3. Apr 2021
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Lifestyle
Journalist: Katja Deutsch
Alex Morgan, Chief Markets & Global Engagement Officer der Rainforest Alliance, erklärt, was allein ein zertifiziertes Produktsiegel bewirken kann, um die Welt zu verändern.
1987 gegründet, war es Anfang der 90er Jahre, als auf Forstprodukten und Bananen das grüne Siegel mit dem Frosch der Rainforest Alliance zum ersten Mal erschien. Seitdem arbeitet die internationale Organisation daran, sowohl Kleinbauern als auch Unternehmen aus der Forst- und Landwirtschaft von den Vorteilen zertifizierter Produkte zu überzeugen. Für die Kleinbauern bringt ein solches Siegel bessere Arbeitsbedingungen, mehr Sicherheit, bessere Bildung für sich und ihre Kinder und ein regelmäßiges, verbessertes Einkommen. Für Lebensmittelkonzerne und -händler bedeutet die Zertifizierung, dass qualitativ hochwertige Rohstoffe eingesetzt werden, die auf nachhaltigere und umweltfreundlichere Weise angebaut wurden, während gleichzeitig die Rechte der Landbevölkerung gefördert und ihre Lebensbedingungen verbessert werden.
„Damals konnte kaum jemand etwas mit dem Begriff Nachhaltigkeit anfangen“, sagt Alex Morgan, Chief Markets & Global Engagement Officer bei der Rainforest Alliance. Es ist früher Vormittag in seinem Haus in South Carolina, als wir uns per Videoanruf über die Entwicklungen und Veränderungen bei der Rainforest Alliance unterhalten. „In den ersten Jahren unserer Gründung ging es vorrangig darum, zu erklären, wie unser Programm der Umwelt und den Menschen hilft und wie man gerade durch das Engagement der Farmer für mehr Nachhaltigkeit einen Marktvorteil erzielen kann.“
Rainforest Alliance arbeitet an der Schnittstelle von Wirtschaft, Land- und Forstwirtschaft. „Durch unser Zertifizierungsprogramm können wir ganze Regionen, die für die Klimastabilität entscheidend sind, positiv verändern.“
In der Zwischenzeit hat sich die gesamte Weltwirtschaft dramatisch verändert: Nachhaltigkeit ist zu einem Schlüsselkonzept in Investmentportfolios und großen Unternehmen geworden. Seit dem Zusammenschluss mit UTZ vor drei Jahren hat die Organisation mit vereinten Kräften Strategien zur Bekämpfung von Abholzung, Klimawandel, Verlust der Artenvielfalt, systemischer Armut und sozialer Ungerechtigkeit umgesetzt.
„Wir setzen auf ein Rückverfolgbarkeitssystem, eine Chain of Custody und den Fokus auf verbesserte Transparenz und gemeinsame Verantwortung“, sagt Alex Morgan. „Unser neuer Standard macht sehr deutlich, dass wir viel mehr wollen, als Farmen zu zertifizieren. Wir wollen sicherstellen, dass die Verantwortung für das jeweilige Produkt auch von Unternehmen, Marken und Händlern übernommen wird.“ Deshalb basiert das neue Konzept auf der Idee der „geteilten Verantwortung“. Alle an der Lieferkette Beteiligten sollen ihr Handeln kritisch hinterfragen und die Nachhaltigkeit entscheidend vorantreiben.
Dies verbessere nicht nur grundsätzlich die Lieferkette, sondern führe auch zu mehr Transparenz bei den finanziellen Aspekten, verbinde also zwei Schlüsselkonzepte. „Um als nachhaltige Lieferkette lebensfähig zu bleiben, bedarf es der aktiven Beteiligung aller Mitglieder, nicht nur der Farmen und der Marken.“
Jeder, der ein von der Rainforest Alliance zertifiziertes Produkt kauft, trägt dazu bei, die Artenvielfalt zu erhalten und die Abholzung von Wäldern zu verhindern. Viele zertifizierte Farmen pflanzen inzwischen Puffer: Büsche zwischen Bächen und Flüssen, um Häuser und Farmen oder am Feldrand. All dies dient der Artenvielfalt und verhindert die Erosion von fruchtbarem Boden.
Der ebenso wichtige Aspekt der sozialen Nachhaltigkeit bezieht sich vor allem auf Kinderarbeit. „Kinderarbeit und andere Missstände verschwinden nicht einfach, indem man ja oder nein sagt, und das Siegel vergibt oder eben nicht", sagt Alex Morgan. „Unser neues Modell heißt ‚assess and address‘. Es schafft Anreize für die Landwirte, die Ursache von Kinderarbeit zu bekämpfen, anstatt sie zu vertuschen. Dazu wir haben einen Beschwerdemechanismus eingerichtet, mit dem mögliche Fälle von Missständen identifiziert und sofort behoben werden können." Von großer Bedeutung sind auch die Fragen, wie die Farmer und ihre Arbeiter geschult und vor Verletzungen bei gefährlichen Arbeiten geschützt werden können.
Kakao, Kaffee, Tee und Bananen sind am häufigsten von der Rainforest Alliance zertifiziert, aber auch Landwirte, die Obst und Gemüse, Haselnüsse, Kräuter, Gewürze und Palmöl anbauen oder in der Forstwirtschaft tätig sind, sind Mitglieder der Organisation. „Mit vielen Regierungen auf der ganzen Welt arbeiten wir hervorragend zusammen, mit anderen ist es bekanntermaßen schwieriger. Aber es sind nicht nur die Regierungen, sondern jeder Einzelne muss sich bewusst machen, was er tun kann, um unseren Planeten zu retten. Der Kauf von nachhaltiger produzierten Produkten oder die Entscheidung, in unserem täglichen Leben weniger zu verschwenden und nur das zu kaufen, was wir brauchen, macht einen großen Unterschied. Meine Hoffnung ist, dass jeder die existenzielle Bedrohung des Klimawandels versteht und seinen Teil beiträgt, ihn zu bekämpfen.“