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29. Jun 2022

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Lifestyle

Zwischen Sternerestaurant und Strandbude

Journalist: Thomas Soltau

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Foto: Nils Hasenau

Tim Raue ist in einfachen Verhältnisse in Berlin-Kreuzberg aufgewachsen und zählt heute zu einem der besten Köche der Welt. Gemeinsam mit seiner Geschäftspartnerin Marie-Anne Wild betreibt er das Restaurant Tim Raue, ausgezeichnet mit 2 Michelin Sternen. Im Interview erklärt er, wo er gerne am Tisch sitzt – und warum er gute Gläser schätzt.

Wie haben Sie Corona gemeistert – sowohl privat wie auch geschäftlich?

Im Nachhinein gesehen sehr gut, aber es hat reichlich Nerven gekostet. Wir können dennoch sehr dankbar sein, dass wir in einem so gut funktionierenden Sozialstaat leben. Meine Kollegen in Mexiko, Chile, Philippinen, Thailand und den USA – um nur einige beispielhafte Länder zu nennen – hatten weder Hilfe für ihr Business, noch haben die Mitarbeiter signifikante Unterstützung bekommen. Mich persönlich hat die Krise sehr geprägt, wenn von zehn Restaurants eins dauerhaft geschlossen werden muss. Und acht Restaurants sich sehr lange im Lockdown befinden und zudem in zwei Jahren ein Event – im Gegensatz zu vorher 30 pro Jahr – gebucht wird, dann müssen Konsequenzen gezogen werden. Deswegen habe ich mich beruflich neu aufgestellt und den Fokus auf TV-Produktionen gelegt.

Werden wir Sie dann künftig mit Buddy Tim Mälzer häufiger im TV sehen, anstatt im Restaurant?

Nein, ich werde wahrscheinlich immer mal wieder als Gast bei „Kitchen Impossible“ sein. Der Fokus liegt auf Sendungen, in denen ich meine Stärken ausspielen kann.

Das wäre Reisen, Essen und Trinken bei „Herr Raue reist“ auf Magenta TV – und im Weiteren kommt nun noch eine auf mich zugeschnittene Sendung hinzu.

Gibt es Erkenntnisse aus der Corona-Zeit, die auch in Zukunft wichtig sind für Sie und die Gastronomie?

Immer schön flexibel bleiben! Nur die, die schnell und entschlossen handeln, haben eine Chance zu überleben.

Wo kam die Inspiration für neue Gerichte her, ohne nach Asien reisen zu können?

Ich war zwei Jahrzehnte ständig in Asien und kann aus einem reichlichen Fundus an Erinnerungen schöpfen. Das hat sehr geholfen.

Verspüren Sie eine zunehmende Lust an Genuss bei Ihren Gästen oder merken, dass sie etwas nachholen wollen?

Ich lebe immer im Hier und Jetzt und der Gast hat momentan entweder das Bedürfnis, es so richtig krachen zu lassen oder er versteckt sich. Viele Restaurants haben unter der Woche große Probleme mit der Auslastung und könnten dafür ihre Restaurants am Wochenende mehrfach besetzen. Der Ukraine-Krieg sorgt dafür, dass das Stimmungshoch, da das Ende der Pandemie absehbar war, gerade ins Bodenlose fällt.

Wo und wie gehen Sie persönlich momentan am liebsten essen? Wie wichtig ist dabei das Ambiente, wie wichtig die Küche?

Ich bin schon seit jeher sehr gerne Gast. Da ich zu Hause nicht für mich koche und 200 Tage im Jahr unterwegs bin, bin ich stets hungrig und auf der Suche. Ich möchte eigentlich an einem Ort immer etwas Authentisches essen, gerne auch etwas Simples. Und dann interessiert mich natürlich auch, wer am besten vor Ort kocht. Für mich ist es wichtig, dass ich mich wohlfühle. Das kann eine abgefuckte Strandbude in Sizilien sein, oder aber auch ein Sternrestaurant in Paris sein. Es kommt auf den Moment drauf an. Eine gute Weinkarte macht mir immer Freude und wenn der Service nett und humorvoll ist, komme ich garantiert wieder.

Welche Bedeutung haben hochwertige Gläser und Porzellan für Sie?

Wie heißt es so schön? Die Teller sind für den Koch, was die Leinwand für den Sprayer ist. Und was Gläser betrifft, bin ich sogar noch eine Spur fanatischer als bei Tellern. Wir haben mehr als 17 verschiedene Gläser von Zwiesel Glas im Einsatz im Restaurant Tim Raue. Jeder Wein wird teilweise in bis zu sechs Gläsern probiert, um das exakt Richtige zu finden, das ihn in seiner vollen Pracht in der Nase und am Gaumen zeigen kann.

