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29. Sep 2023

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Gesellschaft

Chancen für den Wohnungsbau liegen vor allem im seriellen und modularen Bauen

Journalist: Katja Deutsch

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Foto: Thiago Japyassu/pexels, Goldbeck

Jan-Hendrik Goldbeck, Vizepräsident Zentraler Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA), spricht über die Möglichkeit, wie binnen sechs Monaten neue Wohnungen entstehen können.

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Jan-Hendrik Goldbeck, Vizepräsident Zentraler Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA)

Bauwirtschaft in Deutschland scheint eine große Baustelle zu sein. Was sind die drei größten Probleme?
Nachdem es ab 2009 in der Bauwirtschaft stetig bergauf ging, ist die Lage aktuell herausfordernd. Aber: Von diesen guten Jahren zehren wir jetzt. Klar ist: Volatile Rohstoff- und Energiekosten stellen die gesamte Branche vor große Herausforderungen. Die Finanzierung von Immobilien ist aktuell teurer als in den letzten Jahren: steigende Grundstückskosten, Baupreise und Zinsen. Beim Tempo von Planen und Bauen ist Luft nach oben. Aber der Grundoptimismus ist weiter da. Langfristig herrscht Bedarf an zeitgemäßen, technologisch innovativen und nachhaltigen Immobilien.

Besteht (zumindest in Teilen?) die Option, gleichzeitig bezahlbar und nachhaltig zu bauen?
Herstellung und Betrieb der notwendigen Komponenten verbrauchen erhebliche Ressourcen. Trotzdem: Baubranche und Klimaschutz sind keine Gegensätze, sondern müssen zusammen gedacht werden. Wenn wir Gebäude ganzheitlich planen und realisieren, können wir Ineffizienzen minimieren und Nachhaltigkeit über den gesamten Lebenszyklus sichern. Das ist ökonomisch und ökologisch sinnvoll.

Sie sprechen von 700.000 erforderlichen Wohnungen. Wo und wie sollten diese entstehen?
Chancen liegen vor allem im seriellen und modularen Bauen, dafür sollten in Städten ein Drittel aller Genehmigungen erteilt werden. Doch trotz häufiger Bekenntnisse zu diesem Verfahren, in dem Wohnungen in nur sechs Monaten entstehen können, geschieht das kaum. Wir brauchen den Schulterschluss von Politik, Behörden, Bevölkerung und Unternehmen, um schneller zu werden. Vor allem müssen wir weg von der „Not in my Backyard“-Philosophie. Siedlungen aus Einfamilienhäusern brauchen zu viel Fläche. Mit Geschossbauten schaffen wir auf derselben Fläche den sieben- bis achtfachen Wohnraum, inklusive Platz für Individualität.

Mit welchen Hebeln könnte man die Immobilienwirtschaft wieder ankurbeln?
Für bundesweit mehr serielles und modulares Bauen ist es wichtig, die Plan- und Genehmigungsverfahren anzupassen, zum Beispiel durch Typengenehmigungen und die Abkehr von der häufig suboptimalen Einzelgewerkvergabe. Mit einem guten Genehmigungsrahmen für schnellere Neubauten und Sanierungen wären wir ein großes Stück weiter. Zudem muss es bei der Digitalisierung schneller gehen – Stichwort BIM. Eine wirklich digitale und automatisierte Baugenehmigung ist leider noch in weiter Ferne.

Wird beim Bauen tatsächlich smart genug gedacht?
Eine der größten Herausforderungen des Bauens: Missstände werden zu spät bemerkt. Ihre Behebung braucht zeitliche und wirtschaftliche Ressourcen. Auch hier sind digitale Technologien wesentlicher Teil der Lösung – KI wird in Zukunft helfen. Zulassungsverfahren für innovative Bautechniken und Baustoffe und digitale Lösungen müssen beschleunigt erfolgen.

Langfristig herrscht Bedarf an zeitgemäßen, technologisch innovativen und nachhaltigen Immobilien.

