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29. Sep 2022

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Wirtschaft

Agri-PV verhindert Flächenkonkurrenz

Journalist: Theo Hoffmann

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Foto: Presse/ISE

Landwirtschaftliche Flächen doppelt zu nutzen, Einnahmen zu steigern und damit gleichzeitig die Energiewende anzutreiben, ist mehr als verlockend.

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Max Trommsdorff, Vorsitzender des IMP Ilumni der Universität Freiburg und Gruppenleiter im Team
Agrophotovoltaik beim Fraunhofer ISE

Ackerflächen sind in Deutschland ein hohes Gut und wir sollten sorgfältig mit ihnen umgehen und alle Möglichkeiten ausschöpfen, um sie rentabel zu nutzen. Die Landwirtschaft freut sich über die verstärkte Nachfrage und natürlich auch über die Förderungen im Rahmen des Erneuerbare-Energie-Gesetzes beim Einsatz von Freiflächen-Photovoltaikanlagen. Die Agri-Photovoltaik (Agri-PV) erlaubt eine gleichzeitige Nutzung von Flächen für die landwirtschaftliche Pflanzenproduktion (Photosynthese) und die PV-Stromproduktion (Photovoltaik). Die Forschung in diesem Bereich läuft auf Hochtouren und setzt immer neue Maßstäbe, wie ein Blick auf die Arbeit des Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (kurz Fraunhofer ISE) in Freiburg im Breisgau zeigt. „Die Agri-PV-Technologie hat sich in den letzten Jahren sehr dynamisch entwickelt und in fast allen Regionen der Welt verbreitet“, schreibt das Fraunhofer ISE. „Die installierte Agri-PV-Leistung stieg exponentiell von ca. 5 MWp im Jahr 2012 und ca. 2,9 GWp (2018) auf mehr als 14 GWp im Jahr 2020, mit staatlichen Förderprogrammen in Japan (seit 2013), China (ca. 2014), Frankreich (seit 2017), den USA (seit 2018) und zuletzt Korea.“

Dabei wurde ein breites Spektrum in der Intensität und Art der landwirtschaftlichen Nutzung und im Mehraufwand für den PV-Anlagenbau abgedeckt. „Dieses Spektrum reicht vom Anbau von Sonderkulturen und intensiven Ackerkulturen mit speziellen PV-Montagesystemen bis zu extensiver Beweidung mit marginalen Anpassungen auf der PV-Seite“, so das Fraunhofer ISE. „Damit steigert Agri-PV die Flächeneffizienz und ermöglicht den Ausbau der PV-Leistung bei gleichzeitigem Erhalt fruchtbarer Ackerflächen für die Landwirtschaft oder in Verbindung mit der Schaffung artenreicher Biotope.“

Die Vorteile für die Energiewirtschaft, die Landwirtschaftsbetriebe und den Ausbau erneuerbarer Energien liegen auf der Hand. Mithilfe der Agri-Photovoltaik kann ein riesiges Flächenpotenzial erschlossen werden und die Installation ist am Ende weit günstiger als bei kleinen PV-Dachanlagen. Für die Landwirte ergibt sich durch die raffinierten neuen Anlagen ein Zusatznutzen auch mit Blick auf Schutz vor Hagel-, Frost- und Dürreschäden. Und sie verdienen u. a. an einer Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energie-Gesetz speziell auch für Agri-Photovoltaik-Systeme. „Auch die angepasste Verordnung zu den GAP-Direktzahlungen gehört dazu“, äußert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. „So ermöglichen wir Betrieben, die Agri-Photovoltaik installieren, weiter 85 Prozent der Prämien für die landwirtschaftliche Nutzung der Fläche zu beziehen.“

Natürlich sind bei der Agri-PV noch viele Fragen offen, die bei der Vielfalt der landwirtschaftlichen Anbautechniken und auch der Nutzung durch Tierhaltung geklärt werden müssen. Für den Obstanbau und für Gewächshäuser gelten andere Bedingungen als auf Ackerflächen. Solche offenen Fragen hat auch unser Landwirtschaftsminister Cem Özdemir im Blick: „Lassen sich Agri-Photovoltaik-Anlagen auch gut mit dem Anbau von Sonderkulturen wie Beerenobst kombinieren? Gibt es Lösungen für Gewächshäuser? Und wie schaffen wir eine breite Akzeptanz bei der Bevölkerung? Ein zentrales Forschungsvorhaben des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE und seiner Partner startet dazu Mitte 2022.“

