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15. Sep 2021

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Wirtschaft

Agrartechnik braucht Daten-Kompatibilität

Journalist: Jakob Bratsch

Der Zugang zu Daten und deren praxisorientierte Interpretation sind Innovationstreiber für eine nachhaltigere Landwirtschaft. Die wachsen-de Menge Informationen erfordert neue Datenmanagementkonzepte.

Ein Kernproblem war bisher die mangelnde oder nicht vorhandene Kompatibilität und Interoperabilität der angebotenen Soft- und Hardware für die Landwirtschaft, da viele Hersteller geschlossene Systeme anbieten. Zur stetigen Optimierung der landwirtschaftlichen Produktionsprozesse sind neue Features wie herstellerübergreifende Datenauswertungen, Dokumentation der Prozesse, Nachhaltigkeitsnachweise und Entscheidungsunterstützung gefragt.

Um diese am Markt geforderten Features anbieten zu können, nimmt der herstellerübergreifende Datenaustausch eine zentrale und fundamentale Rolle ein, da in landwirtschaftlichen Produktionsketten Maschinen und Agrar-Software-Produkte unterschiedlicher Hersteller zum Einsatz kommen. 

Differente Ordnerstrukturen und nicht zu 100 Prozent eingehaltene Standards führten vor allem in den vergangenen Jahren zu einer hohen Frustration bei den Anwendern, weil der gewünschte herstellerübergreifende Datenaustausch so nicht durchgängig möglich war. Hinzu kommt, dass vermehrt Agrar-Software-Unter-nehmen sich nicht diesen vermeintlich genormten Formaten gewidmet, sondern ebenfalls auf geschlossene Lösungen im Verbund mit Consumer Hardware gesetzt haben. Große Landtechnikhersteller bieten zudem auch eigene, in sich geschlossene Lösungen aus bestehenden Maschinen und Agrar-Software-Funktionen an. So waren bis dato wertvolle agronomische und Maschinendaten für die Endnutzer:innen, Landwirt:innen und Lohnunternehmer:innen, nicht herstellerübergreifend nutzbar. Die APIs als auch die konsequente Einhaltung genormter Datenformate (ISO11783/10) unterscheiden sich häufig von Hersteller zu Hersteller. 

Aktuell gibt es nur wenige verfügbare Schnittstellen zwischen Agrarsoftware-Lösungen und Maschinen für den Datenaustausch. Für eine ausreichend hohe Marktdurchdringung müsste jeder Anbieter von Agrarsoftware-Lösungen je eine Schnitt-stelle zu den jeweiligen Landmaschinen entwickeln und pflegen. Dieser Aufwand ist sehr hoch, meist unwirtschaftlich und begründet die bis heute relativ geringe Nutzung von Maschinendaten.

Da es keinen zentralen Zugang über die bestehenden hersteller-spezifischen Lösungen gibt, müssen auch hier viele individuelle Schnittstellen zu den Herstellern aufwendig aufgebaut und gepflegt werden. Wertvolles Know-how dieser Anbieter ist somit aus Sicht des Landwirts nicht nutzbar. Neben den etablierten Herstellern von Agrarsoftware bieten weitere Unternehmen, zum Teil Start-ups, neue Softwareprodukte für meist sehr spezifische Anwendungen an. Viele dieser Software-Tools benötigen den herstellerübergreifenden Zugang zu agronomischen sowie Maschinendaten, um den Landwirt bei seiner angestrebten Produktionsprozess-Optimierung zu unterstützen.

Das Marktpotenzial offener Datenaustauschplattformen oder zukünftiger Netzwerke zur Steigerung der Interoperabilität ist sehr hoch. Denn das Konzept berücksichtigt alle Markteilnehmer entlang der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette und ermöglicht allen Beteiligten einen diskriminierungsfreien Zugang. Darüber hinaus können damit alle Teilnehmenden ihren Endkund:innen, den Landwirt:innen und Lohnunternehmern, über nur eine Schnittstelle die Möglichkeit zum Datenaustausch mit allen anderen Teilnehmenden anbieten. Den Endnutzer:innen wird damit ein großes Portfolio zum individuellen Aus-tausch von Daten für ihren landwirtschaftliche Wertschöpfungskette geboten.

Der Zugang zu Daten und deren praxisorientierte Interpretation sind Innovationstreiber für eine nachhaltigere Agrarproduktion. Gleichzeitig erfordern die zunehmende Komplexität der landwirtschaftlichen Verfahren sowie die wachsende Menge an relevanten Informationen neue Konzepte für ein optimales Datenmanagement.

Landwirt:innen agieren als Unternehmer und müssen somit ihre Produktionsprozesse stetig und nachhaltig optimieren. Die Digitalisierung und das damit verbundene Datenmanagement sind dafür zunehmend adäquate Hilfsinstrumente.

