Diesen Artikel teilen:

30. Jun 2025

|

Lifestyle

Über das Glück des Älterwerdens – mit Jutta Speidel

Journalist: Julia Butz

|

Foto: Carmen Lechtenbrink

Seit mehr als 50 Jahren eine der beliebtesten Schauspielerinnen Deutschlands, Buchautorin und sozial vielfältig engagiert: Jutta Speidel im Interview.

Frau Speidel, wie gelingt es, dem Alter positiv zu begegnen? Mit Dankbarkeit. Dankbarkeit darüber, überhaupt alt zu werden. Ich empfinde es als eine große Bereicherung und sehe das Alter als etwas sehr Positives. Es ist wichtig, nicht nur in der Vergangenheit zu leben und nicht in der Zukunft – und sich beständig Sorgen darüber zu machen, dass etwas Schlimmes passieren könnte. Ich lebe nur in der Gegenwart, bleibe neugierig. Die Lust, Neues zu entdecken, hat bei mir nie nachgelassen, ich bin aktiv im Hier und Jetzt. Und wenn ich nur das Laub im Garten wegfege und mich am schönen blauen Himmel erfreue oder mit meinem Hund spazieren gehe.

Wie vital Sie sind, sieht man an Ihren zahlreichen Aktivitäten. Sie sind neben Ihrem Beruf als Schauspielerin u. a. Buchautorin und noch bis Ende des Jahres auf Lesereise durch Deutschland. Eine Lesereise, was für eine tolle Sache! Ungefähr alle drei Tage habe ich einen neuen Auftritt und lese aus meinem Roman „AMARYLLIS – Was wäre gewesen, wenn …“. Auch hier geht es letztendlich darum, deutlich zu machen, dass man sein Leben lang offen für neue Wege sein sollte. Einige der Lesungen werden musikalisch begleitet. Von meiner Tochter, einer ausgebildeten Opernsängerin, und einem Pianisten.

Inzwischen hat es sich herumgesprochen und eine Welle der Begeisterung entfacht. Ja und die Bude ist immer ausverkauft, da schwappt so viel Kraft und Energie rüber! Eine totale Bereicherung. Allein in den letzten neun Tagen bin ich über 3.000 km gefahren.

Es ist wichtig, nicht nur in der Vergangenheit zu leben und nicht in der Zukunft – und sich beständig Sorgen darüber zu machen, dass etwas Schlimmes passieren könnte. Ich lebe nur in der Gegenwart, bleibe neugierig.

Wie wichtig ist Sport, um lange gesund und glücklich sein? Ich war nie eine große Sportskanone, aber habe mich immer gerne, viel und regelmäßig bewegt. Auch heute ist das noch so. Ich bin sehr viel mit dem Hund unterwegs. Fahre viel Rad, seit 40 Jahren mache ich Yoga. Natürlich ist auch ein soziales Netzwerk unheimlich wichtig, auch außerhalb der Familie. Ich habe einen uralten Freundeskreis, meine drei ältesten Freundinnen kenne ich jetzt seit über 50 Jahren. Und wenn ich manchmal höre: „Die Kinder melden sich nicht mehr bei mir“ – das liegt auch an einem selbst. Es ist ein natürlicher Prozess, dass sich die Kinder abnabeln, sie müssen sich freischwimmen. Und damit muss man auch umgehen lernen.

Freundschaften im Alter neu aufzubauen, ist schon etwas schwieriger. Denn es braucht lange, um sich zu vertrauen. Schließlich hat auch jeder seine Eigenarten. Auf einige kann ich bei meinen langen Freunden inzwischen mit ein wenig Milde blicken (lacht). Wir pflegen diesen Freundeskreis sehr. Haben natürlich auch schon den ein oder anderen Verlust erlitten. Jetzt sind wir immer noch acht, plus die dazugehörigen Männer. Das ist wirklich toll.

Gehört „Lebenslanges Lernen“ für Sie auch zu einem erfüllten Leben? Lebenslanges Lernen ist super wichtig und hält fit. Um ehrlich zu sein, lerne ich aber nur das, was mir Spaß macht. Mit Social Media beispielsweise beschäftige ich mich nicht. Einfach, weil ich meine Zeit sinnvoller verbringen möchte. Ich habe nie studiert, war weder an einer Uni, noch hatte ich Ahnung von BWL, Marketing oder Fundraising. In fast 30 Jahren als erste Vorsitzende des Horizont e. V. habe ich es aber geschafft, mir diese Dinge anzueignen.