Ein ganz aktuelles Forschungsthema am Fraunhofer ISE trägt den vielsagenden Namen WATERMED4.0. Wir haben Max Trommsdorff, der Vorsitzender des IMP Ilumni der Universität Freiburg und Gruppenleiter im Team Agrophotovoltaik beim Fraunhofer ISE ist, befragt, was sich dahinter verbirgt. „Hier untersuchen wir Möglichkeiten, neben der Produktion von Strom und Lebensmittel eine dritte Ernte in Agri-PV-Systeme zu integrieren: Wasser. Das funktioniert in unserem Prototypen im Norden Algeriens über eine V-Anordnung der PV-Modulreihen, über die Regenwasser in den feuchten Wintermonaten aufgefangen und in einem Wassertank gespeichert wird. In den trockenen Sommermonaten kann das Wasser für ein effiziente Tröpfchenbewässerung der Pflanzen unter den PV-Modulen genutzt werden.“

Ein weiteres Thema ist auch die Aqua-PV. Trommsdorff erklärt: „Aufgrund der Ergebnisse von ISE-Studien wird erwartet, dass Aqua-PV die Landnutzungsrate im Vergleich zu einer reinen Freiflächen-Photovoltaikanlage annähernd verdoppelt. Derzeit sind zwei Forschungsanlagen in Vietnam geplant. Eine der geplanten Anlagen mit 1 MW Leistung wird mit integrierten Solarmodulen in einem Glastunnel ausgestattet. Der PV-Glastunnel verbessert die Arbeitsbedingungen durch die Verschattung, bietet Schutz vor Raubfang und sorgt für eine stabile und niedrigere Wassertemperatur, die das Shrimp-Wachstum begünstigt. Den ersten Analysen zufolge kann die Pilotanlage voraussichtlich etwa 15.000 Tonnen CO2-Emissionen jährlich einsparen.“

Landwirtschaftliche Flächen sind eine begrenzte und wertvolle Ressource. Die Agri-Photovoltaik (Agri-PV) bietet hier Chancen, indem sie Lebensmittel- und Stromproduktion auf derselben Fläche ermöglicht. Die Anforderungen für verschiedene Nutzungen sind aber hoch. Lösungen werden am Fraunhofer ISE erforscht.

31. Mär 2025

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Wirtschaft

Nachhaltiges Bauen als Gemeinschaftsaufgabe verstehen – Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand DGNB e.V.

