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22. Dez 2021

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Wirtschaft

Das ganze Jahr wie Weihnachten

Journalist: Ulrike Christoforidis

Die Pandemie hat den Logistiksektor vor massive Herausforderungen gestellt und dauerhaft geprägt. Eine veränderte Struktur erfordert nun neue Wege. Geschlossene Grenzen, geschlossener Handel: Der Lockdown zu Beginn der Coronakrise warf die Logistikunternehmen aus dem Nichts in eine völlig veränderte Situation. „Im B2B-Bereich ging es dramatisch abwärts“, schildert Andreas Schumann, Vorsitzender des Bundesverbands der Kurier-Express-Postdienste e.V. (BdKEP), die bedrohliche Entwicklung. 


Andreas Schumann, Vorsitzender des Bundesverbands der Kurier-Express-Postdienste e.V. (BdKEP); Foto: Presse/BdKEP
Bedrohlich vor allem für die Unternehmen auf der „letzten Meile“ bis zum Empfänger, die bereits zuvor schon unter hohem, wirtschaftlichem Druck standen. Einige entdeckten neue Geschäftsfelder, stellten Bücher oder regionale Lebensmittel an die Konsumenten zu, übernahmen die wichtige Logistik im Pharmabereich. Andere ersetzten die ausfallenden B2B-Lieferungen durch die wachsende Zahl an Lieferungen an Endverbraucher. Doch ein Deckungsbeitrag ließ sich so kaum erzielen. „Statt 40 Pakete an zehn Businesskunden zu liefern, mussten die Zusteller nun 40 Pakete zum selben Preis an 40 einzelne Haushalte ausliefern.“ Das Sendungsvolumen, so Andreas Schumann, sei nun das ganze Jahr „wie zu Weihnachten.“ Zugleich treibe die Branche die Sorge um, aufgrund von Lieferengpässen die Flotten nicht entsprechend ausbauen zu können.

Die kommenden Monate werden mit der Anhebung des Mindestlohns, steigenden Energiepreisen und dem Wettbewerb um Fachkräfte zusätzliche Herausforderungen bringen. „Wir hatten keinen Lockdown und damit weniger Abwanderung von Mitarbeitern als in anderen Bereichen, haben dank familienfreundlicher Arbeitszeiten sogar von neuen Mitarbeitern aus anderen Branchen profitiert.“ Doch international agierende Branchenriesen seien den Entwicklungen dank ihrer Kapitalkraft deutlich besser gewachsen – ein Problem, das mit jeder Kostensteigerung deutlicher werde. 

Um Prozesse mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit ebenso wie auf Umweltaspekte effizienter zu gestalten, sind Paketstationen aus Sicht des BdKEP-Vorsitzenden nur bedingt ein Lösungsansatz: „Sie entlasten die Straße nur dann, wenn sie sich in Nähe der Haushalte befinden oder mit dem Einzelhandel verbunden sind.“ Andernfalls sorgten sie für zusätzlichen Verkehr durch die Abholenden. „Idealerweise“, so Schumanns Vision, „hat jedes Haus in Wohngebieten künftig eine Paketbox, in der die Lieferungen durch einen Lieferroboter deponiert oder mit dem Lastenrad angefahren werden können.“ 

Vor allem aber müssten sich die traditionellen Paketdienste neu aufstellen: „Um wirtschaftlich zu arbeiten, benötigen wir Kooperationen, eine Bündelung von Sendungen und einen offenen Datenaustausch. Wir müssen die Abschottung der Prozessketten beenden.“ Was es brauche, sei ein dezentrales Netz von Versendern vor Ort, die ein einheitliches Datenformat und Fullfillmentzentren in den Regionen nutzten. „Wir sind gefordert, die letzte Meile in den Kommunen mitzugestalten und ein Teil der Lösung zu sein.“ Die EU-Taxonomie, die zur Nachhaltigkeit von Finanzinvestitionen beitragen solle, eröffne dabei Chancen. „Als Verbund können wir die Branche hier unterstützen. Wir brauchen dazu auch politisches Commitment.“  

30. Apr 2025

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Wirtschaft

Bidirektionales Laden spart Milliarden , Elektroautos können viel mehr, als „nur“ leise und ohne Abgase zu fahren

Mit bidirektionaler Ladetechnologie (BiDi) können sie Strom speichern und ins Netz zurückspeisen. Eine aktuelle Studie von Transport & Environment (T&E) zeigt, dass dies für Europas Energieversorger und Autofahrer Einsparungen in Milliardenhöhe ermöglichen könnte. Die Einsparungen resultieren aus einer effizienteren Nutzung der Erzeugungskapazitäten und einem geringeren Kraftstoffverbrauch. Um das Potenzial dieser Technologie zu nutzen, sind jedoch geeignete regulatorische Rahmenbedingungen notwendig. Laut der T&E-Studie könnte das Einsparpotenzial für Energieversorger und Verbraucher in der EU bis zu 22 Milliarden Euro jährlich betragen, was etwa acht Prozent der Kosten für das EU-Energiesystem entspricht. Von 2030 bis 2040 könnte die BiDi-Technik EU-weit mehr als 100 Milliarden Euro einsparen, allein in Deutschland bis zu 8,4 Milliarden Euro jährlich. Ein Grund für die hohen Einsparungen ist die Möglichkeit, mehr Strom aus erneuerbaren Quellen, insbesondere Solarstrom, in das Energiesystem zu integrieren. Die Nutzung der Fahrzeugakkus könnte den Bedarf an teureren stationären Speichern in der EU um bis zu 92 Prozent senken und die installierte PV-Leistung um bis zu 40 Prozent steigern. Die Halter von Elektrofahrzeugen profitieren direkt vom bidirektionalen Laden, da sie mit geringeren Stromkosten rechnen können. Zudem dürfte die Lebensdauer der Fahrzeugakkus durch optimiertes Laden steigen. In Frankreich haben The Mobility House und Renault beispielsweise das erste Vehicle-to-Grid (V2G)-Angebot eingeführt. Besitzer eines V2G-fähigen Renault 5 können mit einer speziellen Wallbox kostenfrei laden und ihren Fahrzeugakku ins Energiesystem einspeisen. Dieses Angebot soll bald auch in Deutschland und dem Vereinigten Königreich verfügbar sein. Im deutschen Markt gibt es jedoch noch Herausforderungen, wie den langsamen Roll-out von Smart Metern und die Notwendigkeit, einen passenden rechtlichen Rahmen zu schaffen. Der zweite Europäische Gipfel für bidirektionales Laden hat klare Handlungsempfehlungen ausgesprochen, die nun umgesetzt werden müssen. Dazu gehört die Abschaffung der Doppelbelastung von zwischengespeichertem Strom durch Netzentgelte und die Sicherstellung, dass „grüner“ Strom seine Förderansprüche auch bei Zwischenspeicherung im Akku behält. Die Messe „The smarter E Europe“ 2025 wird dem Thema eine eigene Sonderschau widmen, um Chancen und Herausforderungen für die Mobilitäts- und Energiebranche aufzuzeigen. Die Veranstaltung findet vom 7. bis 9. Mai 2025 in München statt und vereint vier Fachmessen: Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe. Die Sonderschau auf „The smarter E Europe“ wird dabei Produkte und Lösungen für das bidirektionale Laden präsentieren und Raum für Austausch und Networking bieten. ## Factbox The smarter E Europe vereint als Europas größte Messeallianz für die Energiewirtschaft vier Fachmessen (Intersolar Europe, ees Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe) und findet vom 7. bis 9. Mai 2025 auf der Messe München statt. https://www.powertodrive.de/home