit der Stromspeicherstrategie stärker in die Pflicht nehmen. „Wir haben bereits 56 % Anteil an Erneuerbaren im Stromsystem – und das im ersten Winterquartal 2024. Die Energiewende geht also deutlich voran. Für den Weg in eine stabile erneuerbare Zukunft müssen wir nun dringend die zweite Stufe zünden. Und das ist der Ausbau von Flexibilität, insbesondere durch Speicher“, so Windelen.

Der wichtige Marktbereich Industrie & Gewerbe hinkt allerdings noch hinterher. Das Interesse an Dekarbonisierung und Energieeffizienz sei zwar da, mangelnde Anreize würden die Wirtschaft aber noch hemmen, die großen Potenziale zu heben. Daher sei es wichtig, langfristige stabile Rahmenbedingungen zu schaffen und Investitionen anzureizen: „Im Gegensatz etwa zum Haushaltsmarkt, braucht es für die Industrie maßgeschneiderte Speichersysteme, die individuell konfektioniert sind und mir dann Energie liefern, wann und wie ich sie in meinem Betrieb brauche. Gerade in diesem Markt liegt damit eine große Wertschöpfung und Chance für die deutsche Speicherindustrie. Hier ist technologische Exzellenz und deutsche Ingenieursexpertise gefragt, lokaler Support und Ansprechpartner vor Ort.“

*Batterien neben einem großen PV- oder Wind-Park.

Interessanter Fakt:

Da sich Energieangebot und -nachfrage nicht dauerhaft im Gleichgewicht befinden und Sonne und Wind nicht steuerbar sind, muss ein Überschussangebot für Zeiten erhöhter Nachfrage zwischengespeichert werden. Dem Stromsystem wird so die notwendige Flexibilität für eine konstante Netzspannung bereitgestellt.

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.