2. Nov 2020
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Business
Journalist: Katja Deutsch
Bundesbankvorstand Dr. Johannes Beermann rät, die Relevanz von Bargeld auch zukünftig nicht zu unterschätzen.
Unvorstellbar, dass der stinkreiche Unternehmer Dagobert Duck jemals eine schnöde Plastikkarte zücken würde, um damit seine kleineren Anschaffungen wie Yachten, Inseln oder Flugzeuge zu bezahlen. Was als klimpernde Münzen oder knisternde Scheine in der Hand liegt, hat eben eine ganz andere Bedeutung – das finden nicht nur Entenhausener Comic-Helden, sondern auch ein Großteil der Einwohner Deutschlands: Auch wenn seit 2018 auf den Gesamtumsatz im Einzelhandel bezogen Bargeldzahlungen von Kartenzahlungen überholt wurden, haben gemäß der letzten Zahlungsverhaltensstudie der Deutschen Bundesbank (2017) die Verbraucher in Deutschland bei drei von vier Zahlungsvorgängen noch Bargeld in die Hand genommen. „Unserer Zahlungsverhaltensstudie zufolge ist Bargeld bis 50 Euro das meistgenutzte Zahlungsmittel, erst darüber wird öfter zur Debitkarte gegriffen“, sagt Dr. Johannes Beermann, Bundesbankvorstand und unter anderem zuständig für den Bereich Bargeld. „Besonders ausgeprägt ist die Vor-liebe fürs Bargeld bei Beträgen bis fünf Euro: Dort kommt bei 96 Prozent aller Zahlungen Bargeld zum Einsatz, besonders auf dem Wochenmarkt oder dem Bäcker nebenan.“ Am häufigsten wird im Alltag der ein Gramm schwere Fünfzig-Euro-Schein genutzt.
Bargeld bedeutet für viele Haushalte und Unternehmen Freiheit und Sicherheit: Weder Kreditinstitute, datensaugende Großunternehmen noch der Ehepartner können bei Zahlungen bar auf die Tatze nachvollziehen, wofür man wieviel Geld ausgibt, und im Falle eines mehrtägigen, flächendeckenden Stromausfalls oder Streiks könnte man weiterhin Lebens-mittel kaufen. Vielleicht liegt darin der Grund, dass ungefähr ein Drittel aller roten, blauen, braunen und grünen Scheine nicht als Zahlungsmittel verwendet werden, sondern gehortet. Besonders Selbständige halten oft größere Bargeld-mengen zu Hause oder im Bankschließfach.
Doch wieviel Geld „zum Anfassen“ ist in Deutschland nun tatsächlich vorhanden? Dr. Johannes Beermann: „Ende Juli 2020 beliefen sich die kumulierten Nettoemissionen der Bundesbank auf rund 800 Mrd. Euro, die des gesamten Eurosystems auf rund 1.380 Mrd. Euro. Die Bundesbank ist somit für über die Hälfte der insgesamt über die Jahre in Umlauf gebrachten Euro-Banknoten verantwortlich.“
Und das ist eine ganze Menge: Würde man alle in Deutschland ausgegebenen Euro-Banknoten längslang nebeneinanderlegen, würde diese Banknotenkette mehr als 55 mal um die Erde führen. Doch von den bunten Scheinen, die hauptsächlich in Leipzig von der Druckerei Giesecke & Devrient gedruckt werden, wird nur etwa jeder zehnte in Deutschland tatsächlich zum täglichen Bezahlen genutzt. Geschätzt sechs von zehn Banknoten wandern ins inner- und außer-europäische Ausland, entweder durch großvolumige Geldtransporte oder durch Touristen, die sich vor ihrem Urlaub mit Bargeld eindecken. Noch immer ist Bargeld außerdem das einzige gesetzliche Zahlungsmittel,
und das einzige, das von technischer Infrastruktur unabhängig ist. „Nicht nur deshalb ist es ein sehr sicheres und zuverlässiges Zahlungsmittel, das sowohl beim Mittelstand als auch in den anderen Teilen unserer Gesellschaft hochgeschätzt ist“, so Dr. Beermann.
Zwar ist das Bezahlen mit Münzen und Scheinen im Vergleich zu EC-Karte oder Kreditkarte verhältnismäßig günstig, dennoch schlägt jeder auf diese Art und Weise getätigte Bezahlvorgang für den Handel mit durchschnittlich 24 Cent zu Buche. Die Bundesbank hat dazu in ihrer Studie „Kosten der Bargeldzahlung im Einzelhandel“ die Zeiten für den Kassiervorgang samt Aufwand der dazu erforderlichen Hintergrundtätigkeiten ermittelt, zudem Kosten für technische Hilfsmittel und die durchschnittlichen Kosten der Bargeldver- und -entsorgung, die oftmals unter Einbezug einer Filiale der Bundesbank abläuft.
„Die Bundesbank trägt mit ihrem flächendeckenden Filialnetz dazu bei, die entsprechenden Fahrtwege und Kosten gering zu halten, und somit Bargeld als kostengünstiges und effizientes Zahlungsmittel zu erhalten“, erklärt der Bundesbankvorstand und empfiehlt dem mittelständischen Unternehmertum, ins-besondere auf eine ausreichende Balance zwischen Kundenbedürfnissen, Sicherheitsbestrebungen und der Effizienz des Zahlungsverkehrs achten. Denn die Wahl der Zahlungsmöglichkeiten dürfe einzelne Kundengruppen, die eventuell auf Bargeld angewiesen sind, nicht ausschließen. Doch ist Bargeld auch sicher? Dazu hat der Jurist und Bundesbankvorstand eine klare Meinung: „Barzahlungen sind einfach, sicher und schnell. Durch die kontinuierlich weiterentwickelten Banknotenserien mit verbesserten beziehungsweise innovativen Sicherheitsmerkmalen ist Euro-Bargeld zuverlässig gegen Fälschungen geschützt, Verlust- und Betrugsrisiken sind nicht höher als im unbaren Zahlungsverkehr.“
Dagobert Duck und seine ausgeprägte Liebe zu glänzenden Talern sind also noch lange nicht antiquiert. Auch wenn noch so viele neue Bezahlmethoden entwickelt wer-den: Der Zauber einer unbenutzten Münze und eines druckfrischen Geldscheins in der Hand lässt sich durch nichts ersetzen.