Warum lieben wir eigentlich Kochshows, Kochbücher und Küchen – ohne in vielen Fällen selbst aktiv zu werden? 

Weil Ernährung existenziell ist und auch in Deutschland die Esskultur endlich einen wichtigen Part im gesellschaftlichen Miteinander einnimmt.

23. Okt 2025

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Lifestyle

Wie lassen sich Gaming und Streaming und Familie unter einen Hut bringen? – mit Maria Rapp (Rehleiin), Nordmann alias Tom

![Maria Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Maria_Online_f6d06845e6.jpg) ```Maria Rapp (Rehleiin), inspiriert seit 2024 ihre Community auf Twitch und TikTok mit einer einzigartigen Kombination aus entspanntem Durcheinander und trockenem Humor``` Mir ist es wichtig, dass meine Kinder Nähe und Verlässlichkeit spüren. Deshalb kommunizieren wir klar: Die Kinder wissen, wann ich streame, bei Events springt die Familie ein. Da die Kinder 50/50 bei beiden Eltern leben, plane ich in kinderfreien Wochen meine Streams und Social Media-Inhalte. In Kinderwochen hat der Alltag Vorrang, manchmal gehe ich abends spontan live. Meine Energie teile ich bewusst ein, um für die Kinder präsent zu sein. Mein Teilzeitjob ermöglicht mir Nachmittage mit ihnen, in kinderfreien Wochen arbeite ich Vollzeit. Ich lasse Puffer für Spontanes, Content vorproduzieren hilft enorm. Die Anfangszeit war schwierig, ans Aufhören dachte ich aber nie! Hilfe anzunehmen fällt mir noch schwer, aber ich arbeite daran (lacht). Seit Juli entlastet mich ein Management bei vielen Dingen. Und Yoga hilft mir, runterzukommen. Mein Tipp für alle, Familie und Streaming zu verbinden: Setzt klare Prioritäten, plant mit Puffern, damit Stress erst gar nicht entsteht, und kommuniziert offen mit Kindern und Community. Akzeptiert, dass Familienleben Einschränkungen mit sich bringt, das ist keine Schwäche, sondern Realität. Feste Absprachen helfen, und wenn die Kinder mich während eines Streams brauchen, sorgen meine Mods dafür, dass der Stream weiterläuft und können im Notfall sogar auf meine Hardware zugreifen (was glücklicherweise noch nie vorkam). Ein gutes Netzwerk aus Familie, Freunden oder Management, die den Rücken freihalten, ist einfach wichtig. Für mich zählen Konstanz und Ehrlichkeit mehr als Perfektion. ![Tom Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Tom_Online_65e2a5d872.jpg) ```Nordmann alias Tom begeistert als Streamer und Familienvater mit seiner Community-Nähe und kreativen Gaming-Inhalten``` Ich streame meist nachts, wenn zu Hause Ruhe einkehrt – so passt es am besten zum Familienalltag. Veranstaltungen plane ich frühzeitig, und dank der Unterstützung meiner Frau, Familie und Schwiegereltern lässt sich alles gut vereinbaren. Durch mein Homeoffice bin ich flexibel und erreichbar. Mein Management übernimmt Planung, Kommunikation und Verträge, wodurch ich mehr Struktur habe und mich voll auf Community, Streams und Content konzentrieren kann. Freizeit habe ich kaum, doch viele meiner Hobbys wie Boxen, Food-Vlogs oder Familienaktivitäten fließen eh direkt in meine Arbeit ein. Oft dachte ich: „Aufhören wäre jetzt einfacher.“ Eine Pause zeigte mir jedoch, wie sehr mir das Streaming als Ausgleich und durch den Austausch mit der Community fehlt. Der Anfang war tough: über 1.000 Stunden Stream im ersten Jahr bei nur wenigen Zuschauenden. Davon konnte ich meine Familie nicht ernähren. Es ist wie im Fußball: Entweder es kommt, oder nicht. Man muss da reinwachsen. Wichtig ist aber vor allem, dass es Spaß macht, man authentisch bleibt und es den Leuten gefällt. Kommunikation ist einfach das A und O, um Familie und Streaming zu vereinbaren. Pläne offen besprechen, klare Regeln vereinbaren und die gemeinsame Zeit bewusst pflegen. Rücksicht hat oberste Priorität! Die Familie darf nie leiden. Selbstständig zu sein ist generell nie einfach und als Streamer oder Influencer in der heutigen Zeit dauerhaft relevant zu bleiben oder überhaupt eine gewisse Reichweite aufzubauen, ist nochmal eine ganz eigene Herausforderung.