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2. Sep 2024

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Business

Schwachstellen finden und beseitigen

Journalist: Katja Deutsch

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Foto: Md Shahin Alam/pixabay

Das Fraunhofer AISEC hat ein Tool entwickelt, mit dem die IT-Sicherheit von Produkten im Hinblick auf die gesetzlichen Vorgaben des Cyber Resilience Act (CRA) analysiert werden kann.

Unternehmen haben maximal bis 2027 Zeit, ihre gesamte IT-Sicherheitsarchitektur auf den neuesten und nachweislich besten Stand zu bringen. Die Regelung gilt für alle Geräte und Produkte, die ab 2027 auf den Markt kommen, denn ab dann verpflichtet die EU mit dem Cyber Resilience Act (CRA) alle Hersteller digitaler Produkte und Dienstleistungen, deren IT-Sicherheit zu gewährleisten. Nach Inkrafttreten des Gesetzes, das noch in diesem Jahr erwartet wird, muss die Umsetzung der neuen IT-Sicherheitsstandards definitiv ganz oben auf der Prioritätenliste stehen. Wie umfangreich und aufwendig diese Umsetzung sein wird, ist jedoch aufgrund der oftmals komplexen Architekturen und der Verwendung von Komponenten von Drittanbietern für viele schwer abzuschätzen. Der Cyber Resilience Act fordert jedoch nicht nur für neue Geräte ein den aktuellen Risiken angepasstes Sicherheitsniveau, sondern bezieht explizit die gesamte Produktlieferkette mit ein. Viele Unternehmen sind mit den Anforderungen des Gesetzes überfordert und können mögliche Risikofaktoren nicht klar definieren.

Der Schwerpunkt der Anwendung von Confirmate liegt auf der Quellcodeanalyse der im Produkt enthaltenen Softwarekomponenten und der bereitgestellten Schnittstellen, wie z. B. Cloud-Backends.

Hier setzt das Forschungsprojekt „Confirmate“ des Fraunhofer AISEC an. Confirmate ist ein Werkzeug, das Unternehmen dabei unterstützt die CRA-Konformität ihrer digitalen Produkte zu überprüfen. Mit Confirmate sollen Hersteller die Sicherheitsanforderungen an ihre Produkte besser verstehen und dokumentieren können, außerdem soll das Tool aufzeigen, welche Anforderungen des CRA erfüllt werden und wo noch Nachbesserungsbedarf besteht.

Der Schwerpunkt der Anwendung von Confirmate liegt auf der Quellcodeanalyse der im Produkt enthaltenen Softwarekomponenten und der bereitgestellten Schnittstellen, wie z. B. Cloud-Backends, sowie der vorhandenen Dokumentation von Prozessen wie dem Schwachstellenmanagement. Das Tool gleicht die vorhandenen Sicherheitseinstellungen mit den gesetzlichen Vorgaben aus dem CRA ab und berücksichtigt dabei auch die gesetzlichen Anforderungen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Auch Softwarekomponenten von Drittanbietern sowie bereits bekannte Schwachstellen können mit dem Tool überprüft werden.

Der CRA bringt Unternehmen, die das Thema bisher eher als lästig empfunden haben, nun zum Handeln – zum eigenen Schutz und zum Schutz von Millionen von Nutzern.

„Confirmate kombiniert die statische Analyse zur Überprüfung der Sicherheitseigenschaften des Programmcodes mit einer automatisierten Konformitätsbewertung. Die Möglichkeit, Dokumente und Erklärungen manuell hinzuzufügen, macht das Programm zu einem umfassenden Monitoring-Tool, das eine verlässliche Aussage über den Konformitätsstatus eines digitalen Produkts liefert“, sagt Christian Banse, Abteilungsleiter Service and Application Security am Fraunhofer AISEC. In einer detaillierten Übersicht erfasst Confirmate den Stand der Umsetzung. So können Hersteller schnell erkennen, wie es um die Cybersicherheit ihres Produkts bestellt ist und wo noch Handlungsbedarf in Sachen CRA besteht. Cyber-Angriffe haben exponenziell zugenommen. Der CRA bringt Unternehmen, die das Thema bisher eher als lästig empfunden haben, nun zum Handeln – zum eigenen Schutz und zum Schutz von Millionen von Nutzern.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Nachhaltig, transparent und partnerschaftlich – Im Interview mit Barbara Frenkel, Vorstandsmitglied Porsche AG

**Warum bekommt die Beschaffung oft so wenig Aufmerksamkeit – obwohl so viel von ihr abhängt?** Weil Beschaffung meist im Hintergrund läuft – und erst dann in den Blickpunkt rückt, wenn etwas fehlt. Das kennt jeder aus dem Alltag: Fehlt beim Kochen eine Zutat oder beim Möbelaufbau eine Schraube, steht meist alles still. Im industriellen Maßstab kann das bedeuten: keine Teile, kein Auto. Unsere Lieferketten sind heute hochgradig komplex, global und auf Effizienz ausgelegt. Fällt ein einziges Teil aus, sei es durch eine Naturkatastrophe, einen Cyberangriff oder geopolitische Spannungen, kann dies die Produktion gefährden. Deshalb denken wir bei Porsche Beschaffung heute anders: vorausschauender, vernetzter und deutlich resilienter. **Welche Strategie verfolgen Sie, um Lieferketten auch in Krisenzeiten stabil und widerstandsfähig zu halten?** Entscheidend ist die Transparenz in der gesamten Lieferkette – also über unsere direkten Lieferanten hinaus. Uns interessiert: Wer sind die Partner dahinter? Wo haben sie ihre Standorte und welchen Risiken sind sie ausgesetzt? Dabei simulieren wir beispielsweise Wetterereignisse oder Cyberattacken. Wir bewerten globale Rohstoffverfügbarkeiten und identifizieren Single-Source-Situationen. Über allem steht die Frage: Wo könnte ein möglicher Ausfall besonders kritisch für uns sein? **Und welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Risiken zu minimieren?** Hier braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel. Als vergleichsweise kleiner Hersteller können wir nicht überall auf eine Zwei-Lieferanten-Strategie setzen. Stattdessen überlegen wir uns etwa, wo wir bei kritischen Materialien gezielt Lagerbestände in Werksnähe aufbauen. Oder wir beauftragen zusätzliche Werkzeugsätze, die bei Bedarf schnell aktiviert werden können. **Wie wählen Sie Lieferanten aus, welche Kriterien sind dabei besonders wichtig?** Die Auswahl unserer Lieferanten ist immer Teamwork. Beschaffung, Entwicklung und Produktion arbeiten eng zusammen. Häufig entwickeln wir die Lösungen gemeinsam mit unseren Lieferanten. Hierbei spielt die technische Bewertung in enger Abstimmung mit unserer Entwicklung eine wichtige Rolle. Die Produktion wiederum achtet sehr stark auf die Logistik. Jeder potenzielle Partner durchläuft ein umfassendes Auditverfahren. Dabei geht es um Qualitäts- und Machbarkeitsaudits. Aber auch um eine umfassende Risikoanalyse. Ein fester Bestandteil bei der Auswahl sind zudem Kriterien bei der Nachhaltigkeit. Also rechtliche, ethische und ökologische Standards. >Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. **Wie wichtig ist Ihnen die Einbindung mittelständischer Lieferanten in Ihrer Lieferkette?** Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpassungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. Vor allem, wenn sie sich in unmittelbarer Werksnähe befinden. Vorteile sind kurze Wege und schnelle Reaktionszeiten. Als in Deutschland verwurzeltes Unternehmen ist uns zudem daran gelegen, die heimische und europäische Lieferkette zu stärken. **Sie haben die Nachhaltigkeit bereits angesprochen. Nochmals konkret: Wie integrieren Sie diese Kriterien in den Beschaffungsprozess?** Wie gesagt, wir denken hier ganzheitlich und in drei Dimensionen: ökologisch, sozial und ethisch. Im ökologischen Bereich legen wir besonderen Wert auf den CO₂-Fußabdruck in der Lieferkette. Hier entscheiden der Energiemix, die verwendeten Rohstoffe und der Anteil an recyceltem Material. Auch der Wasserverbrauch wird immer wichtiger. Soziale und ethische Aspekte sind ebenfalls von Bedeutung. Wir erwarten, dass internationale Arbeitsstandards eingehalten und faire Löhne gezahlt werden. **Wie haben Sie Einkaufprozesse bzw. das Lieferantenmanagement erfolgreich verbessert?** Rund 80 Prozent der Wertschöpfung entsteht bei uns in der Lieferkette. Entsprechend hoch ist die Bedeutung eines effizienten und partnerschaftlich ausgerichteten Lieferantenmanagements. Deshalb setzen wir bewusst früh an: Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. Über diesen engen Austausch entstehen belastbare Partnerschaften – von Anfang an. **Wie reagieren Sie auf regionale Marktanforderungen?** Angesichts fragmentierter Märkte gewinnt die regionale Verankerung an Bedeu-tung. In China arbeiten wir beispielsweise gezielt mit starken lokalen Partnern zusammen. Mit dem Ziel, marktgerechte Lösungen zu entwickeln – etwa beim Infotainment. Auch regulatorische Anforderungen erfordern spezifische Lösungen, das Aufspüren innovativer Technologien und innovativer Partner. Immer mehr handelt es sich dabei auch um Start-ups aus branchenfremden Bereichen, etwa beim autonomen Fahren, der Konnektivität oder Software. >Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. ## Infos zur Person Barbara Frenkel: Als Kind wollte sie Astronautin werden. Heute leitet Barbara Frenkel das Vorstandsressort Beschaffung der Porsche AG. Frenkel war die erste Frau im Vorstand des Sportwagenherstellers. Sie blickt auf eine mehr als 20-jährige Managementkarriere bei Porsche zurück. Zuvor war sie bei verschiedenen Automobilzulieferern tätig. Barbara Frenkel (62) scheidet zum 19. August 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Porsche-Vorstand aus und übergibt ihre Verantwortung an Joachim Schar-nagl (49), der ihre Nachfolge antritt. Privat genießt sie Ausfahrten mit ihrem Oldtimer, einem 911 G-Modell. Sie ist begeisterte Taucherin und unternimmt gerne Ausflüge mit ihrem Hund in die Natur.