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27. Sep 2019

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Lifestyle

Revoluzzer mit Biss

Journalist: Kirsten Schwieger

Mit nachhaltigen Projekten und Produktentwicklungen will Spitzenkoch Stefan Marquard Gastronomie und Gesundheitssystem fit für die Zukunft machen.

Was macht ein Sternekoch ohne Restaurant? Er revolutioniert die Gastronomie – zumindest, wenn er Stefan Marquard heißt. Denn nichts Geringeres hat sich der aus TV bekannte Spitzenkoch quasi auf seine Kochlöffel geschrieben. Mit seiner 2014 gegründeten „Stefan Marquard Akademie“ propagiert der Unterfranke ein radikales Umdenken in der Gastronomie, denn „wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.“ In seinen Seminaren verklickert der Berater und Showkoch heute ehemaligen Kollegen, Gastronomen, Unternehmern und Kochbegeisterten Themen wie Nachhaltigkeit, Führung und bewusste Ernährung. Allesamt Zutaten, die darüber bestimmen, wer in dieser Branche zukünftig erfolgreich sein wird.

Dabei hat Marquard es mit seiner Zunft nicht immer leicht, „denn Köche sind kleine Diven“, verrät er. „Aber wenn ich denen in meinen Seminaren zeige, wie sich mit meiner Garmethode 25 Prozent an Einkauf, 30 Prozent Energie und 50 Prozent an Nutzwasser einsparen lassen, dann staunen die Bauklötze.“ Dabei sind diese wirtschaftlichen Effizienzsteigerungen, inklusive deutlich reduzierter Arbeitszeit, eigentlich nur positive Nebenprodukte. Denn ursprünglich ging es dem innovativen Spitzenkoch um die Geschmackssteigerung, der von ihm verwendeten Lebensmittel. Um Fleisch, Fisch und Gemüse ein Höchstmaß an Geschmack heraus zu kitzeln, wendet Marquard das von ihm entwickelte Prinzip der Aktivierung an. Eine Marinade aus fünf Teilen Salz und einem Teil Zucker verkürzt aber nicht nur die Garzeit elementar, sondern bewirkt gut wie keine Gewichtsverluste – dafür ein Maximum an Geschmack. „Nachhaltiger und gesünder geht’s nicht!“

Auch zum Thema Vollverwertung hat der gelernte Metzger viele Ansätze, welche allesamt das Handwerk in den Vordergrund stellen. So macht er aus einem Hühnchen sechs Hauptgang-Portionen, plus Suppen. Das schmeckt stark nach größerer Wertschöpfung und geringeren Entsorgungskosten. Und seine Zerlegetechnik ist zehn Mal schneller als die von Köchen, die Fleisch komplett zerschneiden. Auch in Sachen Führung propagiert der begnadete Menschenfreund ein Umdenken: „Choleriker in der Küche funktioniert heute nicht mehr. Wir müssen lernen, die Generation Z zu verstehen, müssen ihr zuhören, um zu verstehen, was die brauchen. Denn die wollen Life-Balance, wollen Nachhaltigkeit. Und wir brauchen diese Leute!“

Doch nicht nur die Gastronomie profitiert von Marquards Expertise – auch das Kantinenwesen, insbesondere von Schulen und Kitas. So tourt der einstige Restaurantbesitzer seit 2015 mit dem Präventions-Projekt „Sterneküche macht Schule“ durch die Mensen der Republik. Die Gemeinschaftsaktion mit der Knappschaft, Deutschlands größter Krankenkasse, hat sich zum Ziel gesetzt, das Kantinenessen zu verbessern und Schülern Lust am Kochen zu vermitteln. Dazu kocht der Sternekoch mit Schülern und Kantinenpersonal leckere und gesunde Gerichte. „Schüler haben Bock auf lecker. Gesund ist selbstverständlich. Wir haben es teilweise geschafft, die Mengen der ausgegebenen Portionen zu verdoppeln“, berichtet Marquard stolz. So macht er zum Beispiel leckere Burger, dessen „Mogelpackungs“-Buletten einen 50-prozentigen Gemüseanteil aufweisen. Dazu ein Dinkel-Haferbrötchen mit Flohsamen und selbst gemachtem Ketchup. Klingt klasse, aber ist das auch bezahlbar? „Absolut, damit bleibe ich noch unter dem vorhandenen Budget“, beteuert Marquard. Denn das Küchenpersonal wird zusätzlich geschult, wie neben Kochmethoden und Küchenabläufen auch Einkauf und Lagerung wirtschaftlich umgestellt werden.

