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30. Apr 2025

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Wirtschaft

Elektrotransformation nimmt Fahrt auf

Journalist: Julia Butz

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Foto: Lidia Volovaci/pexels

Die Branche steuert auf einen Durchbruch bei E-Lkw bis 2030 zu – mit steigender Reichweite und Ladeleistung.

Die EU hat mit ihrem Automotive Action Plan im März dieses Jahres eine umfassende Strategie für die Transformation der Automobilindustrie vorgelegt. Ziel ist es, die Branche durch klimafreundliche Antriebe und digitale Innovationen zukunftsfest zu machen, um im globalen Wettbewerb, insbesondere mit China, Schritt zu halten. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Elektrifizierung des Schwerlastverkehrs – einem Schlüsselsektor für die europäische Wirtschaft, da sie für einen erheblichen Anteil der CO₂-Emissionen im Straßenverkehr verantwortlich sind. In ihrem Action Plan setzt die EU auf eine Kombination aus verschärften CO₂-Zielen und milliardenschweren Förderprogrammen: Bis 2030 sollen die Emissionen neuer Lkw um 45 Prozent, bis 2040 sogar um 90 Prozent sinken. Busse des öffentlichen Stadtverkehrs sollen bis 2030 gänzlich emissionsfrei unterwegs sein. Um dies zu erreichen, fördert die EU u. a. gezielt Megawatt-Ladestationen (MCS), die das Laden von E-Lkw in unter einer Stunde ermöglichen. Technologiefortschritte, die eine funktionierende Praxistauglichkeit für die Elektrifizierung von Transport- und Logistikflotten maßgeblich vorantreiben.

Doch das volle Potenzial lässt sich nur heben, wenn auch die Ladeinfrastruktur mit der Nachfrage Schritt hält. Bislang größtes Manko: der Großteil der (Schnell-)Ladepunkte ist nicht auf die Abmessungen von Lkw ausgerichtet und oftmals nur durch Abkopplung des Anhängers nutzbar. Auch die für Lkw geltende EU-Verordnung zum Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) fordert bis 2030 den schrittweisen Aufbau von mindestens 20.000 öffentlichen Lkw-Ladepunkten entlang der transeuropäischen Verkehrskorridore (TEN-V). Um diesen Ausbau zu beschleunigen, sieht der EU-Aktionsplan u. a. eine Vereinfachung der Genehmigungsverfahren vor. Netzanschlüsse für Lkw-Ladeprojekte sollen dabei Priorität erhalten; die Bebauungsgenehmigungen für Ladestationen, insbesondere an Autobahnen und in Logistikzentren, deutlich beschleunigt werden.

Bis 2030 sollen die Emissionen neuer Lkw um 45 Prozent, bis 2040 sogar um 90 Prozent sinken.

Neben ökologischen Aspekten wird der Wechsel zu Elektro-Lkw auch aus wirtschaftlichen Anreizen zunehmend attraktiv. Die steigenden CO₂-Preise für fossile Energieträger, die seit 01.01.25 bereits auf 55 Euro pro Tonne geklettert sind und mittelfristig voraussichtlich in einen verpflichtenden Emissionshandel übergehen, können die Betriebskosten für Diesel-Lkw signifikant erhöhen. Hinzu kommt die erhöhte Maut für Verbrenner-Lkw seit Dezember 2023, die den Kostendruck auf konventionelle Antriebe verstärkt. Im Gegenzug profitieren E-Lkw von Mautbefreiungen und Förderprogrammen, die die Betriebskosten über die gesamte Nutzungsdauer eines Fahrzeugs (Total Cost of Ownership TCO) senken. Studien* zeigen, dass sich die höheren Anschaffungskosten von E-Lkw durch geringere Energiekosten, reduzierte Wartungsaufwendungen und staatliche Zuschüsse bereits nach vier bis sechs Jahren amortisieren. Demnach könnten 2030 E-Lkw in den meisten Fahrzeugklassen die kostengünstigste Wahl zur CO₂-Reduktion sein und – bei Strombezug aus dem europäischen Netz – die niedrigsten Gesamtkosten über ihre Nutzungsdauer haben.

Neben ökologischen Aspekten wird der Wechsel zu Elektro-Lkw auch aus wirtschaftlichen Anreizen zunehmend attraktiv.

Fakten

Laut Strategy&-Studie „Battery-electric trucks on the rise“ erreicht die E-Transformation im Transportsektor vor 2030 den Kipppunkt: Bis 2030 werden voraussichtlich 20 Prozent aller Busse und Lkw batterieelektrisch fahren. Bis 2040 könnten bereits 90 Prozent des Transports elektrisch betrieben sein.

Quelle: „Battery-electric trucks on the rise” von Strategy& lt. Statista Veröffentlichung 9/24

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Warum deutsche Gründlichkeit KI nicht killt, sondern krönt – mit Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH

![Markus Willems-2025 Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Markus_Willems_2025_Online_14a23ae24b.jpg) ``` Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH ``` Die Integration von Künstlicher Intelligenz in die deutsche Wirtschaft erfordert einen strategischen Balanceakt. Unternehmen müssen robuste Dateninfrastrukturen schaffen, in Fachkräfte investieren und eine Innovationskultur etablieren, die KI als Werkzeug versteht, nicht als Bedrohung. Die Absicherung von KI-Modellen gegen Angriffe wie Model oder Data Poisoning verlangt einen ganzheitlichen Ansatz: kontinuierliches Monitoring, regelmäßige Audits und die Implementierung des „Security-by-Design”-Prinzips. Besonders wichtig ist die Nachvollziehbarkeit von KI-Systemen durch transparente Dokumentation der Trainingsverfahren und Datenquellen. „Trustworthy AI” bedeutet im Cybersicherheitskontext konkret: Robustheit gegen Manipulationen, Transparenz in Entscheidungsprozessen und nachvollziehbare Compliance-Mechanismen. Deutschland kann hier durch die Verbindung seiner traditionellen Stärken in Qualitätssicherung mit innovativen KI-Ansätzen Standards setzen – nicht durch übermäßige Regulierung, sondern durch praxisnahe Zertifizierungsverfahren und Best Practice-Richtlinien. Die Cybersicherheitsanforderungen werden zur Chance, wenn sie sich als Qualitätsmerkmal „Made in Germany” etablieren lassen. Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden. Dabei lässt sich die technologische Abhängigkeit von Cloud-Anbietern durch hybride Ansätze reduzieren: Kritische Prozesse können in europäischen Cloud-Infrastrukturen verbleiben, während standardisierte Schnittstellen die Interoperabilität sicherstellen. Entscheidend ist stets die Entwicklung souveräner Kompetenzen für Datenverarbeitung und -analyse, ohne sich vom globalen Innovationsökosystem abzukoppeln. Letztlich wird erfolgreiche KI-Integration in Deutschland davon abhängen, ob es gelingt, Sicherheit nicht als Gegenpol zu Innovation zu begreifen, sondern als deren Fundament. >Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden.