22. Mär 2022
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Business
Journalist: Armin Fuhrer
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Foto: Pickawood/unsplash
Der Onlinehandel ist in den Jahren 2020/21 rasant gestiegen. Die Entwicklung scheint unumkehrbar, bietet aber auch Chancen für den stationären Handel.
Dass der Onlinehandel seit Jahren große Wachstumsraten verbuchte und seinen Anteil am gesamten Handelsaufkommen kontinuierlich vergrößerte, war schon klar, bevor Corona das Wirtschaftsleben stark beeinflusste. Doch seit dem Ausbruch der Pandemie hat diese Entwicklung nochmals einen mächtigen Schub bekommen. Das ergab eine Untersuchung der Zahlen des Statistischen Bundesamtes durch das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) vom November des vergangenen Jahres. In den Jahren 2016 bis 2019 wuchs der Versand- und Internethandel in Deutschland jährlich um rund 9,5 Prozent. War das bereits eine ordentliche Steigerung, so lesen sich die Zahlen für die beiden Pandemiejahre geradezu atemberaubend. 2020 lag der Anstieg bei 25,5 Prozent, für die ersten neun Monate 2021 errechnete das IW einen Anstieg um 19,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das bedeutet für 2020 einen Umsatz von 99,4 und für 2021 von rund 118,5 Milliarden Euro.
Die Zahlen belegen, dass viele Konsumenten in Deutschland am heimischen Laptop oder am Smartphone einkauften, als die Geschäfte wegen des Lockdowns schließen mussten. Und vielen erschien das Einkaufen von zuhause aus offenbar auch sicherer, als der Einzelhandel wieder geöffnet hatte, die Infektionszahlen aber hoch waren. Denn obwohl die steigenden Zahlen aus den Jahren vor der Pandemie auf eine wachsende Attraktivität des E-Commerce hinweisen, ist anders der große Schub während der Corona-Zeit nicht erklärbar.
Sowohl 2016 bis 2019 als auch vor allem 2020/21 lagen die Wachstumsraten des Onlinehandels deutlich über denen des gesamten Einzelhandels. In der Folge stieg auch der Anteil des E-Commerce am gesamten Einzelhandel. Betrug er 2015 noch 9,1 und 2019 rund 13,3 Prozent, so waren es 2020 bereits fast 16 Prozent. 2021 dürfte er auf etwa 18 Prozent geklettert sein. In anderen Worten: Im vergangenen Jahr wurde fast jeder fünfte Euro, der im Einzelhandel umgesetzt wurde, über das Internet ausgegeben.
Nach Einschätzung des IW ist diese Entwicklung nur zu einem Teil umkehrbar. Denn die Pandemie hat für einen Gewöhnungseffekt bei den Kunden gesorgt. Haben sie erst einmal ein Konto bei einem Onlinehändler eröffnet und die App heruntergeladen, bleiben sie diesem neuen Anbieter auch treu, bestellen dort weiterhin Ware und gehen somit weniger in die Geschäfte. Daher dürfte der E-Commerce auch in den kommenden Jahren mit großen Steigerungsraten rechnen können.
Für die Innenstädte ist das keine günstige Aussicht, denn sie drohen durch ein Absterben von Einzelhandelsgeschäften, die mit der zunehmenden Konkurrenz durch den Onlinehandel nicht mehr mithalten können, an Attraktivität zu verlieren. Weniger attraktive Innenstädte aber locken weniger Kundinnen und Kunden an, die lieber gleich im Internet ihre Ware bestellen. Einzelhändler müssen deshalb aber nicht zwangsläufig den Kopf in den Sand stecken, denn viele haben durchaus die Möglichkeit, ihren eigenen E-Commerce auf- oder auszubauen und gleichzeitig ihre Geschäfte offenzuhalten. Für diejenigen, die sich dieser Entwicklung verschließen oder nicht mitmachen können, dürfte es aber in vielen Branchen schwierig werden.