Die Schüler werden dabei als gleichwertiges Teammitglied behandelt und in sämtliche Prozesse eingebunden. Als Agenten gesunder Ernährung tragen die Kids das Gelernte dann nach Hause. Außerdem kämpft Marquard für ein bundesweit einheitliches Schulfach „Ernährung und Bewegung“. „10 bis 15 Minuten täglich reichen schon. Ansonsten sind die Krankenkassen in zwanzig, dreißig Jahren schlicht pleite, weil die Spätfolgen unserer heutigen Ernährung die Kosten explodieren lassen“, prognostiziert der Vater zweier Söhne, die beide kochen können. Und: „Die Industrie muss umdenken: weniger Fast Food und den irren Fleischkonsum reduzieren. Dafür müssen alle an einen Tisch kommen: Politik, IKK, Verbände, Berufsgenossenschaften und die Gastronomen. Wir müssen Geschichte neu schreiben!“ Stefan Marquard ist bereit. Und bis dahin entwickelt er wie ein Weltmeister. Weitere Mogelpackungen und das perfekte Pausenbrot sind schon in der Pipeline.

11. Jul 2025

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Gesundheit

Wo demenzkranke Menschen mit allen Sinnen gefordert sind – mit Esther Daenschel, zertifizierte Gartentherapeutin nach IGGT, Hospital zum Heiligen Geist

![Esther_Daenschel_xl online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Esther_Daenschel_xl_online_7618aeaf4e.jpg) ``` Esther Daenschel, zertifizierte Gartentherapeutin nach IGGT, Hospital zum Heiligen Geist ``` **Was ist ein Sinnesgarten?** Ein Therapie- und Sinnesgarten ist ein gestalteter Raum, der alle Sinne anspricht und Menschen mit Demenz positive Erlebnisse ermöglicht. Besonders wichtig sind die Barrierefreiheit und die klare Aufteilung in verschiedene Gartenbereiche, die die Orientierung erleichtern und unterschiedliche Bedürfnisse – von Aktivierung bis Entspannung – ansprechen. Jeder Therapiegarten ist individuell und sollte immer an die Gegebenheiten vor Ort, das Klientel und die Menschen, die ihn mit Leben füllen, angepasst werden. **Welche Bedeutung haben solche Gärten für demenzkranke Menschen?** Für Menschen mit Demenz hat ein Therapie- und Sinnesgarten große therapeutische Bedeutung. Er wirkt anregend, vermittelt Geborgenheit, kann Erinnerungen wecken und den Erhalt von Alltagskompetenzen unterstützen. Sinnesgärten stärken Selbstwirksamkeit, Teilhabe und Lebensqualität und bieten Raum für Begegnung und sinnvolle Beschäftigung. Sie fördern soziale Kontakte, bieten Abwechslung und schaffen kleine Inseln der Ruhe, Begegnung und Aktivität. **Welche Aktivitäten sind dort möglich?** In unserem Therapie- und Sinnesgarten im Hinsbleek 9 können vielfältige Angebote stattfinden, die sich an den individuellen Fähigkeiten und Ressourcen der Bewohner:innen orientieren. Neben der Sinnesanregung durch Riechen, Tasten und Schmecken von Kräutern, Gemüse und Obst können die Besucher:innen unter der Pergola oder auf der Klönschnackbank gemeinsam sitzen und plaudern. Bewegungseinheiten wie Spaziergänge und Naturbeobachtungen fördern die Mobilität und Wahrnehmung. Darüber hinaus bietet unser Sinnesgarten barrierefreie Hochbeete, die unterfahrbar oder in Stehhöhe zum Gärtnern einladen.

