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4. Okt 2022

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Lifestyle

Wein in Deutschland – über 2.000 Jahre Geschichte

Journalist: Jörg Wernien

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Foto: unsplash

Möglicherweise waren nicht die Römer die Ersten, die den Wein liebten. Schon die Kelten tranken selbst erzeugten Wein. Die eigentliche Kultivierung der Weinreben begann aber erst mit der römischen Herrschaft im damaligen Germanien.

Die Archäologen staunten nicht schlecht als 1977 bei Erdbewegungen zur Flurbereinigungen alter Weinberge, Kelteranlagen aus der Römerzeit entdeckt wurden. Hier an der Mittelmosel wurde also schon ab dem 1. Jahrhundert nach Christi professionell Wein angebaut. Nur zwei Jahren später gab es ähnliche Funde in Bad Dürkheim in der Pfalz. Schon während des gallischen Krieges durch Gaius Julius Cäsar (hier lässt Asterix grüßen) gelangte der Anbau von Wein mit den römischen Legionen in den Norden über das Tal der Rhone an die Mosel und den Rhein.

Im Jahr 371 findet sich im Reisebericht „Mosella“, geschrieben von Ausonius, einem römischen Staatsbeamten, eine Schilderung, in der der Weinanbau schriftlich belegt wurde.

Seit diesen Tagen ist der Weinanbau aus den Deutschen Landen nicht mehr wegzudenken. Der „Niersteiner Glöck“ gilt als der älteste Weinberg Deutschland. Er war ein Geschenk von Karl Martell (Onkel von Karl dem Großen) im Jahr 742 an das Bistum Würzburg. Noch heute werden hier, am berühmten „Roten Hang“, Riesling und Spätburgunder angebaut und auf Flaschen gezogen. Heute ist das Gebiet touristisch gut erschlossen. Radwanderer nutzen den Rheinterrassenweg von Worms nach Mainz. Regionalität und Ursprünglichkeit liegen im Trend, viele Winzer: innen bieten ihren Wein in eigenen Straußwirtschaften an. Zahlreiche regionale Spezialitäten schmecken mit einem fruchtigen Schluck der Glöckweine nochmal so gut.

Einen großen Aufschwung im Weinanbau brachten die ersten Kloster der Zisterzienser Mönche. Ihre Satzung besagte – jedes Kloster musste über einen eigenen Weinberg verfügen. Die Mönche agierten geschickt, schufen mit dem Wein eine erhebliche Einnahmequelle. Besonders erfolgreich das Kloster Eberbach. Eine Zollbefreiung auf den Wein im Jahre 1219 wegen eines Kreuzzuges ließ das Geschäft aufblühen. Köln (im Mittelalter die größte Stadt Europas) und Aachen als Sitz des Kaisers hatten Geld und reiche Bürger. Und die verlangten immer mehr Wein aus Eberbach und den Hattenheimer Lagen. 205 Außenstellen gab es in der Blütezeit. Heute ist das Kloster Eberbach, das hessische Staatsweingut, mit 238 Hektar Anbaufläche, das größte in Deutschland.

Bis zum Dreißigjährigen Krieg erlangte die Anbaufläche in Deutschland das größte Ausmaß der Geschichte. Weil damals die Jahresdurchschnittstemperatur bis zu einem Grad höher als gewöhnlich war, dehnte sich der Weinanbau bis in den Norden Deutschlands aus. Weingüter an der Aller, der Weser, im Kloster Doberan (heute im Mecklenburg-Vorpommern) entstanden, selbst in Königsberg (Heute Kaliningrad) an der Ostsee funktionierte der Weinanbau. Die gesamte Fläche an Reben wird bis zu 300.000 Hektar geschätzt. Das sind ca. 3.000 km² oder viermal die Fläche von Hamburg. Weil die Produktion den örtlichen Bedarf weit überstieg, wurde kräftig exportiert. Über die Handelsrouten der Hanse gelang der deutsche Wein nach England, Holland und Skandinavien.

Heute ist der Deutsche Wein ein beliebtes Exportgut besonders für Länder wie die Vereinigten Staaten oder China. Auf insgesamt 103 421 Hektar (2021 Quelle: Deutsches Weininstitut) werden 100 Rebsorten angebaut. Zwei Drittel sind weiße Weine, der Rest rote Rebsorten. Ganze 20 Rebsorten dominieren den Markt. Es sind Riesling, Müller-Thurgau (Rivaner), gefolgt von Grauburgunder und Weißburgunder. Unter den roten Rebsorten dominieren Spätburgunder und Dornfelder. Der deutsche Weinbau ist Weltspitze bei den Rieslingen und Weißburgundern, liegt beim Spät- und Grauburgunder auf Platz drei.

