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27. Apr 2020

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Wirtschaft

Auf dem Weg in die digitale Zukunft

Journalist: Armin Fuhrer

Der Volkswagen-Konzern treibt die Smart Factory voran, sagt Gerd Walker, Head of Production von VW. Deutschland insgesamt sieht er auf einem guten Weg.

Welche Vorteile hat die Smart Factory für Volkswagen?

Mit der Smart Factory und der Digitalisierung unserer Wertschöpfungskette verfolgen wir im Volkswagen Konzern drei Ziele: Mehr Transparenz, mehr Effizienz und eine höhere Flexibilität.

„Mehr Transparenz“ bezieht sich dabei sowohl auf die Erfassung des Produktionszustands in Echtzeit, um auf Störungen und Abweichung sofort und umfassend reagieren zu können, als auch auf das ganzheitliche Aufnehmen der Prozessparameter, um proaktiv Verbesserungshebel erkennen zu können. „Mehr Effizienz“ wird unter anderem durch verbesserte Transparenz in bestehenden Prozessen, aber vor allem mit neuen innovativen Methoden (wie smarte Mensch-Maschine-Kollaboration) und Fertigungstechnologien (wie Fehlervermeidung durch Computer Vision) erzeugt. „Höhere Flexibilität“ entsteht größtenteils durch eine umfassendere Erfassung von Input- und Störgrößen, wodurch verbesserte Planungs- und Simulationsmethoden ermöglicht werden.

Welche Rolle spielt die Vernetzung?

Die Vernetzung sämtlicher Anlagen und Maschinen ermöglicht es uns, Transparenz von der Prozessebene bis hin zum globalen Produktionsverbund mit 122 Fertigungsstätten zu erlangen. Digitale Anwendungen und Lösungen unterstützen uns dabei, die Planung und Steuerung dieses Produktionsnetzwerkes effizienter zu gestalten und eine höhere Flexibilität zu gewährleisten.

Und welche Rolle können Cloudlösungen spielen?

Der Ausbau einer leistungsstarken und modular flexiblen IT-Architektur im Volkswagen Konzern verfolgt drei übergeordnete Ziele: maximale Anschlussmöglichkeit für innovative IT-Lösungen in der Fertigung und Logistik, Standardisierung und Synergienutzung auf System- und Anwendungsebene sowie schnelle Skalierbarkeit der neuen Lösungen für alle Standorte im Fertigungsverbund. Bei der Volkswagen-internen Cloudlösung sprechen wir von der Digital Production Platform (DPP). Dabei ist die Skalierbarkeit für die VW eigenen Standorte, aber auch ausgewählte Partnerstandorte aktuell stark im Fokus, da hierbei große Effizienzpotentiale gesehen werden. Weiterhin wird Volkswagen auch eine externe Cloudlösung, die Industrial Cloud anbieten.

Gibt es Partnerschaften mit anderen Unternehmen?

Wir haben bereits 2019 eine langjährige Entwicklungspartnerschaft mit Amazon Web Services (AWS) und Siemens gestartet, in der wir gemeinsam die Volkswagen DPP und die externe Industrial Cloud entwickeln. Die dabei verwendete AWS Cloud Technologie bietet Volkswagen eine standardisierte, stabile technologische Basis, die regelmäßig weiterentwickelt und ergänzt wird. Die modular aufgebauten Services sind Grundlage für den Aufbau Volkswagen spezifischer Applikationen, die in der Cloud angeboten werden und leicht an unterschiedlichen Standorten zum Einsatz kommen können.

Neben dieser Cloudlösung setzen wir auch auf ein starkes Partnernetzwerk wie dem Technologieunternehmen Siemens, das uns unter anderem bei der Integration und Konnektivität des Maschinenparks unterstützt. Auch andere Maschinen- und Anlagenhersteller haben bereits Interesse an einer Zusammenarbeit bekundet.

Wie steht es um die digitale Transformation?

Die Digitale Transformation bei VW wird derzeit in verschiedenen strategischen Initiativen umgesetzt. Dabei ist klar, dass wir die Digitalisierung der Wertschöpfungskette zukünftig noch stärker forcieren. Aktuell konzentrieren wir markenübergreifende Arbeitsgruppen auf Themen wie digitales Shopfloor Management, prädiktive Instandhaltungssysteme in verschiedenen Gewerken, oder Computer Vision zur Fehlererkennung in Logistik und Oberflächenprozess. Das Rollout der DPP auf weitere 15 Werke wird 2020 vom sogenannten Onboarding Team weltweit vorangetrieben. Die digitale Transformation folgt einer Roadmap über die nächsten fünf Jahre und wird regelmäßig und kurzzyklisch mit Neuheiten aus unseren digitalen Innovationseinheiten befeuert.

Wo steht die deutsche Industrie insgesamt?

Sie hat die Digitalisierung als Schlüsseltechnologie erkannt und arbeitet intensiv an möglichen Einsatzgebieten. Global gesehen bleiben allerdings das Silicon Valley, Israel und China Vorreiter bei der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz. Aber ich bin mir sicher: Wenn die deutsche Industrie ihre Stärken und Kernkompetenzen nutzt, können wir insbesondere im industriellen Umfeld eine Vorreiterrolle einnehmen.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Warum deutsche Gründlichkeit KI nicht killt, sondern krönt – mit Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH

![Markus Willems-2025 Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Markus_Willems_2025_Online_14a23ae24b.jpg) ``` Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH ``` Die Integration von Künstlicher Intelligenz in die deutsche Wirtschaft erfordert einen strategischen Balanceakt. Unternehmen müssen robuste Dateninfrastrukturen schaffen, in Fachkräfte investieren und eine Innovationskultur etablieren, die KI als Werkzeug versteht, nicht als Bedrohung. Die Absicherung von KI-Modellen gegen Angriffe wie Model oder Data Poisoning verlangt einen ganzheitlichen Ansatz: kontinuierliches Monitoring, regelmäßige Audits und die Implementierung des „Security-by-Design”-Prinzips. Besonders wichtig ist die Nachvollziehbarkeit von KI-Systemen durch transparente Dokumentation der Trainingsverfahren und Datenquellen. „Trustworthy AI” bedeutet im Cybersicherheitskontext konkret: Robustheit gegen Manipulationen, Transparenz in Entscheidungsprozessen und nachvollziehbare Compliance-Mechanismen. Deutschland kann hier durch die Verbindung seiner traditionellen Stärken in Qualitätssicherung mit innovativen KI-Ansätzen Standards setzen – nicht durch übermäßige Regulierung, sondern durch praxisnahe Zertifizierungsverfahren und Best Practice-Richtlinien. Die Cybersicherheitsanforderungen werden zur Chance, wenn sie sich als Qualitätsmerkmal „Made in Germany” etablieren lassen. Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden. Dabei lässt sich die technologische Abhängigkeit von Cloud-Anbietern durch hybride Ansätze reduzieren: Kritische Prozesse können in europäischen Cloud-Infrastrukturen verbleiben, während standardisierte Schnittstellen die Interoperabilität sicherstellen. Entscheidend ist stets die Entwicklung souveräner Kompetenzen für Datenverarbeitung und -analyse, ohne sich vom globalen Innovationsökosystem abzukoppeln. Letztlich wird erfolgreiche KI-Integration in Deutschland davon abhängen, ob es gelingt, Sicherheit nicht als Gegenpol zu Innovation zu begreifen, sondern als deren Fundament. >Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden.