7. Dez 2020
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Business
Journalist: Armin Fuhrer
Wer über erfolgreiche deutsche Startup-Ökosysteme spricht, denkt häufig zuerst an Metropolen wie Berlin oder München. Tatsächlich aber sticht eine Stadt besonders heraus, wenn es um das Verhältnis von Gründungen zur Einwohnerzahl geht: Mannheim. Denn keine Stadt in Deutschland hat eine vergleichbar hohe Gründungsaktivität pro Einwohner wie die die Stadt im Südwesten mit ihren rund 310 000 Einwohnern. Das geht aus dem Startup Monitor 2020, der jährlichen Online-Befragung des Bundesverbands Deutsche Startups e.V. hervor, an dem im Mai und Juni diesen Jahres knapp 2000 Startups bundesweit teilgenommen haben. Mit einer Gründungsaktivität von 17 Neugründungen pro 100 000 Einwohner hat sich Mannheim zu einer der gründungsaktivsten, agilsten und innovativsten Standorte Deutschlands herausgebildet.
Auch bei der Zufriedenheit der Gründerinnen und Gründer belegt Mannheim den ersten Platz. 90 Prozent der Befragten bewerten das Ökosystem ihres Standortes mit „sehr gut“. Oberbürgermeister Peter Kurz sieht in den Ergebnissen einen Erfolg der 20jährigen Strategie, Startup-Förderung, kulturelle Stadtentwicklung und Kreativwirtschaft gemeinsam zu fördern. Kurz: „Insbesondere der hohe Zufriedenheitslevel der hiesigen Startups freut mich sehr“. Der Erfolg sei aber nur ein Zwischenergebnis, denn Next Mannheim arbeite daran, die Standortbedingungen weiter zu verbessern.
Mannheim lockt mit einem breiten Angebot GründerInnen wollen mehr als „nur“ Beratung und Finanzierung, sagt Christian Sommer von NEXT MANNHEIM. Auch Kultur und Nachtleben müssen stimmen.
Wir sind hier in ein unglaublich starkes wirtschaftliches Umfeld eingebettet. Es gibt einen sehr stark ausgeprägten Mittelstand ebenso wie große Industrieunternehmen wie BASF oder SAP und wichtige produzierende Unternehmen. Das bietet eine Menge Anknüpfungspotenzial für Startups, das wir voll ausschöpfen. Zudem sind wir als Region verkehrstechnisch sehr gut angebunden und dadurch für internationale Startup-Ansiedelungen attraktiv. Der dritte Punkt ist die gezielte und strategische Förderung von Start Ups, die Mannheim schon seit 20 Jahren verfolgt. Daraus hat sich ein dynamisches Ökosystem entwickelt aus Startups, Industrie, Mittelstand, Universitäten, Szene sowie Kunst- und Kultur.
Es gibt zwei Säulen unserer Arbeit. Erstens betreiben wir acht Startup-Zentren mit unterschiedlichen Ausrichtungen. Die Bandbreite reicht von Technologie-Startups, insbesondere MedTech über die Kreativwirtschaft bis zu Female Entrepreneurship. Die zweite Säule ist die Creative City. Dazu gehören Themen wie Musik, kulturelle Stadtentwicklung oder Filmförderung. Das besondere an Mannheim ist, dass wir diese beiden Bereiche in einer Gesellschaft gebündelt haben und sie interagieren lassen.
Wir glauben, dass beispielsweise der „Zauber“ eines Standorts wie Berlin darin zu finden ist, dass Startups Teil des urbanen Lebens sind und nicht irgendwo in ein Industriegebiet außerhalb der Stadt gepfercht wurden. In Mannheim versuchen wir, einen solchen Prozess politisch „top down“ zu gestalten. Wir hatten hier zum Beispiel den ersten deutschen Nachtbürgermeister, weil wir der Ansicht sind, dass man junge Gründer und Gründerinnen nicht ohne ein spannendes Nacht- und Kulturleben in die Stadt bekommt. Daneben müssen wir aber natürlich vor allem unsere eigentlichen Hausaufgaben machen, also die Startups gezielt und kompetent zu anzusiedeln und zu unterstützen. Die Verbindung beider Aufgabenbereiche macht Mannheim außergewöhnlich.
Dazu gehören Accelatorenprogramme, Startup-Event und passgenaue Beratungsangebote. Dafür haben wir ein breites Netzwerk von Experten und Mentoren. Zugänge zu Finanzierungsmöglichkeiten, Universitätsnetzwerke sowie Programme zur Ansiedelung internationaler Startups sind weitere wichtige Aspekte der Förderung. Das Bereitstellen attraktiver, preiswerter Räumlichkeiten, ist der „Backbone“ unserer Arbeit. Wir haben 35 000 Quadratmeter Fläche nur für Startups, ich glaube, das ist mehr, als jede andere vergleichbare Stadt hat.
Grundsätzlich an Startups im klassischen Sinne: Innovative, meist digital aufgestellte junge Unternehmen mit Skalierungswillen und -potenzial. Aufgrund des guten wirtschaftlichen Umfeldes haben wir dabei einen besonderen Fokus auf B2B-Start-ups, wir versuchen also speziell Startups anzusprechen, die Kontakte in die Industrie oder in den Mittelstand brauchen, um ihr Geschäftsmodell zu implementieren oder zu skalieren. Daneben haben wir auch einen starken Fokus auf dem Thema Medizintechnik – dafür bauen wir gerade ein großes neues Gründungszentrum. Wir möchten aber auch gerne die Kreativen wie Modemacher, Designer, Musiker oder Filmemacher ansprechen.
Zurzeit liegt der Anteil der Gründerinnen wie überall auch bei uns bei etwa 15 Prozent. Das müssen wir steigern. Deshalb fördern wir auch Gründerinnen im Rahmen unseres Programms Female Entrepreneurship noch einmal besonders.
Wir haben hier gerade rund 300 Startups, das ist eine ganze Menge und eine große Herausforderung. Aber wir sind als kommunale GmbH und „Tochter“ der Stadt Mannheim für diese Tätigkeit sehr gut aufgestellt. Die politische Unterstützung ist das „A“ und „O“, da es sich um eine vielschichtige und komplexe Aufgabe handelt, die auch nur mit sehr viel Engagement und persönlichem Einsatz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machbar ist. Zum Glück haben wir diese breite Unterstützung aus Politik und Verwaltung und ein herausragendes Team.