Um die digitalen Hilfsmittel durchgängig nutzen zu können, sind folgende Hauptforderungen zukünftig zu erfüllen: offener und herstellerübergreifender Datenaustausch zwischen Maschinen und Softwareprodukten, freie und unabhängige Auswahl der Maschinen und Agrarsoftware-Applikationen und die Möglichkeit der individuellen Zusammenstellung und Konfiguration eines betriebseigenen Datenmanagement-ECO-Systems, automatisierte Korrektur von Maschinendaten und Konvertierung von Datenstandards untereinander, Nutzung öffentlich verfügbarer Daten, digitale Interaktion mit staatlichen Behörden, zeitlich befristete Zugriffssteuerung auf die eigenen Daten durch den Datenproduzenten mit ausschließlicher Datenhoheit beim Endnutzer/Eigenbestimmung zur Speicherung von Nutzungsdaten/transparente Übersicht der Datenflüsse. 

Diese Arbeit unterscheidet den Agrarsektor von anderen Branchen sehr stark, da der Bedarf zwischen den landwirtschaftlichen Systemen einer langen Historie unterliegt. So mussten sich die Landtechnikhersteller schon früh auf Standards z. B. bei der mechanischen sowie hydraulischen Koppelung von Traktor und Gerät einigen. Diese langjährige Zusammenarbeit ermöglicht heute die gemeinsame Umsetzung der oben aufgeführten Hauptforderungen. Neben der Zusammenarbeit in Industrie-Initiativen und Verbänden wird die Agrarbranche weiterhin in zukunftsweisenden Forschungsprojekten zum Datenmanagement auf nationaler und internationaler Ebene zusammenarbeiten, um für bekannte Problematiken Lösungen zu finden.

30. Apr 2025

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Wirtschaft

Bidirektionales Laden spart Milliarden , Elektroautos können viel mehr, als „nur“ leise und ohne Abgase zu fahren

Mit bidirektionaler Ladetechnologie (BiDi) können sie Strom speichern und ins Netz zurückspeisen. Eine aktuelle Studie von Transport & Environment (T&E) zeigt, dass dies für Europas Energieversorger und Autofahrer Einsparungen in Milliardenhöhe ermöglichen könnte. Die Einsparungen resultieren aus einer effizienteren Nutzung der Erzeugungskapazitäten und einem geringeren Kraftstoffverbrauch. Um das Potenzial dieser Technologie zu nutzen, sind jedoch geeignete regulatorische Rahmenbedingungen notwendig. Laut der T&E-Studie könnte das Einsparpotenzial für Energieversorger und Verbraucher in der EU bis zu 22 Milliarden Euro jährlich betragen, was etwa acht Prozent der Kosten für das EU-Energiesystem entspricht. Von 2030 bis 2040 könnte die BiDi-Technik EU-weit mehr als 100 Milliarden Euro einsparen, allein in Deutschland bis zu 8,4 Milliarden Euro jährlich. Ein Grund für die hohen Einsparungen ist die Möglichkeit, mehr Strom aus erneuerbaren Quellen, insbesondere Solarstrom, in das Energiesystem zu integrieren. Die Nutzung der Fahrzeugakkus könnte den Bedarf an teureren stationären Speichern in der EU um bis zu 92 Prozent senken und die installierte PV-Leistung um bis zu 40 Prozent steigern. Die Halter von Elektrofahrzeugen profitieren direkt vom bidirektionalen Laden, da sie mit geringeren Stromkosten rechnen können. Zudem dürfte die Lebensdauer der Fahrzeugakkus durch optimiertes Laden steigen. In Frankreich haben The Mobility House und Renault beispielsweise das erste Vehicle-to-Grid (V2G)-Angebot eingeführt. Besitzer eines V2G-fähigen Renault 5 können mit einer speziellen Wallbox kostenfrei laden und ihren Fahrzeugakku ins Energiesystem einspeisen. Dieses Angebot soll bald auch in Deutschland und dem Vereinigten Königreich verfügbar sein. Im deutschen Markt gibt es jedoch noch Herausforderungen, wie den langsamen Roll-out von Smart Metern und die Notwendigkeit, einen passenden rechtlichen Rahmen zu schaffen. Der zweite Europäische Gipfel für bidirektionales Laden hat klare Handlungsempfehlungen ausgesprochen, die nun umgesetzt werden müssen. Dazu gehört die Abschaffung der Doppelbelastung von zwischengespeichertem Strom durch Netzentgelte und die Sicherstellung, dass „grüner“ Strom seine Förderansprüche auch bei Zwischenspeicherung im Akku behält. Die Messe „The smarter E Europe“ 2025 wird dem Thema eine eigene Sonderschau widmen, um Chancen und Herausforderungen für die Mobilitäts- und Energiebranche aufzuzeigen. Die Veranstaltung findet vom 7. bis 9. Mai 2025 in München statt und vereint vier Fachmessen: Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe. Die Sonderschau auf „The smarter E Europe“ wird dabei Produkte und Lösungen für das bidirektionale Laden präsentieren und Raum für Austausch und Networking bieten. ## Factbox The smarter E Europe vereint als Europas größte Messeallianz für die Energiewirtschaft vier Fachmessen (Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe) und findet vom 7. bis 9. Mai 2025 auf der Messe München statt. https://www.powertodrive.de/home