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30. Mär 2022

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Gesellschaft

Mehr Selbstbestimmung für den Erblasser

Journalist: Jakob Bratsch

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Foto: Aaron Burden/unsplash

Mit dem revidierten Erbrecht werden die Pflichtteile reduziert. Dadurch kann mindestens über die Hälfte des gesetzlichen Anspruchs bestimmt werden.

Das revidierte Erbrecht tritt ohne Übergangsfrist für alle Todesfälle ab dem 1. Januar 2023 in Kraft. Ein zentrales Anliegen der revidierten Regelungen ist die grössere Selbstbestimmung des Erblassers, wodurch sich neue Gestaltungsmöglichkeiten und eine grössere Flexibilität in der Nachlassplanung ergeben, welche speziell für Patchwork-Familien, Konkubinatspaare und Familienunternehmen interessant sind.

Beim Pflichtteil spricht man von dem Teil des Nachlasses, der gewissen Erben wie Nachkommen und Ehegatten zwingend zusteht. Oft besteht der Wunsch bei Ehegatten oder Lebenspartnern, sich gegenseitig in einem Testament oder Erbvertrag bestmöglich zu begünstigen. Dabei müssen sie aber stets den gesetzlichen Mindesterbanspruch – die Pflichtteile – der Nachkommen oder Eltern beachten.

Im Zentrum der Revision steht daher die Reduktion dieser Pflichtteile. Der Pflichtteil der Nachkommen beträgt neu nur noch die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs statt wie bisher drei Viertel. Der Pflichtteil der Eltern entfällt gänzlich. Der Pflichtteil der Ehegatten beziehungsweise eingetragenen Partner bleibt unverändert bei der Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs.

Durch die Reduktion der Pflichtteile kann bei entsprechender Nachlassplanung zukünftig mindestens über die Hälfte des Nachlasses frei verfügt werden. So können zum Beispiel der Konkubinatspartner, Patenkinder und Stiefkinder in Patchworkfamilien freier begünstigt werden. Wichtig ist die Unterscheidung, dass durch die Erbrechtsrevision zwar der Pflichtteil der Eltern abgeschafft wird, der gesetzliche Erbanspruch der Eltern beziehungsweise des elterlichen Familienstammes von ein Viertel des Nachlasses hingegen unverändert bestehen bleibt.

Nach der heutigen Rechtslage dürfen die Vertragsparteien eines Erbvertrages zu Lebzeiten grundsätzlich weiterhin frei über ihr Vermögen verfügen und Schenkungen vornehmen. Mit Inkrafttreten des revidierten Erbrechts wandelt sich diese grundsätzliche Schenkungsfreiheit zu einem faktischen Schenkungsverbot, zumal die Verfügungsfreiheit über das Vermögen nach Abschluss eines Erbvertrags stark eingeschränkt wird. Neu können letztwillige Verfügungen und lebzeitige Schenkungen (Ausnahme: Gelegenheitsgeschenke) grundsätzlich immer angefochten werden, wenn sie mit den Verpflichtungen aus einem Erbvertrag nicht vereinbar sind und im Erbvertrag nicht vorbehalten wurden.

Beim Abschluss eines Erbvertrages ist somit künftig darauf zu achten, dass klar geregelt wird, ob und inwieweit die Vertragsparteien lebzeitige Schenkungen vornehmen dürfen. «Auch sollten bestehende Erbverträge diesbezüglich überprüft und – falls notwendig – angepasst werden. Grundsätzlich ist zu empfehlen, die bestehenden letztwilligen Verfügungen (Testament, Erbvertrag) zu überprüfen, ob diese nach Inkrafttreten der Revision noch dem (letzten) Willen der Verfügenden entspricht», raten die Fachanwälte für Erbrecht Andreas Felder und Felix Reichle.

23. Okt 2025

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Gesellschaft

„Bewusst Anlegen!“ – Ein Beitrag von Margarethe Honisch, Gründerin der Finanzplattform Fortunalista, Speakerin, Spiegel-Bestseller-Autorin und Finanzkomlumnistin

Die deutsche Anlagekultur könnte kaum vielfältiger sein. Während die Frage nach finanzieller Vorsorge drängender wird als je zuvor, klaffen die Herangehensweisen der Generationen weit auseinander. Generation Z zeigt sich offen, neugierig und digital. Sie informiert sich auf Social Media, tauscht sich auf Plattformen aus und wagt mutig erste Schritte in Richtung Investments, allerdings oft spontan und ohne langfristige Strategie. Die Boomer-Generation hingegen bleibt zögerlich. Viele scheuen das Risiko, vertrauen weiterhin auf altbewährte Sparmodelle oder haben Berührungsängste mit modernen Finanzthemen. Was jetzt zählt, ist ein neues, generationenübergreifendes Money Mindset. Ein Mindset, das nicht nur den Weg zur bewussten Geldanlage ebnet, sondern das Investieren selbst zur Normalität macht. Gerade junge Menschen zeigen dabei, dass Interessen und Hobbys auch ein Schlüssel zu klugen Investitionen sein können. E-Sports und Gaming sind längst keine Randerscheinung mehr, sondern ein globaler Wachstumsmarkt. Wer ohnehin Zeit mit Spielen, Streams oder Turnieren verbringt, kennt die großen Player, die Trends und die Dynamik. Dieses Wissen lässt sich nutzen, um bewusst zu investieren: Welche Hersteller haben die Marktmacht? Wo entwickelt sich der Markt hin? Wer hier reflektiert Entscheidungen trifft, verbindet Freizeit mit Vermögensaufbau und zeigt, dass Investieren dort beginnt, wo man sich auskennt. >Finanzielle Bildung darf kein Luxus sein und Geldanlage kein Thema für wenige Insider bleiben. Es braucht transparente Informationen, Aufklärung und den offenen Dialog, um Investieren für alle zugänglich zu machen. Doch das ist nur ein Beispiel. Die Realität ist: Finanzielle Bildung darf kein Luxus sein und Geldanlage kein Thema für wenige Insider bleiben. Es braucht transparente Informationen, Aufklärung und den offenen Dialog, um Investieren für alle zugänglich zu machen. Denn nur wer lernt, mit Geld reflektiert und strategisch umzugehen, kann echte finanzielle Unabhängigkeit erreichen – bewusst, nachhaltig und generationenübergreifend. Genau gilt es, Wissen zu teilen, Ängste abzubauen und Mut zu machen, den ersten Schritt zu gehen. Denn finanzielle Unabhängigkeit ist kein unerreichbares Ideal, sondern das Ergebnis vieler kleiner, bewusster Entscheidungen. Jede und jeder kann lernen, Verantwortung zu übernehmen für die eigene Zukunft und für die Gestaltung einer neuen, offenen Anlagekultur. Finanzen dürfen kein Tabuthema mehr sein. Wer heute beginnt, bewusst anzulegen, verändert nicht nur das eigene Leben, sondern auch die Perspektiven der nächsten Generation.