Hier sieht man ein Auto tanken

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11. Sep 2024

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Wirtschaft

Biomasse in Tank und Trog

Journalist: Kirsten Schwieger

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Foto: Jennifer Latuperisa-Andresen/unsplash

Nachhaltig zertifizierte und energieeffizient hergestellte Biokraftstoffe reduzieren CO2-Emissionen und generieren in ihrem Produktionsprozess vielseitige Koppelprodukte.

Biokraftstoffe wie Biodiesel und Bioethanol können in einem zukünftigen CO2-neutralen Verkehrssystem eine wichtige Rolle spielen, indem sie dort eingesetzt werden, wo effizientere Fahrzeugtechnologien nicht möglich sind. Aktuell werden die erneuerbaren Kraftstoffe hauptsächlich fossilen Kraftstoffen beigemengt: rund sieben, beziehungsweise seit diesem Jahr auch zehn Volumenprozent, bei den Dieselkraftstoffen (B7 und B10) sowie rund fünf bis zehn Volumenprozent bei Ottokraftstoffen (E5 und E10). Bei der Verbrennung verursachen Biokraftstoffe keine Treibhausgas (THG)-Emissionen, da das emittierte Kohlendioxid zuvor von der Biomasse gebunden wurde.

Wie nachhaltig Biokraftstoffe allerdings tatsächlich sind, hängt von verschiedenen Faktoren wie den verwendeten Rohstoffen, der Produktionsmethode und den Umweltauswirkungen während des gesamten Lebenszyklus ab. Nachwachsende Rohstoffe sind als Energieträger nur dann sinnvoll, wenn sie ökologisch und sozial verträglich angebaut werden. Effiziente Produktionsverfahren mit möglichst geringem Energie- und Wasserverbrauch und die Nutzung erneuerbarer Energiequellen wie Solarenergie oder Biomasse sind ebenfalls wichtige Nachhaltigkeitsaspekte.

Um die Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen zu gewährleisten, gibt es in der EU verschiedene Zertifizierungssysteme und Richtlinien. Seit 2010 muss hierzulande für jeden Liter Biodiesel oder Bioethanol ein Nachhaltigkeitsnachweis vorliegen. So darf beispielsweise für den Anbau der Rohstoffe kein (Regen)Wald gerodet, kein Grünland umgebrochen und kein Torfmoor trockengelegt werden. Das Regelwerk stellt zudem sicher, dass Biokraftstoffe die Treibhausgas-Emissionen signifikant senken müssen. Mit Produktionsanlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung oder grüner Energieversorgung, dem optimierten Einsatz von Düngemitteln und einem gesteigerten Anteil von Abfällen und Reststoffen im Rohstoffmix reduzieren die Hersteller von Biokraftstoffen ihre THG-Quote. Nach Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) senkten Biokraftstoffe den CO2-Ausstoß im hiesigen Straßenverkehr 2022 um 11,6 Millionen Tonnen pro Jahr. Gegenüber fossilen Kraftstoffen betrug die durchschnittliche Treibhausgaseinsparung der Biokraftstoffe 87 Prozent.

Auch die Nebenprodukte der Biokraftstoff-Produktion können bei der THG-Bilanzierung angerechnet werden. So entstehen bei der Herstellung von Biokraftstoffen vielfältige Koppelprodukte, wie Extraktionsschrot bei der Pflanzenölgewinnung oder Schlempe bei der Ethanolproduktion aus Getreide. Diese Nebenprodukte substituieren als wertvolle Proteinfuttermittel importiertes Sojaschrot. Darüber hinaus wird Glycerin aus der Weiterverarbeitung von Pflanzenöl zu Biodiesel zur Herstellung von Tabletten, Desinfektions- und Lebensmitteln verwendet. Bei der Raffinierung von Pflanzenölen im Vorwege der Biodieselproduktion entsteht zudem Lecithin, welches vielseitige Verwendung in der Futtermittel-, Kosmetik-, Pharma- und Textilindustrie findet.

