18. Dez 2019
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Business
Journalist: Katja Deutsch
Wie schafft man es, hintereinander problemlos Biologie, Chemie und Wirtschaftswissenschaften zu studieren und das jeweilige Fach mit Master abzuschließen oder darin sogar seinen Doktor zu machen? „Ganz einfach: Ich habe jeden Tag mal eben 30 Stunden mehr!“ schmunzelt Dr. Carsten Mahrenholz. „Nach meinem Biologiestudium habe ich den Doktor in Chemie gemacht und während der Arbeitszeit dazu noch einen Master in Wirtschaft daraufgesetzt. Zugegeben, ich bin ein großer Freund davon, für etwas eine Leidenschaft zu entwickeln!"
Diese Leidenschaft brachte neben großer „Sympathie für Systeme“ ein besonders ausgeprägtes Verständnis der Naturwissenschaften mit sich, was sich heute auszahlt. Nach dem letzten Studium arbeitete der Dreifachabsolvent erst einmal in der Unternehmensberatung, in der so seltenen Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Denn im Gegensatz zu den USA sind diese beiden Welten hierzulande strikt getrennt: Die Wissenschaftler forschen im stillen Kämmerlein und sind vor allem an Erkenntnisgewinn interessiert und die Kaufleute möchten Umsatz und Rendite generieren und eine Anwendung sehen.
Ein Auftrag der Leibnitzgesellschaft führte Dr. Mahrenholz nach Greifswald, wo er schließlich gebeten wurde, Geschäftsführer eines Technologieunternehmens zu werden, das zu Plasma forschte – mit großartiger Technologie, aber noch ausbaufähiges Potenzial in der Anwendung. „So endete ich auf einmal in der Plasmaphysik“, lacht Dr. Mahrenholz. Was in jahrelanger Forschungsarbeit erforscht worden war, nämlich die herausragende Wirkung von Plasmakomponenten auf die Wundheilung, soll nun nicht nur als Randnotiz in der Forschung bekannt werden, sondern auch den rund vier Millionen Patienten allein in Deutschland mit schmerzenden, chronischen Wunden zugutekommen. Flugs wurde ein Forschungsauftrag finanziert und eine Arbeitsgruppe initiiert.
Dr. Mahrenholz hat mit seinem Team am INP Greifwald in nur 18 Monaten den Prototypen eines Geräts entwickelt, mit dem kaltes Plasma als Wundauflage sicher und unkompliziert an die Wunde gelangen kann. Denn das eigentlich unfassbar heiße Plasma kann in kalter Form, als Cocktail aus Ionen, Radikalen und freien Elektronen diese chronischen Wunden innerhalb weniger Wochen verschließen und ist dabei imstande, multiresistente Keime zu zerstören. Das blau schimmernde Plasma ist einfach anzuwenden und schmerzfrei für den Patienten.
Anfangs war das Team noch am Forschungshaus angegliedert, doch bald überwog der Wunsch nach Autarkie und Dr. Mahrenholz gründete die Coldplasmatech GmbH. Die ersten großen Investoren sprangen auf und unterstützen jetzt das vielversprechende Startup.
„Wir machen etwas sehr Großes, sehr Neues – dass wir so unterstützt werden, freut uns sehr und zeugt von großem Vertrauen!“ Denn Startups seien schließlich auch Geburtsstätten neuer Unternehmen, sollten viel ausprobieren und dürften auch scheitern. Ein falscher Weg ist aber in jedem Fall besser als gar kein Weg und wer immer nur auf Nummer sicher geht, wird nie Erfolg haben.
„Auch bei uns funktioniert nicht immer alles, aber wir haben immer einen Plan B, auf den wir zurückgreifen können. Wir gehen davon aus, dass unsere Plasma-Wundauflagen in wenigen Jahren ähnlich wie Laser und Röntgen zum medizinischen Standard gehören werden.“