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27. Jun 2025

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Business

Neue Herausforderungen – aber auch Chancen

Journalist: Armin Fuhrer

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Foto: Hakon Grimstad/unsplash

Unternehmen müssen sich auf die Zeitenwende einstellen, denn sie bringt viele wichtige Änderungen mit sich. Aber es gibt interessante Lösungen.

Die Welt befindet sich inmitten einer Zeitenwende und das hat auch Auswirkungen auf die Digitalisierung. Geopolitische Spannungen, zum Beispiel ausgelöst durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, wirtschaftliche Verwerfungen wie die Erhebung von Zöllen durch US-Präsident Donald Trump und technologische Umbrüche zwingen die Unternehmen weltweit, ihre Transformationsstrategien grundlegend zu überdenken. War die digitale Transformation früher primär auf Effizienzsteigerung ausgerichtet, so geht es heute um mehr, nämlich auch um Resilienz, Sicherheit und die Fähigkeit, in einer volatilen Welt zu bestehen.

Für den Fakt, dass sich Unternehmen heute nicht mehr auf stabile globale Rahmenbedingungen verlassen können, war der Mangel an Chips, die die Coronapandemie ausgelöst hat, ein schlagendes Beispiel. Sie zeigte, wie verwundbar moderne Wertschöpfungsketten geworden sind. Als Folge suchen immer mehr Unternehmen nach Möglichkeiten, ihre Liefernetzwerke zu regionalisieren und nach alternativen Bezugsquellen. Dieser Prozess zieht zwangsläufig erhebliche Investitionen in neue digitale Infrastrukturen nach sich.

Doch damit nicht genug der Herausforderungen, denn gleichzeitig wächst auch die Bedrohung durch Cyberangriffe exponentiell. Laut dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) verzeichneten 68 Prozent der deutschen Unternehmen im Jahr 2023 mehr Cyberattacken als im Vorjahr. Besonders kritisch ist die Situation für Industrieunternehmen, deren Produktionsanlagen zunehmend Ziel von Erpressungssoftware und Industriespionage werden. Auch ein immer dichter werdendes Geflecht regulatorischer Anforderungen stellt für die Unternehmen eine Herausforderung dar. Die NIS2-Richtlinie, der EU AI Act und zahlreiche branchenspezifische Vorgaben stellen sie vor die komplexe Aufgabe, Compliance und Innovationsfähigkeit in Einklang zu bringen.

War die digitale Transformation früher primär auf Effizienzsteigerung ausgerichtet, so geht es heute um mehr, nämlich auch um Resilienz, Sicherheit und die Fähigkeit, in einer volatilen Welt zu bestehen.

Anbieter von digitalen Lösungen reagieren inzwischen auf diese neue Herausforderungen. So hat beispielsweise Bosch Software and Digital Solutions mit seiner „Smarter Digital“-Strategie einen ganzheitlichen Ansatz entwickelt, der exemplarisch zeigt, wie Digitalisierung in der Zeitenwende gelingen kann. Der Ansatz bedeutet nicht, mehr Technologie um der Technologie willen zu implementieren, sondern Nachhaltigkeit, datenbasierte Entscheidungsfindung und echten Geschäftswert in jede Initiative zu integrieren.

Die Initiative basiert auf drei Säulen. Die erste besteht in der cyber-physischen Resilienz: In den eigenen Fabriken setzt Bosch auf eine durchgängige IoT-Vernetzung aller Produktionsanlagen. Sensoren erfassen Echtzeitdaten, die mittels KI-Analysen potenzielle Störungen vorhersagen können. Besonderes Augenmerk liegt auf der Sicherheit: Jedes vernetzte Gerät wird nach dem Zero-Trust-Prinzip in die Architektur integriert. Sichere Mobilitätslösungen stellen die zweite Säule dar. So entwickelt Bosch im Automobilbereich Hardware-Sicherheitsmodule, die als vertrauenswürdige Ankerpunkte (Trust Anchors) in Fahrzeugen dienen. Über diese lassen sich Software-Updates verschlüsselt und manipulationssicher einspielen – eine entscheidende Voraussetzung für das autonome Fahren. Die Technologie reduziert Update-Zeiten um 40 Prozent bei gleichzeitig höherer Sicherheit.

