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23. Mär 2023

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Wirtschaft

Dekarbonisierung – die Zukunft der Logistik

Journalist: Thomas Soltau

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Foto: Gabriel Santos/unsplash

Die Dekarbonisierung in der Logistik ist ein wichtiges Thema, das zunehmend an Bedeutung gewinnt. Gesetzliche Vorgaben in Europa und der Schweiz fordern eine Reduzierung des CO₂-Ausstosses entlang der Lieferkette.

Die Notwendigkeit der Dekarbonisierung in der Logistikbranche ist offensichtlich. Der Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Umwelt und die Wirtschaft sind bereits spürbar. Durch eine effektive Dekarbonisierung der Logistikbranche lässt sich ein wichtiger Beitrag zur Reduzierung der globalen CO₂-Emissionen leisten und somit den Klimawandel verlangsamen. Eine Studie des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung sagt voraus, dass die globale Wirtschaftsleistung ohne zusätzliche Klimaschutzmassnahmen bis ins Jahr 2100 um bis zu 14 Prozent schrumpft, in manchen Regionen gar um bis zu 20 Prozent. Eine Reduzierung dieser Emissionen ist daher von grosser Bedeutung für den Klimaschutz.

Auch die Studie „Net Zero Challenge“ der Boston Consulting Group und des World Economic Forums kommt zum Schluss, dass die Dekarbonisierung der Lieferkette der entscheidende Faktor für die Erreichung der Klimaziele von Unternehmen ist. Immerhin entstehen in diesem Sektor 90 Prozent der Emissionen eines Unternehmens. Das hat auch die Politik erkannt und Regeln zur Eindämmung geschaffen. Ab diesem Jahr ist es gesetzlich vorgeschrieben, den CO₂-Fussabdruck von Lieferketten zu berechnen. Die seit 2023 bestehende EU-Regulierung gilt ab 250 Mitarbeitern. Dabei gibt es ein Problem: Hersteller und Dienstleister haben bislang nur unzureichenden Einblick in die dazugehörigen Daten.

Der Wille zum Wandel ist zwar vorhanden, nur einige Instrumente zur Umsetzung fehlen noch. Laut Statista wird bis zum Jahr 2028 für die Grüne Logistik ein Marktvolumen von knapp 1,5 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Diese nachhaltige Variante beinhaltet Produkte und Prozesse, die Auswirkungen der Logistik auf die Umwelt reduzieren. Die Ziele der Grünen Logistik: reduzierte CO₂-Emissionen, umweltfreundlichere Container und Verpackungen, die Nutzung von umweltfreundlicheren Transportmethoden und einen effizienteren Supply Chain Prozess, der den CO₂-Fussabdruck des Unternehmens minimiert. Dazu zählen auch digitalen Technologien. 62 Prozent der befragten Logistikunternehmen wollen die Logistik damit nachhaltiger gestalten.

Es gibt viele Möglichkeiten für die Logistikbranche, um ihren CO₂-Ausstoss zu reduzieren. Die Verwendung von alternativen Antriebsarten wie E-Fuel, Wasserstoff oder Elektroantrieben gehört sicherlich zu den wichtigsten Stellschrauben der Dekarbonisierung. Elektro, Wasserstoff, synthetischer Sprit: Womit werden unsere Autos in Zukunft fahren? Bei E-Fuels gibt es hohe Wirkungsverluste, hat der ADAC ermittelt. Von der im Prozess eingesetzten Energie bleiben in der "Well-to-Wheel"-Betrachtung am Ende nur zehn bis 15 Prozent übrig. Im Elektroauto dagegen kommen 70 bis 80 Prozent der Ausgangs-Energie am Rad an. Das EU-Parlament hat nun erstmals Mindestquoten für die Verwendung von Wasserstoff und klimaneutralen synthetischen Kraftstoffen festgelegt. Bis 2030 soll der Anteil sogenannter erneuerbarer Kraftstoffe nicht biologischen Ursprungs im Verkehrssektor mindestens 5,7 Prozent ausmachen; in der Industrie soll ihr Anteil bis 2030 satte 50 Prozent und bis 2035 sogar 70 Prozent des in der Industrie verwendeten Wasserstoffs betragen.

