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5. Dez 2022

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Business

„Das Start-up-Ökosystem ist robust“

Journalist: Armin Fuhrer

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Foto: Presse

Gerade in Krisenzeiten sind junge Unternehmen Innovationstreiber, sagt Hanno Renner, Vorstandsmitglied des Startup-Verbands und CEO von Personio.

Herr Renner, Krieg, Energiekrise, gestörte Lieferketten – die Zeiten scheinen nicht gerade günstig zu sein für Startups. Oder täuscht der Eindruck?

Es gibt definitiv mehrere Faktoren, die derzeit einen negativen Einfluss auf die gesamtwirtschaftliche Situation haben. Auch Start-ups und Scaleups sind als Teil unseres Wirtschaftssystems nicht immun dagegen. Wie stark ein Startup von den jeweiligen Faktoren betroffen ist, hängt allerdings stark vom jeweiligen Geschäftsfeld ab.
Im Hinblick auf die Finanzierung ist das Umfeld schwieriger als noch vor einem Jahr. Die Inflation zwingt die Zentralbanken zu Zinserhöhungen, was die Bewertungen beeinflusst. Nichtsdestotrotz steht nach wie vor Geld zur Verfügung. Das Start-up-Ökosystem ist in der Gesamtheit entsprechend robust aufgestellt. Das verdeutlichen teils große Finanzierungsrunden und erfolgreiches Fundraising von Venture Capital-Fonds. Für gute Ideen und überzeugende Geschäftsmodelle geht das Geld nicht aus.

Welche Chancen bietet die Krise?
Umbrüche und Krisen bieten immer auch Chancen, weil sie den Druck zur Transformation erhöhen und Innovation dadurch beschleunigen. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Bedeutungsgewinn der Digitalisierung durch die Corona-Pandemie. Die positiven Effekte der Digitalisierung werden auch für eine eventuelle Rezession wichtig sein. Der Druck zur Transformation gilt für Deutschland in ganz besonderer Weise, weil wir als ressourcenarmes Land darauf angewiesen sind, durch Innovation stets besser zu werden. Von dieser Situation können Start-ups profitieren.

Welche Rolle spielen Start-ups für die Wirtschaft?
Start-ups sind die Innovationstreiber der deutschen Wirtschaft und für die Weiterentwicklung der Volkswirtschaft essentiell – sie stellen sicher, dass ergänzend zur etablierten Industrie in Deutschland neue Unternehmen entstehen, Arbeitsplätze geschaffen und neue Sektoren erschlossen werden können. Ein konkretes Beispiel: In den USA etwa hätte es seit den 80er-Jahren ohne Neugründungen keinen Nettozuwachs an Arbeitsplätzen gegeben. Viele der größten 100 Unternehmen in den USA sind in den letzten zwei Jahrzehnten aus vormals kleinen Startups entstanden. Dagegen ist in Deutschland mit Zalando derzeit nur ein Startup im DAX 40.
Auch in Deutschland ist das Startup-Ökosystem zu einem relevanten Markt angewachsen. Insgesamt arbeiten rund 415.000 Menschen in einem Start-up oder Scaleup und diese Zahl wird in den kommenden Jahren weiter rasant wachsen. Durch indirekt im Start-up-Ökosystem Beschäftigte sind es aktuell bereits über 1,6 Millionen Arbeitsplätze. Das sind mehr Mitarbeitende als in der Automobil- und Chemieindustrie zusammen. Dabei ist das Potenzial bei Weitem noch nicht ausgeschöpft.