27. Sep 2019
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Lifestyle
Journalist: Helmut Peters
Peer F. Holm ist Präsident der Sommelier Union Deutschland e.V., die sich auch für Weiterbildung einsetzt und einen Wettbewerb veranstaltet.
Peer F. Holm: Unser Beruf ist vor allem extrem vielschichtig. Die Welt der Getränke ist bunt und sehr spannend. Wir haben immer wieder das Glück, durch die Welt reisen zu können, um Weinregionen, Destillerien oder Brauereien kennen zu lernen. Am Ende leben wir Sommeliers von den aufregenden Geschichten, die wir selbst erlebt oder auf unseren Reisen durch Gespräche mit Produzenten aufgeschnappt haben. Wir sind Geschichtenerzähler – im Einzelhandel, bei der Kundenberatung oder im Gespräch mit einem Gast.
Viele meiner Kollegen positionieren sich erfolgreich als Aushängeschilder ihrer Restaurants – mit eigenen Facebook- und Instagram-Profilen, teilweise mit Zehntausenden von Followern. Es gibt darüber hinaus zahlreiche Sommelier-Wettbewerbe, wie unsere Sommelier Trophy, die medial begleitet werden und unserer Branche eine gute Bühne bieten.
Als Sommelier ist man Gastgeber, Geschichtenerzähler, Marketeer, Einkäufer und Vertriebler in einem. Außerdem kann man vielseitig eingesetzt werden: Im Service eines Restaurants, als Einkäufer einer Supermarktkette oder auch als Weinexperte eines Einzelhändlers. Viele meiner Kollegen arbeiten als Berater für Restaurants, Weingüter, Händler oder Weinregionen. Wir führen durch Weinproben, leiten Genussreisen, veranstalten Whisky- oder Craft-Beer-Tastings, schreiben für Fach-Magazine und Tageszeitungen, und, und, und...
Wein alleine ist schon unglaublich weitläufig. Alle anderen Getränkekategorien kommen dann noch hinzu. Die wichtigste Eigenschaft eines Sommeliers ist daher die Neugier: Man muss wissbegierig sein und sich damit abfinden, dass man allein niemals alles wissen kann. Für mich ist es genau das, was den Beruf ausmacht.
Man muss kein Kenner sein, um Wein zu lieben. Einfach auf den eigenen Geschmackssinn vertrauen und viel probieren. Beim Wine-Food-Pairing halten sich viele an Regeln fest, die sie getrost über Bord werfen können. Ich würde zum Beispiel zu einem gut gereiften Blauschimmelkäse niemals einen trockenen Rotwein servieren, sondern beispielsweise eine Riesling Auslese. Das macht viel mehr Freude. Auch die vermeintliche Regel „Weißwein zu Fisch und Rotwein zu Fleisch“ ist hinfällig.
Es ist ganz einfach: Die Spanier und Portugiesen machen im Weinbau größtenteils einen sehr guten Job. Auch in der Vermarktung. In den Supermarktregalen finden sich viele Weine iberischer Kellereien, die eine ordentliche Qualität zum vernünftigen Preis liefern können.
Der Preis ist ein Thema. Die größten Weinhändler in Deutschland sind die Discounter. Durchschnittlich zahlen wir in Deutschland für einen Liter Wein unter drei Euro. Das wird diesem wunderbaren Produkt einfach nicht gerecht.