Drittens arbeitet das Unternehmen mit digitalen Zwillingen, mit denen der Energieverbrauch von Fabriken optimiert werden kann. In Kombination mit KI-gesteuerten Systemen konnte so in mehreren Werken 25 Prozent Energie eingespart werden. Bosch ist inzwischen von einem reinen Anwender der eigenen Lösungen zu einem Anbieter vertrauenswürdiger Tools für andere Unternehmen geworden.

Klar ist heute, dass die Digitalisierung in der Zeitenwende einen Paradigmenwechsel erfordert – von isolierten Technologieprojekten hin zu ganzheitlichen Ökosystemen, die Sicherheit, Nachhaltigkeit und Resilienz miteinander verbinden. Auf diese Weise können sich Unternehmen wichtige Wettbewerbsvorteile sichern. Und das wiederum zeigt, dass die Zeitenwende zwar viele Herausforderungen mit sich bringt, aber auch neue Chancen.

Klar ist heute, dass die Digitalisierung in der Zeitenwende einen Paradigmenwechsel erfordert – von isolierten Technologieprojekten hin zu ganzheitlichen Ökosystemen, die Sicherheit, Nachhaltigkeit und Resilienz miteinander verbinden.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Nachhaltig, transparent und partnerschaftlich – Im Interview mit Barbara Frenkel, Vorstandsmitglied Porsche AG

