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30. Dez 2024

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Gesellschaft

Das Energiesystem braucht Flexillienz

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Foto: Akashni Weimers/pexels, Presse

Bei der Umstellung von fossilen auf regenerative Energien spielen Energiespeicher eine wichtige Rolle – denn bekanntlich schwankt die Erzeugung von Wind und Sonne und sie ist nicht so ohne weiteres steuerbar wie fossile Kraftwerke. Daher braucht es Energiespeicher als Partner für Flexibilität, Resilienz und Intelligenz – mit einem Wort Flexillienz.

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Urban Windelen, Bundesgeschäftsführer Energiespeicher Systeme e.V. (BVES)

„Im Haushaltsbereich gibt es weiter eine große Nachfrage für Batteriespeicher, die in Kombination mit Solaranlagen installiert werden“, sagt Urban Windelen, Bundesgeschäftsführer Energiespeicher Systeme e.V. (BVES) in Berlin. „Im System etwa mit Wärmepumpe und Wallbox habe ich dann eine weitgehende Rundum-Versorgung in allen Sektoren von Strom, Wärme und Mobilität mit günstigem, eigenerzeugtem grünem Strom.“

Urban Windelen: „In Deutschland sind aktuell fast zwei Millionen Speichersysteme in Haushalten verbaut. Etwa zehn Prozent der deutschen Einfamilienhäuser vertrauen damit bereits auf Versorgungssicherheit durch Speicher. Damit ist eine große Netzentlastung verbunden, es verringert sich der Netzausbaubedarf und damit die Systemkosten für die Allgemeinheit.“ Die Einspeisevergütung, bisher größter Treiber für selbst produzierten Strom, verliert an Bedeutung durch die zunehmende Elektrifizierung der Haushalte, insbesondere im Sektor Wärme sowie Mobilität. Heute steht im Vordergrund, den selbst produzierten Strom möglichst weitgehend selbst zu nutzen und damit Netzbezug möglichst zu vermeiden. Der Energiespeicher ist dann das passende Werkzeug für Flexibilität, Überschüsse aufzunehmen und bei Bedarf bereitzustellen.

Auch für Industriebetriebe bieten Energiespeicher vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Neben der Stromversorgung, über Eigenerzeugung von der Aufdach-PV-Anlage, spielt bei der Industrie besonders Wärme und Prozesswärme die Hauptrolle in der Energieversorgung. „Benötigt ein Industriebetrieb viel Prozessdampf, nutzt man wohl eher keine Batterie, sondern einen thermischen Energiespeicher, der den benötigten Temperaturgrad exakt bereithält.“

Im Industriebereich kommen die Speichersysteme nicht so einfach von der „Stange“ wie im Haushalt. Die Anlagen bedarfsbezogen und individualisiert entwickelt, da die Anforderungen völlig unterschiedlich sind. Das eine Unternehmen braucht mehr Strom, das andere mehr Leistung, das dritte mehr Wärme, das vierte speziell Hochtemperatur und das fünfte will auch noch die Lieferfahrzeuge und LKW beladen. Letztendlich gilt auch hier: Es gibt einen spezifischen Energiebedarf, der möglichst grün, kostengünstig und versorgungssicher zu ganz bestimmten Zeiten bereitgestellt werden muss. Diese Herausforderung beantworten Speichersysteme gern, in allen drei Sektoren, also der Stromversorgung, der Wärmeversorgung sowie der Mobilität.

Das bedeutet für die Zukunft große Installationszahlen für Speicher. Ohne sie wird die Energieversorgung nicht klappen und die Klimaschutzziele nicht erreicht werden können, sagt Urban Windelen. Das Problem sieht er dabei weniger in Lieferengpässen als in der Regulatorik für Speicher. „Eines unserer größten Probleme liegt nach wie vor in den unpassenden Rahmenbedingungen für Speicher und der überbordenden Bürokratie. Wenn dem idealen Multifunktionswerkzeug für die Integration von Erneuerbaren Energien in unser Energiesystem weiterhin überall Fesseln angelegt und Steine in den Weg gelegt werden, wird es auf lange Zeit mit einer günstigen Energieerzeugung nichts werden.“

„Wir brauchen endlich mehr Freiheitsgrade, insbesondere in der Kundenanlage, also behind-the-meter. Der Bürger und auch das Industrieunternehmen sollte seine notwendige Energieversorgung selbst in die Hand nehmen können, ohne dass ihm die Regierung zum letzten KWh hinterherreguliert. Das führt heute noch zu Belastungen und bürokratischen Behinderungen von Speichern und gespeicherter Energie“, sagt Urban Windelen. „Solange diese Regulatorik so besteht, wird ein breiter Ausbau in der Wirtschaft, die grundsätzlich gern investieren würde, jedoch ver- und behindert. Ja, es hat sich bereits einiges gebessert. So wurde während dieser Legislaturperiode die längst ersehnte Definition von Stromspeichern ins Energierecht aufgenommen und in Kraft gesetzt. Zudem hat das BMWK eine Stromspeicherstrategie entwickelt, die das Ziel verfolgt, die Integration von Speichern zu unterstützen. In der Politik scheint man sich endlich in die richtige Richtung zu bewegen, doch was letztlich auch konkret umgesetzt wird, wird sich erst zeigen müssen. Dabei haben wir eigentlich keine Zeit zu verlieren. Aus Kosten- und aus Klimaschutzgründen“

