4. Mär 2022
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Business
Journalist: Kirsten Schwieger
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Foto: Alessio Lin/unsplash
Um Elektromobilität flächendeckend zu etablieren, braucht es nachhaltigere Batteriematerialien sowie eine optimierte Batterietechnologie und -produktion.
Ab 2035 sollen in der EU nur noch emissionsfreie Neuwagen über den Verkaufstresen gehen. Die ambitionierten Klimaziele lassen die Produktion klassischer Benziner und Diesel in Europa mittelfristig quasi auslaufen und drängen diese Autos langfristig von der Straße. Laut einer Studie des Verband der Elektrotechnik Elektronik und Informationstechnik (VDE) lässt sich „Zero Emission“ aber nur mit einem "intelligenten, technologieoffenen Mix aus allen verfügbaren klimaneutralen Antriebstechnologien – Batterie, Brennstoffzelle und E-Fuels“ erreichen. Konkret bedeutet das: Batterie für PKWs, Batterie und Brennstoffzelle für LKWs und E-Fuels für Bestandsfahrzeuge sowie den Motorsport.
Die deutschen Autohersteller überbieten sich mit Wachstumszielen für Elektromobilität. Allerdings haben diese ehrgeizigen Pläne einen Flaschenhals in Gestalt der Batteriezellen, dem Herzstück von Elektroautos. Deren Produktion kann mit der prognostizierten Nachfrage kaum Schritt halten. Laut einer Analyse des Duisburger Forschungsinstitut CAR – Center Automotive Research werden in den kommenden Jahren weltweit Batteriezellen für fast 15 Millionen Neuwagen fehlen. Ein Grund dafür sind Engpässe bei Batterierohstoffen wie Lithium, Kobalt und Nickel – eine große Herausforderung für die europäische Auto-Industrie in Zeiten instabiler globaler Lieferketten und der Abhängigkeit von asiatischen Lieferanten.
Um dem Risiko temporärer Lieferengpässe zu begegnen, empfiehlt das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) Diversifikation der Lieferanten, strategische Industriekooperationen entlang der Wertschöpfungskette, Forschungskooperationen sowie die Eigenfertigung. Denn sowohl die Entwicklung als auch die Produktion von E-Auto-Batterien ist bislang fest in asiatischer Hand. Das wollen Politik und Industrie in Europa nun ändern. Mit Hilfe von Unterstützungen in Milliardenhöhe beginnt die europäische Autoindustrie, Zellfertigungen in Europa hochzuziehen.
So entsteht derzeit eine neue Wertschöpfungskette von der Förderung der Rohmaterialien über die Zellproduktion bis zum Recycling in Europa. Um sich unabhängiger von asiatischen oder unter kritischen ökologischen und humanitären Bedingungen geförderten Rohstoffen zu machen, sollen mehr Batteriezellen-Rohstoffe in Europa gefördert werden.
Bergbauvorhaben in Finnland, Schweden und Nordspanien sind bereits in Planung. Auch in Deutschland entsteht eine Anlage zur industriellen Gewinnung von Lithium. Regionale Wertschöpfung und kurze Transportwege sind das langfristige Ziel. Bis dahin empfiehlt der deutsche Autobranchenverband VDA eine zweigleisige Rohstoffstrategie für die deutschen Auto- und Akkuhersteller.
Neben der nachhaltigeren Rohstoffgewinnung sollen für Auto-Batterien bislang unverzichtbare Materialien wie Kobalt, Lithium oder Nickel auch recycelt werden. So gibt es europaweit bereits eine kleine Anzahl von Unternehmen, die E-Auto-Batterien recyceln. Ein schwedisches Unternehmen hat jüngst sogar eine Prototyp-Batterie gebaut, deren Anteile aus Nickel, Mangan und Kobalt zu 100 Prozent recycelt sind. Auch Lithium und weitere Materialien sollen bei der zügig geplanten industriellen Produktion dieser Batterie aus alten Beständen recycelt werden.
Bis dato ist die Herstellung von Elektroauto-Akkus noch ziemlich energie- und kostenintensiv. Um die Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsziele einzuhalten, muss laut Internationaler Energieagentur (IEA) bis 2040 die gesamte Energiespeicherkapazität in Form von Batterien und sonstigen Speichern auf das rund 50-fache steigen. Die Steigerung der Leistungsfähigkeit stellt die europäische Industrie vor eine große Herausforderung. So läuft die Weiterentwicklung der Batterietechnologie auf Hochtouren. Auto- und Batteriehersteller investieren hohe Summen in Forschung und Entwicklung. Hier stehen sowohl die Erforschung neuer Batteriematerialien als auch neue Herstellungsverfahren im Fokus. Denn bei der Verbesserung der heutigen Zellen besteht noch ordentlich Luft nach oben. Treiber dieser Entwicklung ist die Notwendigkeit zu gesteigerter Leistungsfähigkeit bei gleichzeitiger Kostenreduktion und Umweltfreundlichkeit. So erforscht beispielsweise die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) nachhaltige Batteriematerialien.
Als vielversprechende umweltschonendere Alternative zu Lithium gelten Natrium- Ionen-Batterien. In puncto Leistungsfähigkeit will man mit Hilfe optimierter oder gar neuer Herstellungsverfahren die Energiedichte erhöhen und der Energieverbrauch senken. Zwei Entwicklungsrichtungen besitzen diesbezüglich besonders großes Potenzial. So versprechen Festkörperbatterien eine eklatante Steigerung von Energiedichte und Ladezeiten bei gleichzeitiger Kostensenkung. Alle großen Batteriehersteller forschen derzeit an dieser Technologie. Zum anderen wurde gerade ein 3D-Druck-Verfahren zur Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien zum Patent angemeldet. Dieses will die Energiedichte gar verdoppeln und die Herstellungskosten gegenüber der derzeitigen Lithium-Ionen-Batterietechnologie halbieren. Sowohl Festkörper- als auch Flüssig-Elektrolyt-Batterien könnten dann bald aus dem 3D-Drucker kommen.