Wir beschäftigen uns seit 17 Jahren damit, das nachhaltige Bauen in sämtlichen Planungs- und Entscheidungsprozessen zu etablieren. Die Themen, die sich im Laufe der Jahre daraus ergeben haben, sind vielfältig. Einige haben sich bereits verstetigt und sind zum festen Bestandteil einer jeden Planung geworden. Das ist erfreulich und bestärkt unser Tun. Allerdings kommen auch immer neue Themen, mit denen es sich zu beschäftigen gilt, dazu. Das wird von vielen Beteiligten in der Bau- und Immobilienbranche als anstrengend und herausfordernd empfunden und das darf es auch sein. Wir plädieren dafür, die Chancen darin zu sehen, um ins Handeln zu kommen. Gerade in unserer eher trägen Branche tut es doch gut, Impulse wahrzunehmen, Abläufe zu überdenken und offen zu sein für Neues. Die Alternative wäre ein lähmender Stillstand, den wir uns gerade in der heutigen Zeit des allgemeinen Wandels nicht leisten können. Dass ein Umdenken stattfindet, merken wir eigentlich in allen Bereichen unseres Handelns. Der Zulauf in unserem Non-Profit-Verein ist groß, unsere Fort- und Weiterbildungsangebote sind ausgebucht und auch die Projektanmeldungen zur Gebäude- und Quartierszertifizierung haben sich vervielfacht. Nachhaltigkeit ist nicht mehr nur ein imageförderndes Beiwerk, sondern wird aus Überzeugung aber auch aus der Erkenntnis heraus angewandt, dass höher, schneller, weiter keine Option mehr darstellen. Die Transformation der Branche im Sinne einer zukunftsfähig-gebauten Umwelt ist in vollem Gange. Das hat zur Folge, dass sich immer mehr Menschen ernsthaft mit Themen wie Ökobilanzierung, Zirkularität, Suffizienz und Bestandserhalt auseinandersetzen, sprechfähig sind und in einen ernst gemeinten Dialog treten. >Nachhaltigkeit ist nicht mehr nur ein imageförderndes Beiwerk, sondern wird aus Überzeugung aber auch aus der Erkenntnis heraus angewandt, dass höher, schneller, weiter keine Option mehr darstellen. Die Transformation der Branche im Sinne einer zukunftsfähig-gebauten Umwelt ist in vollem Gange. Was bleibt, ist die Tatsache, dass die Prozesse beim Bauen lang sind. Umso wichtiger ist hier der fach- und gewerkeübergreifende Schulterschluss, um endlich schneller zu werden. Es sind bereits viele Lösungsansätze vorhanden und erprobt, die weitergedacht werden können. Wir plädieren stark dafür, das Rad nicht immer neu zu erfinden, sondern auf vorhandenem Wissen und vielleicht noch wichtiger, auf vorhandenen Erfahrungen aufzubauen um den wachsenden Herausforderungen, verursacht durch Klimawandel, Ressourcenknappheit, Biodiversitäts- und Energiekrise gerecht zu werden. Nachhaltigkeit muss von Anfang an und von allen Beteiligten mitgedacht werden. Hier hilft der integrale Planungsansatz bei dem nicht nur der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes von der Planung über den Bau bis hin zu Betrieb und Rückbau betrachtet werden, sondern auch sämtliche Fachplanerinnen und Fachplaner ab Projektstart an einem Tisch sitzen und auf Augenhöhe kommunizieren. Synergien werden dadurch erkannt und effizient sowie ohne Kostensteigerung umgesetzt. Apropos Kosten: Neben neuen Themen und Erkenntnissen treffen wir auch auf immer neue Zielgruppen. Aktuell ist es der Finanzsektor, der in die Verantwortung rückt, Geldströme zur Förderung nachhaltiger Investitionen zu lenken. Und so schließt sich einmal mehr der Kreis, in dem alle Beteiligten eingebunden werden müssen, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen und eine lebenswerte Zukunft für alle Menschen auf der Erde zu garantieren.