17. Jun 2025

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Lifestyle

DIY als Philosophie – mit Jonas Winkler

![JonasWinkler Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Jonas_Winkler_Online_8c75c7f697.jpg) ``` Jonas Winkler, Tischlermeister & Content Creator ``` Selbstgemacht statt gekauft: „Do it Yourself“ ist eine Einladung für jeden, das eigene Zuhause ganz persönlich und mit Herzblut zu gestalten. Ob Möbel, Deko oder kleine Reparaturen: Jedes selbstgemachte Stück, jede Upcycling-Kommode erzählt seine eigene Geschichte und macht die eigenen vier Wände noch gemütlicher. Dabei geht es um Spaß am Handwerk, die Freiheit, Materialien und Techniken nach Lust und Laune auszuprobieren – und auch darum, aus Fehlern zu lernen. Genau das lebt Jonas Winkler, Tischlermeister und Produktdesigner auf seinen Social Media-Kanälen vor. Mit seinen inspirierenden Ideen und detaillierten DIY-Tutorials motiviert er Heimwerkende und alle, die es noch werden wollen. Darf es ein ergonomischer Gaming-Tisch sein oder ein paar Kniffe, wie man ein krummes Holzbrett wieder gerade bekommt? Egal, ob großes oder kleines Projekt: „Mit etwas Selbstgemachten entsteht nicht nur ein Objekt, sondern eine emotionale Verbindung zwischen Mensch, Material und dem Stolz, etwas Bleibendes geschaffen zu haben.“ Dabei dürfen auch Fehler passieren. „Ich mache selbst nicht alles richtig, wie man in meinen Videos sieht“, sagt Jonas Winkler lachend, „das Spannende ist doch das Knobeln: Wie kriegen wir den Karren jetzt aus dem Dreck? Probleme offen zeigen und Lösungen finden, darum geht es. Aufgeben ist keine Option.“ Natürlich muss man einige Dinge nicht selbst erleben, um zu wissen, dass sie auch gefährlich sein können, betont Jonas Winkler: „Gerade Laien müssen Sicherheit priorisieren. Bei Billigwerkzeug etwa ist das Unfallpotenzial enorm. Wie schnell ein günstiger Akku überhitzt oder ein Schraubenschlüssel bricht – das demonstrieren wir in meiner Werkstatt als sicheren Raum, um Risiken zu minimieren.“ Sein eigener Weg begann mit dem Studium des Produktdesigns. Die Neugier, wie Entwürfe Realität werden, führte ihn zu ersten eigene DIY-Projekten und schließlich dazu, auch den Handwerksmeister zu absolvieren. Gerade heute, wo so vieles fremdbestimmt ist und durch Technologien immer schwerer greifbar wird, bietet das Handwerk eine besondere Möglichkeit, selbst aktiv Einfluss auf das Ergebnis zu nehmen. „Der Gedanke, etwas selbst zu designen, zu erschaffen und damit einem Möbelstück eine Geschichte zu geben, ist unersetzlich“, erklärt er. Und was braucht es seiner Meinung nach, damit das Holzhandwerk auch als Ausbildungsbetrieb attraktiv und zeitgemäß bleibt? „Inklusivität und eine positive Fehlerkultur, die Raum zum Lernen lässt, sind entscheidend – ob beim traditionellen Hobeln oder digitalen Fräsen. Das Wichtigste aber ist, das es Spaß macht.“ Also nichts wie los: Neugierig sein, ins Tun kommen und sich ein Traum-Zuhause schaffen, das genauso einzigartig ist, wie man selbst. Das nächste DIY-Projekt wartet vielleicht schon am nächsten Straßenrand. >Inklusivität und eine positive Fehlerkultur, die Raum zum Lernen lässt, sind entscheidend – ob beim traditionellen Hobeln oder digitalen Fräsen.