4. Mär 2022
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Business
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Foto: Simone M.Neumann, Burkhard Kaufhold/unsplash
Dr. Christine Averbeck, Geschäftsführende Vorständin der Klima-Allianz Deutschland e.V., über das Öl der Zukunft.
Dr. Christiane Averbeck, Vorstand der Klima Allianz Deutschland
Grüner, grauer, blauer und türkisfarbener Wasserstoff – welcher eignet sich als Ergänzung zu alternativen erneuerbaren Energien?
Wirklich nachhaltig und klimaschonend ist nur grüner Wasserstoff. Wird Wasserstoff aus Methan gewonnen, wie es bei den anderen genannten Verfahren der Fall ist, sind die Vorkettenemissionen zu berücksichtigen, also das Gas, welches bei Förderung und Transport entweicht. Methan erhitzt die Erdatmosphäre um ein Vielfaches mehr als Kohlendioxid, weswegen diese Emissionen besonders schädlich sind. Hinzu kommt bei blauem Wasserstoff, dass mindestens zehn Prozent des bei seiner Produktion anfallenden Kohlendioxids technisch nicht aufgefangen werden kann. Zudem werden die begrenzten Kapazitäten für die Speicherung von Kohlendioxid dringend gebraucht, um nicht vermeidbare Emissionen aus anderen Quellen aufzufangen.
Grüner Wasserstoff wird als das Öl der Zukunft gehandelt. Wie wird er erzeugt, wie transportiert, wie gespeichert?
Echt nachhaltiger und grüner Wasserstoff wird hergestellt, wenn genug Strom aus erneuerbaren Energien vorhanden ist. Es ist sinnvoll, den überschüssigen Strom als Wasserstoff zu speichern. Wenn für die Wasserstoffproduktion Kohlekraftwerke laufen müssten, wäre das natürlich nicht nachhaltig. Für seinen Transport auf dem Landweg und die Speicherung von Wasserstoff ist eine integrierte Energienetzplanung erforderlich. Das heißt, genau zu schauen, wo Erdgas-Infrastruktur umgenutzt werden kann und wo neue Wasserstoff-Pipelines und -speicher gebraucht werden.
Wie realistisch sind Kooperationen mit den Ländern Australien, Südafrika, Westafrika zur Deckung des deutschen Bedarfs an grünem Wasserstoff?
Solche Partnerschaften sind durchaus realistisch und auch wünschenswert. Allerdings steht die Energiewende in den genannten Weltregionen noch am Anfang. Damit Wasserstoffimporte wirklich nachhaltig zum Klimaschutz beitragen, darf der Aufbau von Elektrolyseleistung im Ausland weder die dortige Energiewende verschleppen noch Landnutzungskonflikte oder Wasserknappheit provozieren. Der Nationale Wasserstoffrat hat hierzu Nachhaltigkeitskriterien entwickelt. Sie müssen bei der Planung und Finanzierung von Wasserstoffprojekten im Ausland beherzigt werden. Dazu kommt: Es gibt noch keine wirklich effiziente und ausgereifte Methode, den Wasserstoff über weite Strecken zu transportieren. Hier ist noch viel Entwicklungsarbeit nötig.
Elektroauto versus Wasserstoffauto: Sehen Sie für letzteres eine Zukunft?
Nein. PKW mit Wasserstoffantrieb sind ineffizient und teuer. Es liegt viel näher, die Reichweite von batteriebetriebenen Elektroautos durch kluges Karosseriedesign, vernünftige Motorleistung, Energieeffizienz und die stetige Verbesserung der Batterien zu erweitern, als auf Brennstoffzellenfahrzeuge zu setzen. Die sind nur für wenige Menschen erschwinglich und benötigen zudem eine völlig neue Tank-Infrastruktur.
Kann grüner Wasserstoff zu einer klimaneutralen Stahlproduktion beitragen?
Ja, wir sehen dies als eines der wichtigsten Einsatzfelder für Wasserstoff. In der Stahlindustrie stehen in den nächsten Jahren große Investitionen in neue Anlagen an. Dieses Zeitfenster muss für die Umstellung auf klimaneutrale Produktion genutzt werden. Den Bedarf an grünem Wasserstoff hierfür sicher zu decken, muss Priorität vor anderen Anwendungen bekommen.