Auch E-Lkw tragen zunehmend dazu bei, die Dekarbonisierung voranzutreiben. Grössere Kapazitäten der Batterie ermöglichen längere Strecken und schwerere Ladungen. Doch ohne gute und schnelle E-Ladestruktur kommen auch die Lkw mit alternativen Antrieben nicht weit. Noch hinkt der Ausbau der Lademöglichkeiten hinterher. Transporteure benötigen leistungsstarke Schnellladestationen, damit Fahrer in ihren Pausen die Batterien auftanken können. Hier gibt es erste Anbieter, die sich der Aufgabe stellen und entsprechende Lösungen präsentieren. So hat eine Schweizer Firma ein ultraschnelles Ladekabel für Schwerlastfahrzeuge mit einer Leistung von bis zu 3000 Kilowatt entwickelt. Mit dem Megawatt Charging System (MSC) und einer entsprechenden Batterie könnte ein Lkw in nur zwölf Minuten 700 Kilometer nachladen. Selbst mit der 1000 Kilowatt-Version würde die Ladezeit mit der DC-Schnellladelösung nur noch 36 Minuten betragen.

Darüber hinaus können Massnahmen zur Effizienzsteigerung der Transportprozesse, wie etwa Routenoptimierung, Ladungsoptimierung oder der Einsatz von Telematik-Systemen, dazu beitragen, den CO₂-Ausstoß zu reduzieren. Die Dekarbonisierung der Logistikbranche bietet auch einen Wettbewerbsvorteil für Unternehmen: Durch die Implementierung von klimafreundlichen Massnahmen können Unternehmen ihre Reputation verbessern und sich als nachhaltige Akteure positionieren. Zusätzlich profitieren Unternehmen von Kosteneinsparungen durch effizientere Transportprozesse. Firmen, die sich für eine nachhaltige Logistik einsetzen, können von einem Wettbewerbsvorteil profitieren und somit eine Vorreiterrolle im Bereich der Dekarbonisierung einnehmen.

30. Jun 2025

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Wirtschaft

Krise als Chance: Wie KI und strategisches Supply Chain Management Europas Rolle stärken können – Ein Beitrag von Dr. Lars Kleeberg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)

Globale Lieferketten stehen unter massivem Druck. Handelskonflikte, Protektionismus und geopolitische Krisen haben die Weltwirtschaft grundlegend verändert – mit direkten Auswirkungen auf Produktion, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Seit Trumps Zoll-Eskalationen ist klar: Lieferketten sind keine stille Infrastruktur im Hintergrund mehr – sie sind kritische Erfolgsfaktoren für Unternehmen und Volkswirtschaften. Just-in-time ist out, just-in-case-Konzepte sind jetzt notwendig. Es ist höchste Zeit, dass Deutschland und Europa ihre Abhängigkeiten hinterfragen und ihre Versorgungssicherheit neu denken. Politik und Wirtschaft sind gleichermaßen gefordert, die Schlüsselrolle von Einkauf, Logistik und Supply Chain Management strategisch anzuerkennen und aktiv zu stärken. Gerade Deutschland als Exportnation ist in besonderem Maße auf stabile, resiliente Lieferketten angewiesen. Steigende regulatorische Anforderungen wie CSRD, CSDDD, EUDR oder REACH verschärfen den Druck auf die Unternehmen zusätzlich: Einkauf, Supply Chain Management und Logistik müssen heute ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele gleichzeitig erfüllen – ein Spagat, der die Komplexität erheblich erhöht und insbesondere den Mittelstand herausfordert. In diesem Spannungsfeld wächst die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz. Mithilfe von KI können Supply Chain-Manager Transparenz entlang globaler Lieferketten herstellen, Risiken frühzeitig erkennen, Compliance-Anforderungen effizienter erfüllen und Prozesse automatisieren. Doch trotz des enormen Potenzials sind KI- Anwendungen heute oft noch Pilotprojekte – gehemmt durch mangelnde Integration, rechtliche Unsicherheiten und zögerliche Entscheidungen in der Unternehmensführung. Es braucht deshalb eine klare Haltung in den Vorstandsetagen: Der strategische Einsatz von KI muss Chefsache werden. Nur, wer Technologie gezielt integriert und daraus neue Fähigkeiten entwickelt, sichert sich langfristige Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig müssen die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Brüssel an einem Strang ziehen. Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben. Die neue Bundesregierung muss zügig die wirtschaftliche Resilienz unserer Unternehmen durch ein neues Außenwirtschaftsgesetz stärken und die versprochene Expertenkommission zur Risikoanalyse globaler Abhängigkeiten einsetzen. Europa kann gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, wenn es gelingt, strategische Rohstoffe zu sichern, Handelsbeziehungen auf Augenhöhe auszubauen und ein level playing field – insbesondere im Verhältnis zu China – durchzusetzen. Ein strategischer Wandel ist unumgänglich. Insbesondere für Deutschland und Europa gilt: Versorgungssicherheit, Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Souveränität sind untrennbar mit robusten Lieferketten verbunden. Supply Chain Management, Einkauf und Logistik sind längst keine operativen Randfunktionen mehr – sie sind zentrale Erfolgsfaktoren in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas entscheidet sich nicht in der nächsten Krise – sie entscheidet sich jetzt. >Angesichts geopolitischer Spannungen, zunehmenden Protektionismus und wirtschaftlicher Entkopplung muss die EU mit einer Stimme zentrale Handelsabkommen und strategische Partnerschaften vorantreiben.

