1. Sep 2021
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Business
Journalist: Katja Deutsch
Das Licht am Ende des Pandemie-Tunnels wird endlich größer. Die Corona-Maßnahmen werden weiter gelockert, jede:r zweite Bundesbürger:in hat inzwischen mindestens eine Impfdosis bekommen. Aber: Die Coronakrise hinterlässt tiefe Spuren im Mittelstand. Ganze Branchen, wie das Veranstaltungsgewerbe, die Hotellerie und die Gastronomie, kämpfen ums Überleben. Tausenden Einzelhandelsgeschäften droht das Aus.
Der Mittelstand braucht deshalb dringender denn je bessere Rahmenbedingungen. Hier ist die Politik gefordert. Sie muss jetzt die Weichen für die Zukunft der Unternehmen stellen. Es geht um die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland und um unseren Wohlstand. Der Mittelstand.BVMW hat eine Post-Corona-Agenda mit zehn zentralen Handlungsfeldern und Forderungen erarbeitet und den politischen Entscheidern in Bund und Ländern zugeleitet.
Kernelemente sind ein staatlicher Eigenkapitalfonds für mittelständische Unternehmen, ein innovations- und investitionsfreundliches Steuer- und Abgabensystem, Entlastung von Bürokratie, Verbesserung der digitalen Infrastruktur und eine Flexibilisierung der Arbeitswelt. Eine zentrale Forderung ist die Einrichtung eines Transformationskapitalfonds, der Unternehmen bei der Digitalisierung und der Qualifizierung ihrer Beschäftigten unterstützt.
Gemeinsam mit den Partnerverbänden unserer Mittelstandsallianz setzen wir uns gegenüber der Politik für wettbewerbsfähige Energiepreise ein, für beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie ein BaföG für Gründerinnen und Gründer zur Finanzierung in der Startphase. Das ist auch dringend nötig: Von Jahr zu Jahr wagen immer weniger junge Menschen den Schritt in die Selbstständigkeit.
Einige unserer Forderungen und Vorschläge haben Eingang in die Wahlprogramme der Parteien gefunden. Verglichen mit früheren Wahlkämpfen ist das immerhin ein Fortschritt, reicht aber nicht aus. Wir müssen und werden als Verband dafür kämpfen, dass die künftige Bundesregierung dem Mittelstand Vorfahrt einräumt – und zwar in allen Bereichen.
Noch ist die Politik davon weit entfernt. Ein Beispiel ist das Lieferkettengesetz, das vor kurzem vom Bundestag be-schlossen wurde. Es zielt auf Konzerne, trifft aber den Mittelstand. Für kleine und mittlere Unternehmen bedeutet es zusätzliche Bürokratie und damit Kosten. Denn die Großen werden die Verpflichtung, weltweit die Einhaltung von Menschenrechten und Arbeitsschutzstandards zu überwachen, auf ihre mittelständischen Zulieferer abwälzen. Diese sind damit jedoch überfordert.
Wer den Mittelstand fördert, sichert Wachstum und erhält den Wohlstand. Denn der Mittelstand bildet das Rückgrat unserer Volkswirtschaft. Mehr als 99 Prozent der rund 3,5 Millionen Unternehmen in Deutschland sind Klein- und Mittelbetriebe. Sie stellen 60 Prozent aller Arbeitsplätze, bilden verlässlich acht von zehn Azubis aus.
Dies sollte Politikern aller Parteien Grund genug sein, ihren warmen Worten für den Mittelstand Taten folgen zu lassen. Mit unserer Post-Corona-Agenda haben wir der künftigen Bundesregierung klare Handlungsempfehlungen für einen ökonomischen Aufbruch nach Corona gegeben. Dieser Neustart gelingt nur mit einem starken Mittelstand – dem Innovations-, Beschäftigungs- und Ausbildungsmotor unseres Landes. Deshalb gilt es, den Mittelstand zu schützen und zu unterstützen.