Insgesamt gibt es 13 Weinanbaugebiete. Sie erstrecken sich von der Elbe bis an den Bodensee. Übrigens Deutschlands nördlichstes Weinberg befindet sich im Seebad Loddin auf Usedom. Vor über 20 Jahren wurden die Reben auf einem Südhang, hinter einem Restaurant kultiviert. Schon zwei Jahre später gab es die erste Lese von Cabernet Sauvignon und Chardonnay. Logisch das es auf Usedom inzwischen auch eine Weinkönigin gibt. Klimatisch ist die Lage perfekt: die durchschnittlich fast 2000 Sonnenstunden im Jahr und eine steife Brise gegen Staunässe sorgen für gute Erträge. Leider gibt es zu wenig Flaschen pro Jahr, so die Betreiber des Restaurants „Waterblick“ auf Usedom.

Und auch auf Sylt wird seit ein paar Jahren sehr erfolgreich Wein angebaut, der Klimawandel macht es möglich. „Söl‘vin“ so heißt der Tropfen (das ist friesisch für Sylter Wein) wird in Keitum angebaut. Auf rund 3.000 Quadratmetern reifen die Trauben. Möglich wurde das, weil das Weinland Rheinland – Pfalz 10 Hektar Weinbaurecht an die Insel abgetreten hat. Pro Jahr entstehen ein paar hundert Flaschen zu einem zweistelligen Preis.

Das Weinland Deutschland, ist wie man sieht, sehr vielfältig. Vorbei sind die Zeiten wo süße Spätlesen als gute Tropfen für die Festtage gekauft wurden. Die deutschen Winzer sind international sehr anerkannt, viele konzipieren frische Vermarktungskonzepte und präsentieren sich auf modernen Etiketten. Nur Weine wie der Kröver Nacktarsch, ja den gibt es wirklich an der Mosel, halten hier ihre Tradition auch auf dem Etikett bis ins Jahr 2022 hoch.

62 Weingüter gibt es in Deutschland, sie bilden die ganze Vielfalt der deutschen Weinkultur ab. Ob nun ein QbA (Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete) oder ein Eiswein. Aber auch Sekt wird in Deutschland hergestellt. Wer sich umfassend über deutsche Weine informieren möchte wird hier bestimmt fündig: www.deutscheweine.de

11. Jul 2025

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Gesundheit

Wo demenzkranke Menschen mit allen Sinnen gefordert sind – mit Esther Daenschel, zertifizierte Gartentherapeutin nach IGGT, Hospital zum Heiligen Geist

![Esther_Daenschel_xl online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Esther_Daenschel_xl_online_7618aeaf4e.jpg) ``` Esther Daenschel, zertifizierte Gartentherapeutin nach IGGT, Hospital zum Heiligen Geist ``` **Was ist ein Sinnesgarten?** Ein Therapie- und Sinnesgarten ist ein gestalteter Raum, der alle Sinne anspricht und Menschen mit Demenz positive Erlebnisse ermöglicht. Besonders wichtig sind die Barrierefreiheit und die klare Aufteilung in verschiedene Gartenbereiche, die die Orientierung erleichtern und unterschiedliche Bedürfnisse – von Aktivierung bis Entspannung – ansprechen. Jeder Therapiegarten ist individuell und sollte immer an die Gegebenheiten vor Ort, das Klientel und die Menschen, die ihn mit Leben füllen, angepasst werden. **Welche Bedeutung haben solche Gärten für demenzkranke Menschen?** Für Menschen mit Demenz hat ein Therapie- und Sinnesgarten große therapeutische Bedeutung. Er wirkt anregend, vermittelt Geborgenheit, kann Erinnerungen wecken und den Erhalt von Alltagskompetenzen unterstützen. Sinnesgärten stärken Selbstwirksamkeit, Teilhabe und Lebensqualität und bieten Raum für Begegnung und sinnvolle Beschäftigung. Sie fördern soziale Kontakte, bieten Abwechslung und schaffen kleine Inseln der Ruhe, Begegnung und Aktivität. **Welche Aktivitäten sind dort möglich?** In unserem Therapie- und Sinnesgarten im Hinsbleek 9 können vielfältige Angebote stattfinden, die sich an den individuellen Fähigkeiten und Ressourcen der Bewohner:innen orientieren. Neben der Sinnesanregung durch Riechen, Tasten und Schmecken von Kräutern, Gemüse und Obst können die Besucher:innen unter der Pergola oder auf der Klönschnackbank gemeinsam sitzen und plaudern. Bewegungseinheiten wie Spaziergänge und Naturbeobachtungen fördern die Mobilität und Wahrnehmung. Darüber hinaus bietet unser Sinnesgarten barrierefreie Hochbeete, die unterfahrbar oder in Stehhöhe zum Gärtnern einladen.