**Warum bekommt die Beschaffung oft so wenig Aufmerksamkeit – obwohl so viel von ihr abhängt?** Weil Beschaffung meist im Hintergrund läuft – und erst dann in den Blickpunkt rückt, wenn etwas fehlt. Das kennt jeder aus dem Alltag: Fehlt beim Kochen eine Zutat oder beim Möbelaufbau eine Schraube, steht meist alles still. Im industriellen Maßstab kann das bedeuten: keine Teile, kein Auto. Unsere Lieferketten sind heute hochgradig komplex, global und auf Effizienz ausgelegt. Fällt ein einziges Teil aus, sei es durch eine Naturkatastrophe, einen Cyberangriff oder geopolitische Span-nungen, kann dies die Produktion gefährden. Deshalb denken wir bei Porsche Be-schaffung heute anders: vorausschauender, vernetzter und deutlich resilienter. **Welche Strategie verfolgen Sie, um Lieferketten auch in Krisenzeiten stabil und widerstandsfähig zu halten?** Entscheidend ist die Transparenz in der gesamten Lieferkette – also über unsere direkten Lieferanten hinaus. Uns interessiert: Wer sind die Partner dahinter? Wo haben sie ihre Standorte und welchen Risiken sind sie ausgesetzt? Dabei simulie-ren wir beispielsweise Wetterereignisse oder Cyberattacken. Wir bewerten globale Rohstoffverfügbarkeiten und identifizieren Single-Source-Situationen. Über allem steht die Frage: Wo könnte ein möglicher Ausfall besonders kritisch für uns sein? **Und welche konkreten Maßnahmen ergreifen Sie, um Risiken zu minimieren?** Hier braucht es ein ganzes Maßnahmenbündel. Als vergleichsweise kleiner Her-steller können wir nicht überall auf eine Zwei-Lieferanten-Strategie setzen. Statt-dessen überlegen wir uns etwa, wo wir bei kritischen Materialien gezielt Lagerbe-stände in Werksnähe aufbauen. Oder wir beauftragen zusätzliche Werkzeugsätze, die bei Bedarf schnell aktiviert werden können. **Wie wählen Sie Lieferanten aus, welche Kriterien sind dabei besonders wichtig?** Die Auswahl unserer Lieferanten ist immer Teamwork. Beschaffung, Entwicklung und Produktion arbeiten eng zusammen. Häufig entwickeln wir die Lösungen ge-meinsam mit unseren Lieferanten. Hierbei spielt die technische Bewertung in en-ger Abstimmung mit unserer Entwicklung eine wichtige Rolle. Die Produktion wie-derum achtet sehr stark auf die Logistik. Jeder potenzielle Partner durchläuft ein umfassendes Auditverfahren. Dabei geht es um Qualitäts- und Machbarkeitsaudits. Aber auch um eine umfassende Risikoanalyse. Ein fester Bestandteil bei der Aus-wahl sind zudem Kriterien bei der Nachhaltigkeit. Also rechtliche, ethische und ökologische Standards. >Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpas-sungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. **Wie wichtig ist Ihnen die Einbindung mittelständischer Lieferanten in Ihrer Lie-ferkette?** Viele unserer Fahrzeuge sind stark individualisiert – das erfordert flexible, anpas-sungsfähige Partner. Viele Mittelständler aus Deutschland bieten genau diese Qualität. Vor allem, wenn sie sich in unmittelbarer Werksnähe befinden. Vorteile sind kurze Wege und schnelle Reaktionszeiten. Als in Deutschland verwurzeltes Unternehmen ist uns zudem daran gelegen, die heimische und europäische Lie-ferkette zu stärken. **Sie haben die Nachhaltigkeit bereits angesprochen. Nochmals konkret: Wie integrieren Sie diese Kriterien in den Beschaffungsprozess?** Wie gesagt, wir denken hier ganzheitlich und in drei Dimensionen: ökologisch, so-zial und ethisch. Im ökologischen Bereich legen wir besonderen Wert auf den CO₂-Fußabdruck in der Lieferkette. Hier entscheiden der Energiemix, die verwendeten Rohstoffe und der Anteil an recyceltem Material. Auch der Wasserverbrauch wird immer wichtiger. Soziale und ethische Aspekte sind ebenfalls von Bedeutung. Wir erwarten, dass internationale Arbeitsstandards eingehalten und faire Löhne ge-zahlt werden. **Wie haben Sie Einkaufprozesse bzw. das Lieferantenmanagement erfolgreich verbessert?** Rund 80 Prozent der Wertschöpfung entsteht bei uns in der Lieferkette. Entspre-chend hoch ist die Bedeutung eines effizienten und partnerschaftlich ausgerichte-ten Lieferantenmanagements. Deshalb setzen wir bewusst früh an: Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemein-sam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. Über diesen engen Austausch entstehen belastbare Part-nerschaften – von Anfang an. **Wie reagieren Sie auf regionale Marktanforderungen?** Angesichts fragmentierter Märkte gewinnt die regionale Verankerung an Bedeu-tung. In China arbeiten wir beispielsweise gezielt mit starken lokalen Partnern zu-sammen. Mit dem Ziel, marktgerechte Lösungen zu entwickeln – etwa beim Info-tainment. Auch regulatorische Anforderungen erfordern spezifische Lösungen, das Aufspüren innovativer Technologien und innovativer Partner. Immer mehr handelt es sich dabei auch um Start-ups aus branchenfremden Bereichen, etwa beim au-tonomen Fahren, der Konnektivität oder Software. >Bereits in der Entwicklungsphase binden wir Lieferanten eng in unsere Prozesse ein. Gemeinsam können wir Kosten optimieren, die Umsetzung garantieren und verlässliche Qualität reproduzieren. ## Infos zur Person Barbara Frenkel: Als Kind wollte sie Astronautin werden. Heute leitet Barbara Frenkel das Vor-standsressort Beschaffung der Porsche AG. Frenkel war die erste Frau im Vorstand des Sportwagenherstellers. Sie blickt auf eine mehr als 20-jährige Management-karriere bei Porsche zurück. Zuvor war sie bei verschiedenen Automobilzulieferern tätig. Barbara Frenkel (62) scheidet zum 19. August 2025 auf eigenen Wunsch aus dem Porsche-Vorstand aus und übergibt ihre Verantwortung an Joachim Schar-nagl (49), der ihre Nachfolge antritt. Privat genießt sie Ausfahrten mit ihrem Oldti-mer, einem 911 G-Modell. Sie ist begeisterte Taucherin und unternimmt gerne Aus-flüge mit ihrem Hund in die Natur.