14. Nov 2024

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Wirtschaft

Tierfutter im Überblick

**Bio für weniger Rückstände** Biofutter wird aus biologisch erzeugten Zutaten und Inhaltsstoffen hergestellt. Aufgrund der Richtlinien für biologische Landwirtschaft werden dabei keine bzw. weniger synthetische Pestizide, chemische Düngemittel oder genetisch veränderte Organismen eingesetzt. Von Vorteil ist hierbei vor allem, dass dadurch weniger Rückstände, beispielsweise von Antibiotika im Futter enthalten sind. Gut zu wissen: Antibiotikarückstände in Fleisch sind enorm schlecht verträglich und können sogar zu Krankheiten führen. Auch wird bei Biofutter auf eine nachhaltige und artgerechte Tierhaltung Wert gelegt, was dem Schutz der Umwelt dient und die Lebensqualität der Tiere steigert. Häufig ist Biofutter gut geeignet für empfindliche Tiere, aufgrund der hochwertigen und natürlichen Inhaltsstoffe. Wenn Tiere beispielsweise Unverträglichkeiten haben, vertragen sie Biofutter meist besser. Ein Nachteil von Biofutter ist allerdings der Preis, welcher meist teurer ist als herkömmliches Futter. Allerdings ermöglicht der höhere Preis den Bio-Bauern ein nachhaltiges und angemessenes landwirtschaften. ![pexels-rdne-7782871.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/pexels_rdne_7782871_6a7a305874.jpg) **Probiotika und Zusatzfutter** Häufig bekommen Tiere mit einer empfindlichen Verdauung Probiotika oder Zusatzfutter verabreicht. Probiotika sind Futterzusätze, die aus lebenden Mikroorganismen bestehen und auch bei Menschen eine positive Wirkung auf das gesamte Verdauungssystem haben. Auch das Immunsystem kann durch die Einnahme von Probiotika gestärkt werden. Ein dritter positiver Aspekt von Probiotika: Das Wohlbefinden in Stresssituationen kann gesteigert werden. Bei Tieren ist dies beispielsweise der Tierarztbesuch. In Zusatzfutter allgemein sind auch häufig Vitamine, Mineralien oder andere Ergänzungen enthalten, abhängig von den Gesundheitszielen der Tiere. Durch die gezielte Zugabe bestimmter Zusatzstoffe im Futter können Mangelerscheinungen behoben und gesundheitliche Probleme gelindert werden. Hierzu zählen meist auch Allergien. Es sollte immer evaluiert werden, welches Tier welches Futter und gegebenenfalls welche Zusatzstoffe benötigt. Die Wirkung kann unterschiedlich ausfallen und nicht bei jedem Tier ist die Gabe von Probiotika gleichermaßen effektiv. Ein Nachteil ist – ähnlich wie beim Biofutter –, dass hochwertige probiotische Zusätze und Ergänzungen im Zusatzfutter meist teuer sind. ![pexels-mohd-adnan-khan-78969656-14965274.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/pexels_mohd_adnan_khan_78969656_14965274_1e096f4b04.jpg) **Performancefutter für aktive Tiere** Unter Performancefutter versteht man spezielles Futter, um den erhöhten Nährstoffbedarf von aktiven, arbeitenden oder sportlichen Tieren zu decken. Meist enthält Performancefutter einen erhöhten Anteil an Proteinen, Fetten und Energie. Vorteile dieses speziellen Futters sind die höhere Leistungsfähigkeit der Tiere, da das Futter auf den gesteigerten Energiebedarf angepasst ist. Insbesondere auch bei intensiver Bewegung wird gewährleistet, dass genügend Nährstoffe aufgenommen werden und die Tiere weiterhin Leistungsfähig bleiben. Auch enthält Performancefutter oft zusätzliche Nährstoffe, die Muskulatur, Gelenke und die allgemeine Fitness unterstützen. Hierzu zählen vor allem Omega-3-Fettsäuren. Diese tragen auch zu einer schnelleren Regeneration nach intensiver Aktivität bei. Es gilt zu beachten, dass dieses spezielle Futter nur für sehr aktive Tiere geeignet ist, da es ansonsten zu Übergewicht führen kann. Wie auch Zusatzfutter und Biofutter, ist bei Performancefutter aufgrund der speziellen und hochwertigen Inhaltsstoffe meist ein teurerer Preis zu erwarten. ![GemaesteteLarven_und_Junglarven.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Gemaestete_Larven_und_Junglarven_5eda974d54.jpg) **Insekten als Umweltretter** Larven der Schwarzen Soldatenfliege oder Mehlwürmer werden häufig aufgrund ihres Proteingehalts als Basis von Insektenfutter genutzt. Klingt erstmal überraschend? Futter aus Insekten ist der neueste Trend in der Landwirtschaft und auch im privaten Bereich. Es wird als umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen tierischen Proteinen wie Huhn oder Rind gesehen. Insektenprotein hat einen deutlich geringeren ökologischen Fußabdruck als die Fleischproduktion: weniger Wasserverbrauch bei der Erzeugung und deutlich weniger CO2-Emissionen. Auch für Tiere mit Allergien oder Unverträglichkeiten kann Insektenprotein eine gute Alternative gegenüber herkömmlichen Proteinquellen darstellen, da Insekten bei vielen Tieren zum natürlichen Nahrungsmittelspektrum zählen. Außerdem ist das Futter enorm nährstoffreich: Insekten bestehen aus einem großen Proteinanteil, essenziellen Aminosäuren und gesunden Fettsäuren. Da insektenbasiertes Tierfutter gerade erst etabliert wird, ist es meist noch etwas teurer und nicht so verbreitet wie herkömmliches Futter. Auch kann es vorkommen, dass Tiere und Tierhalter sich erst einmal an Insektenfutter gewöhnen und es akzeptieren müssen.