18. Dez 2019
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Business
Journalist: Katja Deutsch
„Höhle der Löwen“-Investor Frank Thelen liegt das Gründen in der DNA: Bereits im Alter von 18 Jahren gründete er sein erstes eigenes Unternehmen, dem mittlerweile andere gefolgt sind. Seitdem beobachtet und analysiert er auch die Gründerszene in Deutschland. „In dem Deep Tech-Bereich, in dem ich selbst tätig bin, wird natürlich weitaus weniger gegründet als beispielsweise im Food- oder Lifestyle-Bereich“, sagt der Investor. „Denn es ist eher selten, dass jemand einen neuen Kernreaktor oder Energiespeicher entwickelt.“
Besonders schwierig sind Unternehmensgründungen auch im Bereich Chemie und Medizin. Erforderlich ist hierfür grundsätzlich ausgezeichnete Fachexpertise und nach Möglichkeit Erfahrung in Forschung und Entwicklung. „Mal eben“ am Wochenende ein Design online stellen und sehen, ob jemand darauf reagiert, funktioniert bei hoch spezialisierten Erfindungen nicht. Hier benötigen Gründer viele Jahre Vorarbeit und müssen große Summen an Geld auftreiben. „Vielleicht ist es aber gar nicht so schlecht, dass es hier keine Massen an Gründern gibt. Denn die wenigen, die wirklich besessen von ihrer Idee sind, werden sich durchkämpfen und passende Investoren finden – so wie uns von Freigeist und den High-Tech Gründerfonds“, sagt Frank Thelen. „Dabei sehen wir an Universitäten wie dem
Karlsruhe Institute of Technology (KIT), der Technischen Universität München (TUM), der RWTH Aachen, der Delft University of Technology (TU Delft) und anderen ganz herausragende Forschung und Technologie – mit sehr guten Optionen, daraus große, zukunftsfähige Unternehmen zu machen.“
Viel bewirken könnte die Umsetzung von 5G, die die Kommunikation hundertmal schneller machen wird. „Gleichzeitig bedeutet dieses ‚Edge Computing‘ eine der größten technischen Revolutionen unserer Zeit, weil das Ergebnis für den Konsumenten heißt, dass jede Glühbirne unendlich intelligent ist, denn durch Edge-Computing erhält sie die gleiche Rechenkapazität wie der beste Supercomputer.“ Zeige sich ein mutiger Oberbürgermeister oder Investor, könnten Gebiete durch die Bereitstellung dieser Infrastruktur plötzlich ganz andere wirtschaftliche Chancen bekommen – sofern nicht Bürgerinitiativen diese zukunftsträchtigen Vorhaben und damit wirtschaftlichen Aufschwung verhinderten.
„Auch in den handwerklichen Berufen werden sich zukünftig durch technologische Entwicklungen Veränderungen ergeben“, ist Frank Thelen überzeugt. „Sei es durch Augmented Reality in der Ausbildung oder durch Sensoren und Roboter in der Ausführung von Arbeiten. Wer sich hier frühzeitig die Vorteile dieser Technologien zu Nutze macht, kann sich zukünftig von der Konkurrenz abheben.“
Was die Zukunft anbelangt, hat Frank Thelen seine eigene Agenda: Den Mitaufbau eines Technologie-Champions aus Deutschland. „Nach SAP kam kein einziger Technologie-Champion mehr aus Deutschland, nicht einmal aus Europa! Das sollten wir ändern, wenn wir mittelfristig mit Amerika und China auf Augenhöhe reden wollen.“ Wer bei Themen wie Klimaschutz und KI abgehängt werde und keinen technologischen Weltkonzern aufbaue, der werde auch politisch an Einfluss verlieren, so der Investor. „Wo auf der einen Seit der Welt Google, Amazon, Apple, Facebook, Tesla und Microsoft entstanden sind, und auf der anderen Seite Alibaba, Weibo, Tencent und JD, ist bei uns NICHTS entstanden. Das müssen wir ganz dringend ändern!“