30. Apr 2025

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Wirtschaft

Bidirektionales Laden spart Milliarden , Elektroautos können viel mehr, als „nur“ leise und ohne Abgase zu fahren

Mit bidirektionaler Ladetechnologie (BiDi) können sie Strom speichern und ins Netz zurückspeisen. Eine aktuelle Studie von Transport & Environment (T&E) zeigt, dass dies für Europas Energieversorger und Autofahrer Einsparungen in Milliardenhöhe ermöglichen könnte. Die Einsparungen resultieren aus einer effizienteren Nutzung der Erzeugungskapazitäten und einem geringeren Kraftstoffverbrauch. Um das Potenzial dieser Technologie zu nutzen, sind jedoch geeignete regulatorische Rahmenbedingungen notwendig. Laut der T&E-Studie könnte das Einsparpotenzial für Energieversorger und Verbraucher in der EU bis zu 22 Milliarden Euro jährlich betragen, was etwa acht Prozent der Kosten für das EU-Energiesystem entspricht. Von 2030 bis 2040 könnte die BiDi-Technik EU-weit mehr als 100 Milliarden Euro einsparen, allein in Deutschland bis zu 8,4 Milliarden Euro jährlich. Ein Grund für die hohen Einsparungen ist die Möglichkeit, mehr Strom aus erneuerbaren Quellen, insbesondere Solarstrom, in das Energiesystem zu integrieren. Die Nutzung der Fahrzeugakkus könnte den Bedarf an teureren stationären Speichern in der EU um bis zu 92 Prozent senken und die installierte PV-Leistung um bis zu 40 Prozent steigern. Die Halter von Elektrofahrzeugen profitieren direkt vom bidirektionalen Laden, da sie mit geringeren Stromkosten rechnen können. Zudem dürfte die Lebensdauer der Fahrzeugakkus durch optimiertes Laden steigen. In Frankreich haben The Mobility House und Renault beispielsweise das erste Vehicle-to-Grid (V2G)-Angebot eingeführt. Besitzer eines V2G-fähigen Renault 5 können mit einer speziellen Wallbox kostenfrei laden und ihren Fahrzeugakku ins Energiesystem einspeisen. Dieses Angebot soll bald auch in Deutschland und dem Vereinigten Königreich verfügbar sein. Im deutschen Markt gibt es jedoch noch Herausforderungen, wie den langsamen Roll-out von Smart Metern und die Notwendigkeit, einen passenden rechtlichen Rahmen zu schaffen. Der zweite Europäische Gipfel für bidirektionales Laden hat klare Handlungsempfehlungen ausgesprochen, die nun umgesetzt werden müssen. Dazu gehört die Abschaffung der Doppelbelastung von zwischengespeichertem Strom durch Netzentgelte und die Sicherstellung, dass „grüner“ Strom seine Förderansprüche auch bei Zwischenspeicherung im Akku behält. Die Messe „The smarter E Europe“ 2025 wird dem Thema eine eigene Sonderschau widmen, um Chancen und Herausforderungen für die Mobilitäts- und Energiebranche aufzuzeigen. Die Veranstaltung findet vom 7. bis 9. Mai 2025 in München statt und vereint vier Fachmessen: Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe. Die Sonderschau auf „The smarter E Europe“ wird dabei Produkte und Lösungen für das bidirektionale Laden präsentieren und Raum für Austausch und Networking bieten. ## Factbox The smarter E Europe vereint als Europas größte Messeallianz für die Energiewirtschaft vier Fachmessen (Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe) und findet vom 7. bis 9. Mai 2025 auf der Messe München statt. https://www.powertodrive.de/home