27. Jun 2025

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Wirtschaft

Warum deutsche Gründlichkeit KI nicht killt, sondern krönt – mit Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH

![Markus Willems-2025 Online.jpg](https://cwbucket.fra1.digitaloceanspaces.com/Markus_Willems_2025_Online_14a23ae24b.jpg) ``` Markus Willems, Geschäftsführer der wibocon GmbH ``` Die Integration von Künstlicher Intelligenz in die deutsche Wirtschaft erfordert einen strategischen Balanceakt. Unternehmen müssen robuste Dateninfrastrukturen schaffen, in Fachkräfte investieren und eine Innovationskultur etablieren, die KI als Werkzeug versteht, nicht als Bedrohung. Die Absicherung von KI-Modellen gegen Angriffe wie Model oder Data Poisoning verlangt einen ganzheitlichen Ansatz: kontinuierliches Monitoring, regelmäßige Audits und die Implementierung des „Security-by-Design”-Prinzips. Besonders wichtig ist die Nachvollziehbarkeit von KI-Systemen durch transparente Dokumentation der Trainingsverfahren und Datenquellen. „Trustworthy AI” bedeutet im Cybersicherheitskontext konkret: Robustheit gegen Manipulationen, Transparenz in Entscheidungsprozessen und nachvollziehbare Compliance-Mechanismen. Deutschland kann hier durch die Verbindung seiner traditionellen Stärken in Qualitätssicherung mit innovativen KI-Ansätzen Standards setzen – nicht durch übermäßige Regulierung, sondern durch praxisnahe Zertifizierungsverfahren und Best Practice-Richtlinien. Die Cybersicherheitsanforderungen werden zur Chance, wenn sie sich als Qualitätsmerkmal „Made in Germany” etablieren lassen. Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden. Dabei lässt sich die technologische Abhängigkeit von Cloud-Anbietern durch hybride Ansätze reduzieren: Kritische Prozesse können in europäischen Cloud-Infrastrukturen verbleiben, während standardisierte Schnittstellen die Interoperabilität sicherstellen. Entscheidend ist stets die Entwicklung souveräner Kompetenzen für Datenverarbeitung und -analyse, ohne sich vom globalen Innovationsökosystem abzukoppeln. Letztlich wird erfolgreiche KI-Integration in Deutschland davon abhängen, ob es gelingt, Sicherheit nicht als Gegenpol zu Innovation zu begreifen, sondern als deren Fundament. >Deutsche Unternehmen können durch vertrauenswürdige KI-Lösungen internationale Wettbewerbsvorteile erzielen – vorausgesetzt, Sicherheitsanforderungen werden nicht als Innovationshemmer, sondern als Qualitätstreiber verstanden.