2. Sep 2019
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Lifestyle
Journalist: Kirsten Schwieger
Interview mit Dr. med. Christoph Eichhorn über Ursachen, Therapien, Prävention und Rehabilitation von Rückenschmerzen.
Der niedergelassene Facharzt für Orthopädie und Rheumatologie ist anerkannter Osteologe DVO mit Schwerpunktsbezeichnung. Seit 2012 ist Eichhorn 1. Vorsitzender des Deutschen Orthopäden- und Unfallchirurgenverbandes (DOV). Im Rahmen seiner langjährigen operativen Tätigkeit in der Wirbelsäulenchirurgie ist er seit 1995 Mitglied der Eurospine Society.
Die meisten Betroffenen leiden unter unspezifischen Rückenschmerzen. Das lässt sich auch an den Arbeitsunfähigkeitsdiagnosen hierzulande ablesen. Im Gegensatz zu spezifischem Rückenschmerz gibt es dabei keine eindeutigen Hinweise auf eine spezifische Ursache, wie beispielsweise ein Bandscheibenvorfall, Skoliose oder gar eine Fraktur. Bei einem Großteil der Betroffenen sind die Schmerzen auf Bewegungs- und Kraftmangel zurückzuführen. Generell fehlt es heute an Kraft – eine große Anzahl Menschen hat eine unterdurchschnittliche Rückenkraft. Unter anderem deswegen, weil unser Arbeitsumfeld es mit sich bringt, dass wir zu viel und ungünstig sitzen. Auch die psychische Komponente spielt eine große Rolle bei unspezifischem Rückenschmerz – und zwar als größte, gemeinsame Unbekannte.
Auf jeden Fall ist die Wahrnehmung für Beschwerden sowie die Sorge im Umfeld viel größer geworden. Ein tatsächlicher Zuwachs an spezifischen Rückenerkrankungen wie beispielsweise Skoliose ist nicht zu verzeichnen. Allerdings muss man auch sagen, dass rückenfördernde Freizeitaktivitäten zu Gunsten eher bewegungsarmer Hobbys an Computer und Handy zurückgegangen sind. Klassische Prävention ist eher ein Thema für den Arbeitsplatz und da ist in der Tat noch Luft nach oben.
Als erstes muss ein spezifischer Grund ausgeschlossen werden, der spezielle Fachärzte auf den Plan riefe. Verspannungen im Nackenbereich rühren sehr häufig von unbeweglichen Schulterblattmuskeln her. Manuelle Therapietechniken sind hier sehr hilfreich. Unspezifischer Rückenschmerz wird in der Regel mit Krafttraining therapiert. Auch alternative Heilmethoden kommen zum Einsatz. So werden bei bestimmten Muskelverspannungsthemen oder verklebten Faszien sogenannte Manualtherapien, wie beispielsweise Osteopathie, verordnet. Auch die Akupunktur ist eine gute Therapiealternative und für Rückenschmerzpatienten einmal im Jahr auch Kassenleistung. Yoga, Pilates oder Chi-Gong können gut begleitend eingesetzt werden. Auch Chiropraktik kann sinnvoll sein, wenn dadurch unspezifischer Schmerz für längere Zeit verschwindet. Klassische Massagen dagegen sind bei unspezifischem Rückenschmerz nicht wirkungsvoll. Ist die Psyche mit im Spiel, kommt natürlich auch Psycho- oder eine spezielle Schmerztherapie zum Einsatz.
Bei der ambulanten oder stationären Reha werden Patienten nach einem festgelegten Schema an nachhaltige Schmerzlinderung herangeführt – durch Elemente wie Ernährung, Bewegung, Dehnung und Kraft. Wichtig ist, dem Patienten zu vermitteln, dass Schmerz nichts Schlimmes ist – er soll sich nur nicht verfestigen können.