17. Jun 2025

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Lifestyle

DIY als Philosophie – mit Jonas Winkler

![JonasWinkler Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Jonas_Winkler_Online_8c75c7f697.jpg) ``` Jonas Winkler, Tischlermeister & Content Creator ``` Selbstgemacht statt gekauft: „Do it Yourself“ ist eine Einladung für jeden, das eigene Zuhause ganz persönlich und mit Herzblut zu gestalten. Ob Möbel, Deko oder kleine Reparaturen: Jedes selbstgemachte Stück, jede Upcycling-Kommode erzählt seine eigene Geschichte und macht die eigenen vier Wände noch gemütlicher. Dabei geht es um Spaß am Handwerk, die Freiheit, Materialien und Techniken nach Lust und Laune auszuprobieren – und auch darum, aus Fehlern zu lernen. Genau das lebt Jonas Winkler, Tischlermeister und Produktdesigner auf seinen Social Media-Kanälen vor. Mit seinen inspirierenden Ideen und detaillierten DIY-Tutorials motiviert er Heimwerkende und alle, die es noch werden wollen. Darf es ein ergonomischer Gaming-Tisch sein oder ein paar Kniffe, wie man ein krummes Holzbrett wieder gerade bekommt? Egal, ob großes oder kleines Projekt: „Mit etwas Selbstgemachten entsteht nicht nur ein Objekt, sondern eine emotionale Verbindung zwischen Mensch, Material und dem Stolz, etwas Bleibendes geschaffen zu haben.“ Dabei dürfen auch Fehler passieren. „Ich mache selbst nicht alles richtig, wie man in meinen Videos sieht“, sagt Jonas Winkler lachend, „das Spannende ist doch das Knobeln: Wie kriegen wir den Karren jetzt aus dem Dreck? Probleme offen zeigen und Lösungen finden, darum geht es. Aufgeben ist keine Option.“ Natürlich muss man einige Dinge nicht selbst erleben, um zu wissen, dass sie auch gefährlich sein können, betont Jonas Winkler: „Gerade Laien müssen Sicherheit priorisieren. Bei Billigwerkzeug etwa ist das Unfallpotenzial enorm. Wie schnell ein günstiger Akku überhitzt oder ein Schraubenschlüssel bricht – das demonstrieren wir in meiner Werkstatt als sicheren Raum, um Risiken zu minimieren.“ Sein eigener Weg begann mit dem Studium des Produktdesigns. Die Neugier, wie Entwürfe Realität werden, führte ihn zu ersten eigene DIY-Projekten und schließlich dazu, auch den Handwerksmeister zu absolvieren. Gerade heute, wo so vieles fremdbestimmt ist und durch Technologien immer schwerer greifbar wird, bietet das Handwerk eine besondere Möglichkeit, selbst aktiv Einfluss auf das Ergebnis zu nehmen. „Der Gedanke, etwas selbst zu designen, zu erschaffen und damit einem Möbelstück eine Geschichte zu geben, ist unersetzlich“, erklärt er. Und was braucht es seiner Meinung nach, damit das Holzhandwerk auch als Ausbildungsbetrieb attraktiv und zeitgemäß bleibt? „Inklusivität und eine positive Fehlerkultur, die Raum zum Lernen lässt, sind entscheidend – ob beim traditionellen Hobeln oder digitalen Fräsen. Das Wichtigste aber ist, das es Spaß macht.“ Also nichts wie los: Neugierig sein, ins Tun kommen und sich ein Traum-Zuhause schaffen, das genauso einzigartig ist, wie man selbst. Das nächste DIY-Projekt wartet vielleicht schon am nächsten Straßenrand. >Inklusivität und eine positive Fehlerkultur, die Raum zum Lernen lässt, sind entscheidend – ob beim traditionellen Hobeln oder digitalen Fräsen.