Nice to know Biokraftstoffe werden aus organischen Materialien wie Pflanzen, Algen oder biologischen Abfällen und Reststoffen hergestellt. Biodiesel wird in Deutschland zum Großteil aus Rapsöl und Altspeisefetten gewonnen, während Bioethanol aus stärke- oder zuckerhaltigen Pflanzen wie Getreide oder Zuckerrüben hergestellt wird. Als Kraftstoffe der 1. Generation werden Biokraftstoffe aus Nahrungs- und Futterpflanzen

4. Jul 2025

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Wirtschaft

Chancen für die Zukunft der Versorgung – mit Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus & Dr. Johannes Danckert

![Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Dr_Johannes_Danckert_Copyright_Kevin_Kuka_Vivantes_online_6e3b6d01f5.jpg) ``` Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH ``` **Dr. Johannes Danckert, Vorsitzender der Geschäftsführung, Vivantes – Netzwerk für Gesundheit GmbH** Digitalisierung kann die Patientenversorgung schneller, besser und sicherer machen. Immer öfter werden dabei auch die traditionellen Grenzen zwischen ambulanten und stationären Bereichen sowie einzelnen Versorgungseinrichtungen abgebaut. So kann die ‚Patient Journey‘, also der gesamte Behandlungsweg eines Patienten von Diagnose bis Nachsorge, zu einer vernetzten Gesundheitsregion verbunden werden. Trotz deutlicher digitaler Fortschritte haben deutsche Krankenhäuser allerdings weiterhin erheblichen Entwicklungsbedarf, bedingt vor allem durch kleinteilige Strukturen und unzureichende Finanzierung. Denn die Implementierung innovativer Lösungen setzt bereits einen hohen Digitalisierungsgrad voraus. Bei Vivantes wurden zentrale Prozesse wie die Patientenkurve, Medikation, Pflegeprozesssteuerung sowie Anforderungs- und Befundungsprozesse digitalisiert. Auch große Teile der Medizintechnik sind eingebunden. KI-gestützte Systeme helfen uns, Frakturen und Embolien schneller zu erkennen oder warnen vor Komplikationen wie Delir oder Nierenversagen. Künstliche Intelligenz unterstützt uns auch dabei, Patientendaten direkt aus dem Rettungswagen in das Klinik-Informationssystem (KIS) zu übertragen, sodass die Krankenakte bei Ankunft bereits angelegt ist. Eine von uns entwickelte, interoperable Datenplattform ermöglicht zudem den automatisierten Datenaustausch von inzwischen 15 Klinikträgern in der Region Berlin-Brandenburg. Damit entstehen telemedizinische Versorgungskonzepte weit über Berlin hinaus. ![prof.dr.dr.jurgendebus_online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/prof_dr_dr_jurgendebus_online_d7f732ea04.jpg) ``` Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg ``` **Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Heidelberg** Smarte Technologien und eine optimale Datennutzung verbessern den Klinikalltag und die Patientenversorgung. Das zukünftige Herzzentrum am Universitätsklinikum Heidelberg planen wir als Smart Hospital: Dort werden z. B. OPs gefilmt und das KI-System warnt automatisch bei Veränderungen des Patienten oder ungewöhnlichen Vorgängen. So werden Risiken früh erkannt und die Sicherheit erhöht. Dank verknüpfter Patientendaten und digitalem Terminmanagement läuft auch die Vorbereitung auf Eingriffe effizienter, da benötigte Ressourcen wie CT-Termine frühzeitig ersichtlich sind. Ein smartes Entlassmanagement stellt relevante Dokumente für den Patienten automatisch bereit und koordiniert Sozialdienst, Pflege und Medikamentenbedarf, sodass der Übergang in die weitere Versorgung optimal organisiert ist. In all diesen Algorithmen und Systemen steckt das gebündelte Wissen von Ärztinnen und Ärzten, Pflegepersonal und Forschenden. Die meisten KI-Anwendungen basieren auf maschinellen Lernmodellen, die mit Patientendaten trainiert werden, um Muster zu erkennen. Je größer der verfügbare Datensatz, desto exakter fallen Diagnosen und Prognosen aus – ein wichtiger Faktor angesichts des steigenden Versorgungsbedarfs bei gleichzeitig sinkender Zahl an Fachkräften. Smarte Technologien helfen, diese Lücke zu schließen und die Versorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Damit es nicht bei Insellösungen bleibt, treiben wir die übergreifende Datenintegration voran, ähnlich wie sie in der internationalen Forschung etabliert ist.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.