Lebenslanges Lernen ist super wichtig und hält fit. Um ehrlich zu sein, lerne ich aber nur das, was mir Spaß macht.

Ihre Initiative „Horizont“ betreibt als gemeinnütziger Verein zwei Häuser in München. Frauen und Kinder bekommen dort Unterkunft und Unterstützung, um in ein selbstbestimmtes Leben zurückkehren zu können. Wie kam es zu Ihrem Engagement? Ich habe damals den Missstand gesehen, in der doch so wohlhabenden Stadt München. Einer Stadt, in der es jedem gut geht und niemand etwas davon hören wollte, dass es auch obdachlose Kinder gibt. Deshalb habe ich Horizont gegründet ¬– und bin damit seit 1997 gewachsen. Horizont versteht sich als Ort der Begegnung, mit vielen soziokulturellen Angeboten, die auch der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Derzeit sind wir mitten im Bau eines dritten Hauses, um in Zukunft noch mehr Kinder und Müttern die Chance auf einen Neuanfang zu geben. Damit haben wir rund 70 Angestellte. Das muss natürlich auch finanziell gestemmt werden. Wir arbeiten mit Stiftungen, betreiben beständiges Fundraising und können durch viele kleine Spenden und einige sehr großzügige Förderer dieses große Konstrukt am Laufen halten. Spenden sind also jederzeit und sehr gern willkommen. Denn sich für das Gute einzusetzen, gehört schließlich zur Lebenslust dazu!

Wer Horizont ebenso unterstützen möchte, wendet sich an: www.horizont-ev.org

Factbox

Neben vielen wichtigen Auszeichnungen für ihr soziales Engagement ist Jutta Speidel Ehrenbürgerin der Landeshauptstadt München und erhielt u. a. den bayerischen Verdienstorden und das Bundesverdienstkreuz am Bande.

10. Dez 2025

|

Lifestyle

Moderne Spitzenküche – mit Lukas Mraz, Koch des Jahres 2025

![LukasMraz1_(c)lisa edi online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Lukas_Mraz1_c_lisa_edi_online_1b5b2b82d8.jpg) ``` Lukas Mraz, Koch des Jahres 2025 ``` Das „Mraz & Sohn“ hat sich von einem traditionellen Wiener Beisl zu einer der begehrtesten Adressen für Feinschmecker entwickelt. Gemeinsam mit Vater Markus zeigt Küchenchef Lukas Mraz im 20. Wiener Bezirk, wie moderne Spitzenküche aussieht: Bodenständigkeit gepaart mit Experimentierfreude: Seit 2017 kochen Vater und Sohn hier gemeinsam, seit 2016 hält das Restaurant zwei Michelin-Sterne. Zuvor sammelte Lukas Erfahrungen in verschiedenen Gourmetrestaurants und machte sich als Chefkoch im Berliner Weinbistro Cordobar einen Namen. Was bedeutet für ihn moderne Spitzenküche? „Bei uns gibt es beispielsweise keine klassische Speisekarte, sondern alle vier bis sechs Wochen ein wechselndes 13-gängiges Überraschungsmenü, bei dem das gesamte Tier verarbeitet wird“, erklärt Lukas Mraz. So finden sich im Herbstmenü neben dem Fleisch der Ente auch ihre Innereien, die als würzige Masse im neu interpretierten Lahmacun mit Paprikapaste und Rotkraut Verwendung finden. Die Entenhaut wird für Grieben weiterverarbeitet. „Wir wollen so viel wie möglich vom Tier nutzen und so gut wie nichts wegschmeißen“, betont Lukas Mraz. Der Küchenchef gilt als kreativer Visionär, der konventionelle Regeln der Spitzengastronomie spielerisch hinterfragt und gern mit einer Prise Provokation arbeitet. Wie zeigt sich das in der Atmosphäre seines Restaurants? Kann Casual manchmal auch zu leger werden? „Bei uns sitzen nicht nur die Cool-Kids aus Wien, sondern eine bunte Gästemischung – von jung bis alt, von Künstler bis Politiker. Wichtig ist, dass sich jeder wohlfühlt“, erklärt Lukas Mraz. Dabei legt er trotz aller Lässigkeit großen Wert auf einen stets professionellen Service. „Aber wenn ein Gast seinen Teller ableckt, weil es ihm so gut schmeckt, finde ich das auch nicht schlimm. Das freut doch jeden Koch!“ >Wichtig ist, dass sich jeder wohlfühlt.