9. Jul 2025

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Gesellschaft

Die Herausforderungen des Wohnens heute und morgen – ein Beitrag vin Dr. Christine Lemaitre

Kaum ein Bereich des Lebens ist so individuell und emotional behaftet wie das Wohnen. Die Gestaltung des eigenen Zuhauses spiegelt unsere Persönlichkeit wider, zeigt, worauf wir Wert legen und was wir bereits erlebt haben. Die eigenen vier Wände bieten Sicherheit und sind Orte der Entspannung. Nun rückt das Thema Wohnen in der aktuellen Debatte immer wieder in den Fokus. Es herrscht ein Mangel insbesondere an bezahlbarem Wohnraum und das in allen Schichten der Gesellschaft. Gründe dafür gibt es viele, darunter der Bevölkerungswachstum, Binnenwanderung und gestiegene Baukosten. Lösungsansätze sind vorhanden, die nicht nur angesichts der politischen Klimaziele im Einklang mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz umgesetzt werden müssen. Denn die Auswirkungen des Klimawandels sind längst spürbar. Die Baubranche steht als einer der Hauptverursacher klar in der Pflicht, Gebäude und Außenräume wieder für den Menschen zu planen und auf eine langfristige, qualitätsvolle Nutzung auszulegen. Das größte Potenzial, um Ressourcen und CO2 einzusparen, bieten der Erhalt und bei Bedarf die Umnutzung bestehender Gebäude, wodurch auch gleich die baukulturelle Identität des Ortes bewahrt wird. Gerade in Städten, wo der Wohnraum besonders knapp ist, stehen Flächen leer deren ursprünglich vorgesehene Nutzung nicht mehr benötigt wird. Durch Offenheit und Mut kann hier etwas ganz Besonderes entstehen. Nachhaltige Strategien wie Suffizienz und Lowtech bieten sowohl im Neubau als auch im Bestand reizvolles Innovationspotenzial. Mit dem Suffizienz-Gedanken geht die Frage einher, wie viel genug ist. Sie sollte immer wieder gestellt werden, um abzuwägen, was bezüglich Fläche, Material und Gebäudetechnik wirklich gebraucht wird. Wer hier einspart, übernimmt Verantwortung. Das gesparte Geld lässt sich an anderer Stelle beispielsweise zugunsten einer hohen Qualität und guter Gestaltung sinnvoll investieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist Flexibilität, um auf sich ändernde Lebenssituationen reagieren zu können. Diese Ansätze sind wie geschaffen für einen neuen, zukunftsweisenden Trend beim Planen, Bauen und Erhalten von Gebäuden. Hilfestellung zur Umsetzung kann das speziell für kleine Wohngebäude entwickelte Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen geben. Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Neben dem ganz eigenen, individuellen Rückzugsraum, bestückt mit liebgewonnenen Möbelstücken und Accessoires, entsteht dadurch ein besonderer Wert, nämlich der der körperlichen und geistigen Gesundheit. >Neben Klimaschutz, Kreislauf- und Zukunftsfähigkeit stehen bei der Planung, beim Bau und bei der Sanierung nachhaltiger Wohngebäude der akustische, thermische und visuelle Komfort, sprich die Wohnqualität und das Wohlbefinden der Nutzenden im Mittelpunkt. Als Non-Profit-Verein setzen wir uns bei der DGNB für die nachhaltige Transformation der Bau- und Immobilienwirtschaft ein. Wir klären auf, leisten Hilfestellung und sensibilisieren für ein verantwortungs- und qualitätvolles Bauen und Betreiben von Gebäuden. Das DGNB-Zertifizierungssystem verhilft dabei allen am Bau Beteiligten zu einem gemeinsamen Verständnis darüber, welche Möglich- aber auch Notwendigkeiten das nachhaltige Bauen mit sich bringt, um einen positiven Beitrag für Mensch, Umwelt und Wirtschaftlichkeit zu leisten.