30. Apr 2025

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Gesellschaft

Eine benutzerfreundliche Infrastruktur ist ein Muss für den Erfolg der Elektromobilität in Deutschland – mit Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM)

![Christian Heep Vize-Präsident BEM Bundesverband eMobilität -Online.JPG](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Christian_Heep_Vize_Praesident_BEM_Bundesverband_e_Mobilitaet_Online_14b581b45a.JPG) ``` Christian Heep, Vorstand im Bundesverband eMobilität (BEM) ``` **Welche strategischen Bereiche stehen derzeit im Fokus des BEM?** Wir setzen auf die systemische Transformation des Mobilitätssektors. Dabei liegt unser Augenmerk auf dem flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur, der Verknüpfung mit erneuerbaren Energien, klaren regulatorischen Rahmenbedingungen und der Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland. **Wie gestaltet sich der Ausbau der Ladeinfrastruktur?** Ein leistungsfähiges Ladenetz ist entscheidend für die Akzeptanz der Elektromobilität. Wir fördern eine interoperable und benutzerfreundliche Infrastruktur, die intelligente Netzintegration, bidirektionales Laden und Speicherlösungen umfasst. Bestehende Tankstellen sollen als multifunktionale Energiehubs umgerüstet werden. **In welcher Verbindung stehen E-Mobilität und erneuerbare Energien?** Elektromobilität ist nur dann nachhaltig, wenn der Strom aus Wind und Sonne kommt. Daher muss eine direkte Verbindung zwischen Ladeinfrastruktur und erneuerbaren Energien geschaffen werden – unterstützt durch intelligente Netzsteuerung, lokale Erzeugung und Speicherlösungen. Regulatorische Anreize sollen Betreibende und Nutzende dazu motivieren, verstärkt Grünstrom zu verwenden. >Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. **Welche Rolle spielt die Verkehrswende im Klimaschutz?** Die Verkehrswende ist ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken und die Luftqualität zu verbessern. Neben der Elektrifizierung des Straßenverkehrs setzen wir auf multimodale Verkehrskonzepte und die effiziente Nutzung vorhandener Infrastruktur. **Wie trägt E-Mobilität zur Stärkung der deutschen Wirtschaft bei?** Der Übergang zur Elektromobilität bietet Deutschland die Chance, sich von fossilen Technologien zu lösen und in Zukunftsbranchen zu investieren. Wichtige Bereiche sind hier die Forschung, Entwicklung und Produktion von Batterien, Ladeinfrastruktur und digitalen Mobilitätsdiensten – essenziell, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. **Ist staatliche Förderung noch notwendig?** Ja, staatliche Förderungen bleiben essenziell, müssen aber zielgerichtet, degressiv und langfristig ausgerichtet sein. Sie sollen den Markthochlauf, den Infrastrukturausbau und die Forschung unterstützen – während gleichzeitig Subventionen für fossile Kraftstoffe reduziert werden müssen. >Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. **Wie sollten staatliche Fördermaßnahmen gestaltet sein?** Es braucht eine Förderpolitik, die die Transformation gesamtheitlich betrachtet: Infrastruktur, Fahrzeugflotten, Speichertechnologien und Netzintegration. Gleichzeitig müssen regulatorische Hemmnisse abgebaut werden, etwa bei Netzentgelten oder Abgaben auf Eigenstromnutzung. Neben regulatorischen Rahmenbedingungen und politischer Lenkungswirkung sind sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Förderungen notwendig. Jeder investierte Euro zahlt sich langfristig aus, indem er Innovationskraft, Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Klimaschutz sichert. **Wie bewertet der BEM die erhöhten Zölle auf chinesische Elektroautos?** Protektionismus ist kein zielführender Ansatz. Statt Handelsbarrieren sollten wir unsere eigenen Stärken in der Elektromobilität ausbauen, um die Wertschöpfung in Europa zu erhöhen und langfristig eine nachhaltige Industriepolitik zu verfolgen. ## Factbox: **Christian Heep ist Vorstand beim BEM** und leitet Marketing, Medien, PR, Kommunikation, Politik, Messen und Events. Seine Leidenschaft für erneuerbare Energien und Elektromobilität inspiriert ihn zu innovativen Projekten für eine nachhaltige Mobilität.