22. Sep 2022
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Lifestyle
Journalist: Theo Hoffmann
Wir sind in der Lage, bis zu 400.000 Töne zu unterscheiden und können auf Anhieb bestimmen, aus welcher Richtung sie kommen.
Es fängt ja schon damit an, dass man im engsten Familienumfeld gesagt bekommt: „Du musst ja nicht so schreien, wir verstehen dich auch so.“ Dann ertappt man sich dabei, den Fernseher so laut aufzudrehen, dass die Nachbarn unter einem mit dem Besenstiel an die Decke klopfen. Was man im Ernstfall vielleicht gar nicht hört, bis irgendwann einer von ihnen an der Wohnungstür klingelt. Viele Menschen scheuen den Weg zum HNO-Arzt oder ein Fachgeschäft, um ihre Hörfähigkeit professionell testen zu lassen. Sie empfinden einen Hörschaden als vermeintlichen Makel und wollen kein Hörgerät tragen, das beim heutigen Stand der Technik so gut versteckt werden kann, dass es ein Unwissender von außen kaum mehr wahrnimmt.
Mit dem Alter nimmt die Diagnose Schwerhörigkeit dramatisch zu. Rund 84 % der über 60-Jährigen leidet an leichter bis starker Schwerhörigkeit. Bei den 41- bis 60-Jährigen sind circa 56 % betroffen, aber auch in der Altersklasse von 20 bis 40 Jahren leidet ungefähr ein Viertel an Schwerhörigkeit. Man geht davon aus, dass zehn Millionen Deutsche schwer hören, wobei man dabei natürlich auch immer den Grad der Hörbehinderungen beachten muss. Wenn man flüsternde Gespräche, einen tropfenden Wasserhahn im vielleicht entfernteren Bad oder das Schlurfen anderer Menschen auf Fuß- oder Teppichböden nicht mehr verlässlich wahrnimmt, kann man bereits als leicht schwerhörig gelten. In der Maßeinheit ausgedrückt, die bei Hörtests angewendet wird, sind das akustische Ereignisse, die leiser als 25 Dezibel sind. Davon können wie gesagt nicht nur ältere Menschen betroffen sein, sondern auch jüngere, die entweder in Berufen arbeiten, bei denen das Gehör stark belastet wird oder mit dem Kopfhörer Musik bis zur Schmerzgrenze aufgedreht zu hören gewohnt sind.
Aber man ist bestimmt nicht immer selber schuld, wenn das Gehör nachlässt, denn das ist schließlich ein ganz natürlicher Vorgang. Besonders wenn man das 30. Lebensjahr überschritten hat, verliert unser menschliches Hörvermögen kontinuierlich an Form. Davon sind meist beide Ohren seitengleich betroffen. Es gibt aber eben auch viele Fälle, wo eine sinkende Hörleistung auf dem einen Ohr stärker ist als auf dem anderen.
Man darf bei alldem nicht vergessen, dass wir unsere Ohren genauso abnutzen wie unsere Füße, unsere Sehkraft oder unser Knochengerüst. Wer lebt, leidet eben auch unter Verschleißerscheinungen. Beim Hören betrifft das vor allem die Haarsinneszellen des Innenohrs. Streng genommen ist es gar nicht korrekt, von einer Altersschwerhörigkeit zu sprechen, wir sollten das Phänomen eher als „Abnutzungsschwerhörigkeit“ bezeichnen. Und wir müssen wissen, dass wir mitverantwortlich dafür sind, wie schnell diese Abnutzung sich negativ auf unser Hören auswirkt. Einflüsse wie starkes Rauchen, übermäßiges Essen und Übergewicht oder die Einnahme bestimmter Medikamente können auch unser Hörvermögen beeinflussen. Dazu kommt wie auch bei vielen Krankheiten eine familiäre Veranlagung.
Sich bei Problemen mit der Hörfähigkeit für ein Hörgerät zu entscheiden, ist aus Sicherheitsgründen etwa beim Autofahren, aber auch zu Fuß beim Überqueren von Straßen schlichtweg unverzichtbar. Es ist aber auch ein Mittel, um Lebensqualität wieder zurückzugewinnen.