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30. Apr 2025

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Wirtschaft

Auf der Überholspur: Wie Europas Batteriebranche aus der Nische zum Nervenzentrum wird

Journalist: Thomas Soltau

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Foto: Netze BW/unsplash

Es knistert in der Batteriebranche – und das nicht nur elektrisch. Was jahrelang wie ein technisches Nischenthema zwischen Forschungsförderung, Start-up-Träumereien und Förderbescheiden dahinplätscherte, steht heute im Zentrum eines der spannendsten Industrie-Umbrüche der letzten Jahrzehnte. Wer denkt, es gehe bei Batterien nur um Akkus in Handys und Autos, hat nicht mit dem wachsenden Energiehunger von Bussen, Baumaschinen oder Fabrikhallen gerechnet – und schon gar nicht mit dem Tempo, das viele europäische Hersteller gerade vorlegen.

Der globale Markt für Batteriespeicher wird laut BloombergNEF bis 2030 auf ein Volumen von über 620 Milliarden US-Dollar anwachsen. Das bedeutet: eine Vervierfachung der heutigen Nachfrage. Allein im Verkehrssektor wird sich der Energiebedarf bis dahin fast verdreifachen. Und wo Nachfrage ist, rollt auch die Entwicklung. Vor allem in Europa wächst die Zahl der Unternehmen, die ausgereifte Technologieplattformen jetzt aus der Entwicklungs- in die Industrialisierungsphase bringen. Viele von ihnen haben in den letzten Jahren leise an Technologien getüftelt, während asiatische Konzerne bereits mit Volumenproduktion glänzten. Nun aber beginnen sie, die Bühne zu betreten – mit Produkten, die genau auf jene Märkte zielen, die bisher oft vernachlässigt wurden.

Es geht nicht mehr nur um Reichweite, sondern um Verlässlichkeit, Integration und Ladegeschwindigkeit.

Besonders bei Nutzfahrzeugen, also E-Bussen, schweren Trucks oder Offroad-Fahrzeugen, zeigt sich, was moderne Batteriesysteme heute leisten können – und leisten müssen. Es geht nicht mehr nur um Reichweite, sondern um Verlässlichkeit, Integration und Ladegeschwindigkeit. Wenn ein 40-Tonner in 15 Minuten auf 400 Kilometer geladen werden kann, ist das kein Wunschtraum mehr, sondern Realität – zumindest dort, wo auf immersionsgekühlte Hochleistungszellen gesetzt wird. Und auch bei stationären Speichern tut sich einiges: LFP-basierte Systeme mit über 8.000 Zyklen machen Speicherlösungen für Industrie und Gewerbe nicht nur wirtschaftlich, sondern endlich auch robust genug für den Dauereinsatz.

Auffällig ist der Trend zur Modularität. Viele Hersteller setzen auf Systembaukästen, mit denen sich Batteriemodule je nach Bedarf skalieren und konfigurieren lassen – sei es für den Bus mit beengtem Bauraum, für Baustellenfahrzeuge mit Sondermaßen oder für Containerlösungen zur Netzstabilisierung. Während klassische Automobil-Akkus oft auf Serienlogik getrimmt sind, entstehen hier Lösungen, die sich flexibel an Kundenwünsche anpassen lassen – und das in einer Qualität, die mit vollautomatisierten Fertigungslinien produziert wird. Der Vorteil: höhere Stückzahlen, niedrigere Kosten, bessere Verfügbarkeit.

Dass es dabei nicht bei Technik allein bleibt, zeigen strategische Allianzen mit Partnern aus dem Antriebs- und Fahrzeugbau. Wer Batterien liefern will, muss heute auch Integration mitdenken – und Software, Schnittstellen, Sicherheitskonzepte gleich mit. Gerade in Märkten wie Defense, Bau, Logistik oder Notstromversorgung sind Komplettlösungen gefragt, keine Puzzleteile. Kurzum: Die Batteriebranche ist erwachsen geworden. Und wer sie jetzt noch belächelt, sollte sich besser anschnallen – es könnte eine elektrische Überraschung werden.

Viele Hersteller setzen auf Systembaukästen, mit denen sich Batteriemodule je nach Bedarf skalieren und konfigurieren lassen – sei es für den Bus mit beengtem Bauraum, für Baustellenfahrzeuge mit Sondermaßen oder für Containerlösungen zur Netzstabilisierung.

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.